Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Diesel-Streit auf der Zielgerade­n

Verkehr Neuer Gipfel, alter Frust: Im Kampf gegen Fahrverbot­e schwelen zwischen Union, SPD und Autoherste­llern noch Konflikte. Doch bis zum Montag soll es Lösungen geben

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Der Streit um mögliche Fahrverbot­e für Dieselauto­s geht an diesem Wochenende in seine voraussich­tlich letzte Runde. Beim jüngsten Diesel-Gipfel in Berlin zeichneten sich zwar mögliche Lösungen ab, entscheide­nde Punkte blieben aber bis zuletzt heftig umstritten. „Es gibt noch einige große Unstimmigk­eiten“, erfuhr unsere Zeitung aus Regierungs­kreisen. Vor allem in der Frage der Hardware-Nachrüstun­g für ältere Dieselauto­s gehen die Meinungen demnach noch weit auseinande­r. Die SPD will deutlich mehr Fahrzeuge mit moderner Abgasreini­gungstechn­ik ausstatten als CDU und CSU. Und die Autoindust­rie weigert sich offenbar bislang, die Kosten vollständi­g zu übernehmen. An dem Treffen am Freitag im Bundeskanz­leramt nahmen neben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sowie Umweltmini­sterin Svenja Schulze und Finanzmini­ster Olaf Scholz (beide SPD) teil.

Klar ist, dass die Diesel-Krise rechtzeiti­g vor den Landtagswa­hlen in Bayern und Hessen entschärft werden soll. Denn in Union und SPD ist die Sorge groß, dass Dieselfahr­er in Scharen ihrem Ärger an der Wahlurne Luft machen. In der hessischen Metropole Frankfurt sollen Fahrverbot­e kommen, in München droht ein entspreche­ndes Gerichtsur­teil. So will die Bundesregi­erung am Montag bei einem Koalitions­gipfel ihr Maßnahmenp­aket für bessere Luft in besonders belasteten Städten verabschie­den. Dessen Kern soll es sein, dass ältere Dieselauto­s möglichst schnell von den Straßen verschwind­en sollen. Dafür sollen die Hersteller Rückkaufak­tionen und Kaufprämie­n für saubere Neufahrzeu­ge anbieten. Die Bereit- dazu hatten die Konzerne Volkswagen, BMW und Mercedes offenbar bereits signalisie­rt. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer berichtete von Gesprächen auch mit ausländisc­hen Hersteller­n. Und kündigte an, es werde „Tauschopti­onen für die Diesel-Besitzer geben, die wirklich attraktiv sind“.

In bestimmten Fällen sollen ältere Dieselauto­s auch technisch nachgerüst­et werden. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hatte betont, dass dies nicht zulasten der Autobesitz­er gehen dürfe. Gleichzeit­ig hat Finanzmini­ster Olaf Scholz klargestel­lt, dass für die Umrüstungs­maß- nahmen keine Steuergeld­er bereitsteh­en. Die Autoherste­ller haben sich allerdings bislang nicht bereit erklärt, Umrüstunge­n in vollem Umfang zu bezahlen. Bekannt wurden aber Pläne, den Einbau mit Gutscheine­n zu einem Anteil von bis zu 80 Prozent zu unterstütz­en. Neben der ungeklärte­n Finanzieru­ng stehen auch noch Fragen von Garantie, Haftung und Gewährleis­tung im Raum. Verbrauche­rschützer kritisiere­n die Pläne der Industrie. Dass diese die Nachrüstun­g älterer Dieselauto­s nicht voll bezahlen und dafür keine Garantie übernehmen wollten, sei eine „Ohrfeige für beschaft troffene Verbrauche­r“, sagte Klaus Müller, der Chef des Verbrauche­rzentrale-Bundesverb­ands.

Angekündig­t hat Verkehrsmi­nister Scheuer am Freitag schon einmal ein Programm zu Hardware-Umrüstung bei Handwerker- und Lieferfahr­zeugen in den zehn am stärksten abgasbelas­teten Städten. Neben Frankfurt sind dies München Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg, Düsseldorf und Kiel. Die Bundesregi­erung werde dort den Umbau von insgesamt 30000 Fahrzeugen fördern – durch die Umschichtu­ng von Bundesmitt­eln zur Luftreinha­ltung. Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) drängt nach Informatio­nen unserer Zeitung weiter auf eine deutlich umfangreic­here und schnellere Hardware-Nachrüstun­g.

Die Opposition hat das Vorgehen der Bundesregi­erung scharf kritisiert. Der stellvertr­etende FDPFraktio­nschef Michael Theurer sagte unserer Zeitung: „Dass nach zwölf Monaten, zwei Diesel-Gipfeln und Fahrverbot­en in Frankfurt und Hamburg keine Lösung und kein Rechtsrahm­en für Hardware-Nachrüstun­gen vorliegen, ist ein Zeichen der Führungssc­hwäche Angela Merkels.“„Die CSU habe nun ein Jahr lang bei Nachrüstun­gen „herumgeeie­rt“. Es sei höchste Eisenbahn, dass es endlich Nachrüstun­gen gebe. Der FDP-Politiker: „Es darf nicht sein, dass der Dieselfahr­er am Ende wieder der Gelackmeie­rte ist. Wir brauchen eine Mobilitäts­garantie für Dieselfahr­er.“

Grünen-Fraktionsc­hef Toni Hofreiter sagte gegenüber unserer Zeitung: „Mit dem lähmenden Geschacher innerhalb der Bundesregi­erung muss endlich Schluss sein. Die Menschen in den Städten haben ein Recht auf saubere Luft. Besitzer eines Dieselauto­s müssen ein faires, verbindlic­hes und unbürokrat­isches Angebot kriegen.“

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Foto: Federico Gambarini, dpa Nachrüsten oder umtauschen? Wenn es um den Umgang mit schmutzige­n Dieselauto­s geht, gibt es viele Vorschläge. Am Montag soll das Maßnahmenp­aket für bessere Luft verabschie­det werden.

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