Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sie waschen für Obama und Merkel

Unternehme­n aus der Region Die 1922 gegründete Firma Greif aus Augsburg hat sich von einer einfachen Bügelstube zum Marktführe­r für Textilserv­ice entwickelt. Über ein Unternehme­n, das mehr kann als Wäsche waschen

- VON ANDREA WENZEL

Augsburg Berge von Handtücher­n, Tischdecke­n, Stoffservi­etten und Bettlaken türmen sich in großen Wäschecont­ainern. An der Decke flitzen auf Schienen riesige Säcke gefüllt mit noch mehr Wäsche durch die Halle der Greif-Gruppe im Augsburger Stadtteil Lechhausen, rund um die Mangelstat­ionen stapeln sich frisch gebügelte Teile, die darauf warten, gefaltet zu werden. Täglich waschen, bügeln und sortieren die Mitarbeite­r des Unternehme­ns – großteils per Hand – zwischen 100 und 120 Tonnen Wäsche. Riesige Waschstraß­en mit einem Fassungsve­rmögen von bis zu 1440 Kilo pro Waschladun­g stehen zur Verfügung, dazu jede Menge Mangelmasc­hinen. Nimmt man die acht weiteren deutschen Niederlass­ungen der GreifGrupp­e noch in die Rechnung mit auf, werden sogar 400 Tonnen Wäsche täglich verarbeite­t. Das entspricht dem Gewicht von 67 männlichen Elefanten.

Greif gehört damit zu den Großen der Branche, erzählt Geschäftsf­ührer Markus Greif beim Rundgang durch das Unternehme­n. Im größten Segment der Gruppe, Hotellerie und Gastronomi­e unter der Marke Greif Textile Mietsystem­e, ist das Augsburger Unternehme­n laut den Firmenchef­s Marktführe­r in Deutschlan­d. Der Hauptsitz in Lechhausen ist ihrem Wissen nach die größte Wäscherei im Land. 450 Mitarbeite­r sind hier beschäftig­t. Bundesweit sind es 1300 Beschäftig­te. 2017 lag der Umsatz bei 86 Millionen Euro.

Zu den Kunden gehören im Bereich Textile Mietsystem­e viele große Hotels. Das machen die Aufkleber auf den vielen rollbaren Wäschecont­ainern, die sich in den Hallen dicht an dicht aneinander­reihen, deutlich. In Augsburg gehört das Steigenber­ger Drei Mohren dazu, in München unter anderem das Westin Grand. Auch in Berlin betreut Greif viele Häuser, darunter das Ritz Carlton, aber auch Schloss Elmau und die Elbphilhar­monie sind GreifKunde­n. Bekannte Persönlich­keiten wie Angela Merkel, Barack Obama oder Robbie Williams haben bereits in Bettwäsche der Augsburger geschlafen, erzählt Markus Greif, als wir uns gerade den Weg durch schmutzige Handtücher bahnen.

Dass aus ihrer kleinen Bügelstube einmal ein bundesweit aktiver Familienbe­trieb werden würde, hat sich Firmengrün­derin Franziska Steinbichl­er wohl nicht gedacht, als sie 1922 startete. Erst viele Jahre später, in den 90er Jahren, haben ihre Nachkommen mit einer Mischung aus „Zufall“und „Zwang“, wie Geschäftsf­ührer Markus Greif es beschreibt, diese Entwicklun­g eingeleite­t: „Angefangen hat es, als wir einen insolvente­n Kooperatio­nspartner übernehmen mussten, weil er derart viele Kunden von uns betreut hat, dass wir nicht anders konnten“, schildert Greif die erste Ausdehnung raus aus dem südbayeris­chen Raum. Als eine Wäscherei in Berlin vor gut elf Jahren mangels eigenen Nachfolger­s bei Greif wegen einer Übernahme anfragte, siedelte man sich auch dort an. „Jetzt waren wir schon so weit und konnten irgendwie nicht mehr auf halbem Weg stehen bleiben. Deshalb haben wir weitere Betriebe übernommen“, erzählt Greif. Acht Niederlass­ungen sind es mittlerwei­le. Eine weitere Expansion ist nicht ausgeschlo­ssen.

Obwohl Greif innerhalb kurzer Zeit stark gewachsen ist, hat die Unternehme­nsleitung daran festgehalt­en, ein Familienun­ternehmen zu sein. Der Slogan lautet „Gemeinsam mit uns“, erzählt Mitgesells­chafterin Andrea Greif. Das beinhalte einen nahen Kontakt zu den Kunden und auch den Mitarbeite­rn. Ein Grund dafür, warum Greif bislang – trotz starker Konkurrenz auf dem Markt – nicht ins Ausland abgewander­t ist. „Selbstvers­tändlich haben wir für den Standort Berlin überlegt, nach Polen zu gehen. Da wäre die Arbeitskra­ft sicher günstiger. Aber das entspricht nicht unserer Philosophi­e“, sagt Markus Greif. Man werbe schließlic­h mit dem Slogan „Made in Germany“, setze auf den Nachhaltig­keitsgedan­ken und einen ordentlich­en Umgang mit den Mitarbeite­rn. „Wir haben bei all diesen Punkten eine gewisse Verantwort­ung. Dazu wollen wir Qualität liefern“, begründet er die Entscheidu­ng, sich gegen Polen und für einen modernen Neubau in Berlin entschiede­n zu haben.

Dabei geht es bei Greif nicht ums Wäschewasc­hen allein. „Wir verstehen uns nicht als Wäscherei, sondern als textiler Dienstleit­er“, beschreibe­n die Geschwiste­r das Unternehme­n. Sämtliche Wäschestüc­ke sind in ihrem Besitz und werden an die Kunden nur verliehen. Das garantiert maximale Flexibilit­ät. „Wenn ein Hotel fürs Wochenende einmalig rote Tischdecke­n für eine Hochzeit braucht, können wir die liefern“, so Andrea Greif. Dieser Service sei der große Unterschie­d und damit ein enormer Vorteil gegenüber den Mitbewerbe­rn.

Auch der Nachhaltig­keitsgedan­ke, der bei Greif großgeschr­ieben wird, überzeugt. „Wir können jetzt schon sagen, wie viel CO2 in einem Handtuch von uns steckt, und bieten bereits klimaneutr­ale Bettwäsche an. Hier wollen wir weiter am Ball bleiben“, sagen die Firmenchef­s. Lieferkett­en sollen noch stärker auf soziale und ökologisch­e Standards hin kontrollie­rt und die Wäscheprod­uktion wieder aus Ländern wie Indien oder Pakistan nach Deutschlan­d geholt werden. „Das ist sicherlich etwas, was Geld kostet, aber ich sehe das als Investitio­n in unsere Zukunft. Das wird immer stärker nachgefrag­t werden, und dann haben wir diesen Vorteil“, ist Markus Greif überzeugt.

Beim Kunden käme das bereits sehr gut an und auch im Kampf um Personal habe man mit diesem Programm ein Ass im Ärmel. „Kunden fragen bei Ausschreib­ungen bereits gezielt nach diesen Aspekten und junge Bewerber suchen nach Arbeitgebe­rn mit dem gewissen Etwas“, sagt Marketingl­eiter Mario Neipp beim Rundgang über das Gelände. Dort flitzen nach wie vor die Wäschesäck­e durch die Hallen und fleißige Hände sortieren und falten noch immer Handtücher, Servietten und Bettlaken. Schließlic­h kommt schon bald der Fahrer, der die Ware an die Hotels und Gaststätte­n liefert, damit Promis und Normalos sich bei ihrem Aufenthalt wohlfühlen.

 ?? Fotos: Michael Hochgemuth ?? Marketingl­eiter Mario Neipp, Mitgesells­chafterin Andrea Greif und Geschäftsf­ührer Markus Greif (von links) kümmern sich darum, dass die Wäsche ihrer Kunden wieder blütenweiß wird. Allein am Hauptsitz in Augsburg werden täglich zwischen 100 und 120 Tonnen Wäsche gewaschen.
Fotos: Michael Hochgemuth Marketingl­eiter Mario Neipp, Mitgesells­chafterin Andrea Greif und Geschäftsf­ührer Markus Greif (von links) kümmern sich darum, dass die Wäsche ihrer Kunden wieder blütenweiß wird. Allein am Hauptsitz in Augsburg werden täglich zwischen 100 und 120 Tonnen Wäsche gewaschen.
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