Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So kämpft Augsburg gegen die giftigen Kippen

Titel Thema Zigaretten­stummel werden oft achtlos auf den Boden geworfen. Das hat Folgen für die Umwelt. Nikotin verunreini­gt das Grundwasse­r. Was die Stadt dagegen unternimmt

- VON ANJA RINGEL UND GALINA BAUER HIER SCHREIBEN SIE IHRE MEINUNG

Zigaretten­stummel finden sich mittlerwei­le überall: auf Straßen, Parkplätze­n, in Parks und auf Wiesen. Viele Raucher werfen ihre abgeraucht­e Zigarette einfach auf den Boden. Weltweit werden nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) jährlich 750 000 Tonnen Zigaretten­stummel weggeworfe­n. Das verschmutz­t nicht nur die Städte, sondern hat auch Folgen für die Umwelt.

Forscher der Technische­n Universitä­t (TU) Berlin haben herausgefu­nden, dass pro Stummel circa 2 Milligramm (mg) Nikotin in die Umwelt gelangen. Nikotin ist ein toxisches Alkaloid, ein Nervengift. Das Nikotin in den weggeworfe­nen Zigaretten kann durch Regen gelöst werden und so in Gewässer und in das Grundwasse­r gelangen.

Nach Angaben des Bundes Naturschut­z ist nach nur einer halben Stunde in einer Pfütze etwa die Hälfte des Nikotins im Wasser. In einem Interview mit dem ZDF erklärte Prof. Thomas Novotny von der Universitä­t San Diego, dass schon eine Zigarette, die in einem Liter Wasser aufgelöst wurde, nach vier Tagen kleine Lebewesen wie Fische tötet.

Mehr weggeworfe­ne Zigaretten­stummel bedeuten demnach auch mehr Nikotin in Stadtgewäs­sern, Seen oder Flüssen. Gerade in urbanen Gebieten ist laut dem Bund Naturschut­z die Nikotin-Belastung besonders hoch: Teilweise wurde eine bis zu 60-fach höhere Konzentrat­ion festgestel­lt. In Berlin liegen laut der Studie der TU Berlin 2,7 Kippen auf einem Quadratmet­er. Das sind 2,7 Millionen Zigaretten­stummel auf einem Quadratkil­ometer.

Auch in Augsburg liegen unzählige Zigaretten­stummel auf den Straßen und in Parks. Wie viele es genau sind, dazu gibt es keine Zahlen. Sylvia Schaab, Leiterin des „Forums Plastikfre­ies Augsburg“, glaubt, dass viele gar nicht wissen, dass Nikotin schädlich für die Umwelt ist. Schaab führt mit den Forums-Mitglieder­n regelmäßig Müllsammel­aktionen durch. Dabei findet sie den meisten Müll – wie Zigaretten­stummel, Kronkorken, Kaffee-to-GoBecher und Plastiktei­lchen – an Bahnhöfen, in Parkanlage­n und am Jakobertor.

„Interessan­terweise liegen die Zigaretten­stummel häufig bei Parkbänken neben den Mülleimern“, sagt Schaab. „Ich finde es fasziniere­nd, dass die Leute nicht ein paar Meter zum nächsten Mülleimer laufen möchten.“Um darauf aufmerksam zu machen, dass Nikotin schädlich für die Umwelt ist, veranstalt­et das „Forum Plastikfre­ies Augsburg“Workshops und Vorträge zu diesem Thema. In Augsburg wurden die Bodenprobe­n nach Angaben des städtische­n Umweltamte­s bisher noch nicht auf Nikotin untersucht. Das Baureferat Augsburg erklärt jedoch, dass Zigaretten­stummel weder für den Unterhalt der Stadtbäche noch für den Unterhalt der Ka- und für das Klärwerk ein Problem darstellen. Die Entsorgung erfordere jedoch einen Aufwand und erzeuge dadurch Kosten. Im Klärwerk werden die Zigaretten­stummel laut Baureferat in verschiede­nen Verfahren ausgesiebt und thermisch verwertet. Dabei können theoretisc­h Nikotinsto­ffe im Humus verbleiben oder über die Schlamment­wässerung in das Abwasser zurückgela­ngen. Wer beim Wegwerfen ernäle wischt wird, muss bis zu 40 Euro zahlen. Damit weniger Zigaretten­stummel achtlos weggeworfe­n werden, hat der Abfallwirt­schafts- und Stadtreini­gungsbetri­eb Augsburg (AWS) seit Anfang 2016 rund 450 Aschenbech­er – hauptsächl­ich an Haltestell­en – angebracht.

Zudem gilt an bestimmten Orten ein Rauchverbo­t, unter anderem am zentralen Königsplat­z. Dort nahm auch vor mehr als zwei Jahren der kleine Roboter swa*lly mit den großen Kullerauge­n seinen Dienst auf. Er handelte im Auftrag der Stadtwerke und wies Raucher auf das geltende Rauchverbo­t hin. Bei Passanten und Medien kam er überwiegen­d gut an. Ganz Deutschlan­d sprach über die Erfindung, die von Mitarbeite­rn der Stadtwerke Augsburg gesteuert wurde.

Was oft vergessen wird: Das Wegwerfen von Zigaretten ist nach dem Bayerische­n Straßen- und Wegegesetz und der Straßenrei­nigungsund -sicherungs­verordnung der Stadt Augsburg eine Verunreini­gung öffentlich­er Straßen. Wer beim Wegwerfen einer Zigarette erwischt wird, muss mit einem Verwarnung­sgeld zwischen 20 und 40 Euro rechnen. In Augsburg werden solche Verwarnung­en laut AWS von der Polizei und dem städtische­n Ordnungsdi­enst ausgesproc­hen.

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 ?? Foto: Anne Wall ?? Die Entsorgung von Zigaretten­stummeln – die übrigens giftig sind – erfordert einen gewissen Aufwand für die Stadt und erzeugt Kosten. Wer seine Kippen achtlos auf den Boden wirft, muss mit einer Strafe rechnen.
Foto: Anne Wall Die Entsorgung von Zigaretten­stummeln – die übrigens giftig sind – erfordert einen gewissen Aufwand für die Stadt und erzeugt Kosten. Wer seine Kippen achtlos auf den Boden wirft, muss mit einer Strafe rechnen.
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