Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr Respekt, bitte!
Man könnte sagen: Der Zweck heiligt die Mittel – das Ziel muss nur gut genug sein, dann kann ich auch einfach in eine Sitzung des Stadtrates hineinplatzen. Nein. Das Schicksal der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ist schrecklich und trotzdem rechtfertigt das nicht die Sarg-Aktion im Sitzungssaal des Augsburger Rathauses. Das mag kühl klingen, doch es geht um einen anderen Punkt.
Schon die Aktion während des Friedensfestes war mindestens grenzwertig. Man mag sagen: Richtig, dass an solch einem Tag auch auf akute Probleme hingewiesen wird. Doch hier wie im Rathaus gilt: Was ist, wenn morgen eine andere Gruppe mit ganz anderen Zielen auftritt? Für die Aktion im Rathaus muss der Maßstab dabei noch strenger sein.
Wer die Demokratie und die (Meinungs-)Freiheit liebt, der muss ihren Organen Respekt entgegenbringen. Das gilt für Politiker ebenso wie für den Bundestag und den Stadtrat. Die Demokratie bietet viele Möglichkeiten, seine Meinung auszudrücken. Jeder kann praktisch für und gegen alles demonstrieren. Aber eben nicht unangekündigt mitten in einer Sitzung des Stadtparlamentes. Zu hart? Stellen wir uns vor – siehe oben – das macht Schule. In Zukunft platzt jeder in die Sitzungen. Soll sich dann der Stadtrat ein paar Sicherheitsleute vor die Tür stellen? Bitte nicht. Das Rathaus muss ein offener Ort sein. Und mit ein bisschen Respekt von allen Seiten ist das wunderbar machbar.