Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zwergenauf­stand

Landtagswa­hl SPD, FDP, Freie Wähler, AfD und Linke liefern sich eine TV-Diskussion. In der zahmen Runde werden immerhin Unterschie­de klar. Und man weiß, wer mit wem wandern will

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

München So unübersich­tlich war die Lage lange nicht vor einer Wahl in Bayern. Bis zu sieben Parteien statt bisher vier könnten in den Landtag einziehen. Das macht auch TV-Duelle komplizier­ter. Nach der ersten Diskussion zwischen Ministerpr­äsident Markus Söder und GrünenSpit­zenkandida­t Ludwig Hartmann waren am Freitagabe­nd die anderen dran: SPD, FDP, Freie Wähler, AfD und Die Linke.

Sie ist ein bisschen seltsam, diese Runde der „Kleinen“, die das

zum „Fünfkampf“hochstilis­iert hat. Zum einen ist die SPD trotz miserabler Umfragewer­te keine kleine Partei, auch in Bayern nicht. Zum anderen ist der, an dem sich alle abarbeiten, ja gar nicht da: Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Aber so ist das nun einmal in unübersich­tlichen Zeiten.

Der „Fünfkampf“gerät ganz munter, ist aber in weiten Teilen ein Vortragen der eigenen Positionen. Und er wird zu einem Buhlen um die Gunst der CSU. Mindestens zwei der fünf Politiker wollen nach der Landtagswa­hl mitregiere­n in Bayern: Hubert Aiwanger und seine Freien werfen sich der CSU seit Monaten förmlich an die Brust. Martin Hagen und die Bayern-FDP würden nach fünf Jahren Pause zu gern wieder in den Landtag einziehen und vielleicht zum zweiten Mal eine Koalition mit der CSU bilden. Inhaltlich gibt es zwischen diesen beiden Parteien die geringsten Differenze­n. Das Problem ist eher rechnerisc­her Natur: Bleiben CSU und FDP bei den derzeitige­n Werten, reicht es einfach nicht für dieses Zweierbünd­nis.

Etwas Schwung in die insgesamt eher zahme TV-Runde kommt gleich beim ersten Thema „bezahlbare­r Wohnraum. FDP-Kandidat Hagen fordert, mehr zu bauen, höher, günstiger und mit mehr finanziell­en Anreizen. Aiwanger fällt ihm ins Wort: „Immer mehr Nachverdic­htung ist der falsche Weg.“

Er möchte Menschen vom Leben auf dem Land überzeugen, statt in die überfüllte­n Ballungsrä­ume zu ziehen. Als der AfD-Landeschef Martin Sichert beim Thema Wohnraum andeutet, konsequent­e Abschiebun­gen könnten gegen steigende Mieten helfen, wird es zum ersten Mal lauter. SPD-Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen kontert, das sei menschenve­rachtend. Flüchtling­e seien für die AfD für alles der Sündenbock.

Die AfD ist auch in dieser Runde das Schmuddelk­ind. Alle anderen haben kategorisc­h ausgeschlo­ssen, mit den Rechten irgendwie zusammenzu­arbeiten. Die Partei hat keinen Spitzenkan­didaten und hat daher ihren Landesvors­itzenden Martin Sichert geschickt. Der Bundestags­abgeordnet­e steht am 14. Oktober aber nicht zur Wahl.

Beim Thema Migration stimmen Hagen und Kohnen überein, dass in Bayern die Falschen abgeschobe­n werden. Auch bei der Lehrer-Ausbildung gibt es Einigkeit zwischen diesen beiden: Sie kritisiere­n, dass die CSU es nicht schafft, genügend Lehrer auszubilde­n, obwohl der Bedarf doch rechnerisc­h nicht so schwierig zu bestimmen sei.

Die meisten Kontrovers­en liefern sich die am weitesten voneinande­r entfernten Parteien, AfD und Linke. So wirft der Spitzenkan­didat der Linken, Ates Gürpinar, dem AfDLandesc­hef Martin Sichert vor, bei der Wohnungsno­t die Schwachen geWähler gen die „Allerschwä­chsten“der Gesellscha­ft auszuspiel­en. Und während Sichert eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts ablehnt, fordert Gürpinar die Verschärfu­ng vehement.

Etwas hitziger wird es erst kurz vor dem Schluss der Sendung bei der Debatte um die Kinderbetr­euung, als Sichert unter anderem fordert, dass die Frage einer Kita-Nutzung nur abhängig vom Willen der Eltern sei. Natascha Kohnen und Martin Hagen und Ates Gürpinar werfen dem AfD-Mann daraufhin eine heuchleris­che Haltung vor. Weitere Themen der Diskussion sind der Ausbau des Internets, innere Sicherheit, Dieselfahr­verbote, Pflege sowie die Agrar- und Drogenpoli­tik.

Geschmunze­lt werden darf bei den Antworten auf die letzte Frage, die sich ein wenig wie ein Koalitions­angebot anhört: FDP und AfD erklären, gerne mit CSU-Ministerpr­äsident Markus Söder wandern gehen zu wollen, Hubert Aiwanger mit dessen Stellvertr­eterin Ilse Aigner.

Einzig SPD und Die Linke wählen andere Wanderpart­ner: Natascha Kohnen würde Aiwanger gern auf seinem Bauernhof besuchen und Gürpinar gern mit Kohnen spazieren gehen.

wählt

 ?? Foto: Sammy Minkoff, Imago ?? In der zweiten Fernsehdis­kussion diese Woche gab es im Bayerische­n Fernsehen einen „Fünfkampf“zwischen (von links): Martin Hagen (FDP), Natascha Kohnen (SPD), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Martin Sichert (AfD) und Ates Gürpinar (Die Linke).
Foto: Sammy Minkoff, Imago In der zweiten Fernsehdis­kussion diese Woche gab es im Bayerische­n Fernsehen einen „Fünfkampf“zwischen (von links): Martin Hagen (FDP), Natascha Kohnen (SPD), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Martin Sichert (AfD) und Ates Gürpinar (Die Linke).

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