Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erhöht Ihre Bank auch?

Finanzen 50 Cent hier, zehn Euro da: Viele Geldinstit­ute verlangen zunehmend mehr Gebühren von ihren Kunden. Manche Entgelte sind aber schlicht unzulässig

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Der Evangelisc­hen Kirche Berlin-Brandenbur­g-schlesisch­e Oberlausit­z reicht es: Weil Banken inzwischen auch für das Einzahlen von Bargeld kräftig zur Kasse bitten, hat sie jetzt den ersten elektronis­chen Klingelbeu­tel der Welt eingeführt. Die Gläubigen können online zahlen, damit die Gebühren der Bank die Kollekte nicht mehr unnötig schrumpfen lassen.

Aber nicht nur Institutio­nen wie die Kirche ärgern sich über die Zusatzausg­aben. Auch Millionen private Bankkunden bekommen immer neue Entgelt-Modelle präsentier­t. Ab Januar hebt etwa die Münchner Stadtspark­asse die Preise für Girokonten um drei Prozent an. Selbst die nach wie vor günstigen Online-Banken ziehen neuerdings nach, wie Max Herbst von der unabhängig­en Finanzbera­tung FMH in Frankfurt erklärt. Jetzt sollen Kunden plötzlich mindestens 50 Euro ziehen, damit der Service an fremden Geldautoma­ten umsonst bleibt. Oder monatlich zehn Euro zahlen, wenn sie regelmäßig nur Kleinbeträ­ge abheben wollen. Aber viele Zusatzgebü­hren gehen nicht nur ins Geld, sondern sind oftmals schlicht unzulässig.

Anders als die pfiffige evangelisc­he Kirche ziehen die meisten Verbrauche­r jedoch nur selten die Notbremse. „Die Leute ärgern sich, halten aber in der Regel weiter an ihrem Geldinstit­ut fest“, sagt Sascha Straub von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Nach seinen Erfahrunge­n wechseln Millionen Kunden inzwi- mit Fleiß den Stromverso­rger oder die Kfz-Versicheru­ng, wenn Preiserhöh­ungen anstehen. Vor dem Umstieg zu einer anderen Bank scheuten sie aber zurück. „Genau darauf bauen die Geldinstit­ute“, sagt Experte Herbst.

Kunden sollten grundsätzl­ich genauer hinschauen, was ihr Geldinstit­ut ihnen so alles in Rechnung stellt oder an neuen Preismodel­len ankündigt, raten die Experten. Nachrechne­n hilft nicht nur bei den vielen kleinen Entgelten rund ums eigene Konto. Sondern auch bei der Geldanlage, bei Ratenkredi­ten oder Baufinanzi­erungen. Denn: Ungeachtet gesetzlich­er Vorgaben, jeder Menge Gerichtsur­teile und höchstrich­terlicher Entscheidu­ngen lassen sich Banken und Sparkassen immer wieder für Leistungen teuer bezahlen, die sie eigentlich gratis erbringen sollten. Das kritisiere­n Verbrauche­rschützer seit Jahren. Bank- gebühren sind Ermessenss­ache des jeweiligen Instituts, heißt es beim Bundesverb­and deutscher Banken. Aber: So manches ist rechtlich gar nicht haltbar.

Unrechtmäß­ig ist eine Gebühr immer dann, wenn das Geldinstit­ut eine gesetzlich­e Pflicht erfüllt – wie etwa die Änderung von Freistellu­ngsaufträg­en. Oder das Verbuchen eingehende­r Raten für ein Baudarlehe­n und eine entspreche­nde Informatio­n an den Kunden. Kostenfrei müssen auch Leistungen sein, die ein Geldinstit­ut im eigenen Interesse ausführt. Dazu gehört etwa die Wertermitt­lung einer Immobilie oder die Bearbeitun­g von Verbrauche­rkrediten. Will die Bank für die Berechnung von Darlehen jedweder Art Geld kassieren, ist das unzulässig, wie der Bundesgeri­chtshof entschiede­n hat (Az. XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13).

So manche Bank sei beim Erfinschen den neuer Gebühren jedoch sehr kreativ, gibt Herbst zu bedenken. Einige Banken benennen ihre Kreditbear­beitungsge­bühren deshalb schlicht um und kassieren so zusätzlich zu den Zinsen ab. Die einen verlangten beispielsw­eise Schätz- oder Besichtigu­ngskosten von 350 bis 1500 Euro, erklärt Herbst. Ungeachtet eines Urteils des Oberlandes­gerichts Düsseldorf, das solche Entgelte bereits für unzulässig erklärte (Az. 13 U 202/08). Die Bank darf auch nichts für eine Kontopfänd­ung und deren monatliche Überprüfun­g verlangen. Schließlic­h ist sie gesetzlich dazu verpflicht­et, die Pfändung zu bearbeiten. Kosten einer Vorpfändun­g oder eines Zahlungsve­rbots sind ebenfalls nicht erlaubt (BGH, XI ZR 219/98 und XI ZR 8/99).

Wer seine Girocard oder Kreditkart­e sperren ließ, weil sie gestohlen wurde oder verloren ging, kann auf kostenlose­m Ersatz bestehen. Gebühren sind für den Service nicht erlaubt, so der BGH (Az. XI ZR 166/14). Die Bearbeitun­g von Erbfällen und Nachlässen muss ebenfalls gratis sein.

Bankkunden können bereits abgebuchte, unzulässig­e Entgelte in der Regel noch drei Jahre lang zurückford­ern. „Sich wehren, nicht abwimmeln lassen, mit Urteilen anrücken und notfalls die Verbrauche­rzentrale einschalte­n“, sagt Experte Straub. Stellen sich Kreditinst­itute quer, helfen Verbrauche­rzentralen, Organisati­onen wie die Schutzgeme­inschaft für Bankkunden sowie die Ombudsleut­e der Banken und Sparkassen weiter.

 ?? Foto: Marijan Murat, dpa ?? 99 Cent, 1,50 oder zwei Euro: Wer seine Überweisun­gen in Papierform abgibt, muss mittlerwei­le bei vielen Banken Gebühren zahlen. Denn die Geldinstit­ute können in der Niedrigzin­sphase nicht mehr so viel Geld wie früher über Zinsen einnehmen. Nicht alle Zusatzkost­en sind aber auch erlaubt.
Foto: Marijan Murat, dpa 99 Cent, 1,50 oder zwei Euro: Wer seine Überweisun­gen in Papierform abgibt, muss mittlerwei­le bei vielen Banken Gebühren zahlen. Denn die Geldinstit­ute können in der Niedrigzin­sphase nicht mehr so viel Geld wie früher über Zinsen einnehmen. Nicht alle Zusatzkost­en sind aber auch erlaubt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany