Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zwergenaufstand
Landtagswahl SPD, FDP, Freie Wähler, AfD und Linke liefern sich eine TV-Diskussion. In der zahmen Runde werden immerhin Unterschiede klar. Und man weiß, wer mit wem wandern will
München So unübersichtlich war die Lage lange nicht vor einer Wahl in Bayern. Bis zu sieben Parteien statt bisher vier könnten in den Landtag einziehen. Das macht auch TV-Duelle komplizierter. Nach der ersten Diskussion zwischen Ministerpräsident Markus Söder und GrünenSpitzenkandidat Ludwig Hartmann waren am Freitagabend die anderen dran: SPD, FDP, Freie Wähler, AfD und Die Linke.
Sie ist ein bisschen seltsam, diese Runde der „Kleinen“, die das
zum „Fünfkampf“hochstilisiert hat. Zum einen ist die SPD trotz miserabler Umfragewerte keine kleine Partei, auch in Bayern nicht. Zum anderen ist der, an dem sich alle abarbeiten, ja gar nicht da: Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Aber so ist das nun einmal in unübersichtlichen Zeiten.
Der „Fünfkampf“gerät ganz munter, ist aber in weiten Teilen ein Vortragen der eigenen Positionen. Und er wird zu einem Buhlen um die Gunst der CSU. Mindestens zwei der fünf Politiker wollen nach der Landtagswahl mitregieren in Bayern: Hubert Aiwanger und seine Freien werfen sich der CSU seit Monaten förmlich an die Brust. Martin Hagen und die Bayern-FDP würden nach fünf Jahren Pause zu gern wieder in den Landtag einziehen und vielleicht zum zweiten Mal eine Koalition mit der CSU bilden. Inhaltlich gibt es zwischen diesen beiden Parteien die geringsten Differenzen. Das Problem ist eher rechnerischer Natur: Bleiben CSU und FDP bei den derzeitigen Werten, reicht es einfach nicht für dieses Zweierbündnis.
Etwas Schwung in die insgesamt eher zahme TV-Runde kommt gleich beim ersten Thema „bezahlbarer Wohnraum. FDP-Kandidat Hagen fordert, mehr zu bauen, höher, günstiger und mit mehr finanziellen Anreizen. Aiwanger fällt ihm ins Wort: „Immer mehr Nachverdichtung ist der falsche Weg.“
Er möchte Menschen vom Leben auf dem Land überzeugen, statt in die überfüllten Ballungsräume zu ziehen. Als der AfD-Landeschef Martin Sichert beim Thema Wohnraum andeutet, konsequente Abschiebungen könnten gegen steigende Mieten helfen, wird es zum ersten Mal lauter. SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen kontert, das sei menschenverachtend. Flüchtlinge seien für die AfD für alles der Sündenbock.
Die AfD ist auch in dieser Runde das Schmuddelkind. Alle anderen haben kategorisch ausgeschlossen, mit den Rechten irgendwie zusammenzuarbeiten. Die Partei hat keinen Spitzenkandidaten und hat daher ihren Landesvorsitzenden Martin Sichert geschickt. Der Bundestagsabgeordnete steht am 14. Oktober aber nicht zur Wahl.
Beim Thema Migration stimmen Hagen und Kohnen überein, dass in Bayern die Falschen abgeschoben werden. Auch bei der Lehrer-Ausbildung gibt es Einigkeit zwischen diesen beiden: Sie kritisieren, dass die CSU es nicht schafft, genügend Lehrer auszubilden, obwohl der Bedarf doch rechnerisch nicht so schwierig zu bestimmen sei.
Die meisten Kontroversen liefern sich die am weitesten voneinander entfernten Parteien, AfD und Linke. So wirft der Spitzenkandidat der Linken, Ates Gürpinar, dem AfDLandeschef Martin Sichert vor, bei der Wohnungsnot die Schwachen geWähler gen die „Allerschwächsten“der Gesellschaft auszuspielen. Und während Sichert eine Verschärfung des Waffenrechts ablehnt, fordert Gürpinar die Verschärfung vehement.
Etwas hitziger wird es erst kurz vor dem Schluss der Sendung bei der Debatte um die Kinderbetreuung, als Sichert unter anderem fordert, dass die Frage einer Kita-Nutzung nur abhängig vom Willen der Eltern sei. Natascha Kohnen und Martin Hagen und Ates Gürpinar werfen dem AfD-Mann daraufhin eine heuchlerische Haltung vor. Weitere Themen der Diskussion sind der Ausbau des Internets, innere Sicherheit, Dieselfahrverbote, Pflege sowie die Agrar- und Drogenpolitik.
Geschmunzelt werden darf bei den Antworten auf die letzte Frage, die sich ein wenig wie ein Koalitionsangebot anhört: FDP und AfD erklären, gerne mit CSU-Ministerpräsident Markus Söder wandern gehen zu wollen, Hubert Aiwanger mit dessen Stellvertreterin Ilse Aigner.
Einzig SPD und Die Linke wählen andere Wanderpartner: Natascha Kohnen würde Aiwanger gern auf seinem Bauernhof besuchen und Gürpinar gern mit Kohnen spazieren gehen.
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