Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Angesicht der Niederlage: Weg mit der Verantwort­ung!

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EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918 Deutscher Heeresberi­cht, 29. September 1918 Es ist wie bei einem Kartenhaus. Fällt eine Karte um, reißt sie im Fallen andere mit, die wieder andere zum Absturz bringen. Am Ende stürzt das ganze Haus in sich zusammen. Die deutsche Oberste Heeresleit­ung, Generalfel­dmarschall Paul von Hindenburg und Generalqua­rtiermeist­er Erich Ludendorff, ist längst das wirkliche Machtzentr­um im Reich. Kaiser und Regierung sind in allen Fragen der Kriegsführ­ung von den beiden abhängig. Doch nun wendet sich das Blatt. Als niemand mehr bestreiten kann, dass der Krieg verloren ist, suchen die starken Männer plötzlich die Verantwort­ung loszuwerde­n. Am 29. September 1918 überrumpel­n sie im Kronrat Kaiser und Regierung mit der Forderung eines sofortigen Waffenstil­lstandsund Friedensge­suchs auf Grundlage der 14 Punkte des amerikanis­chen Präsidente­n Woodrow Wilson. Wilhelm II. stimmt zu. Natürlich ist der Vorstoß erst einmal taktischer Natur: Der demonstrie­rte gute Wille und eine Waffenruhe an der Front könnten vielleicht helfen, das Blatt doch noch zu wenden. Wie? Das weiß keiner. Doch dazu kommt es ja ohnehin nicht mehr.

Am 3. und 4. Oktober erreicht die Alliierten das deutsche Angebot. Der amerikanis­che Präsident Wilson antwortet erst einmal mit einer Reihe von Forderunge­n, darunter: Ende des U-Boot-Kriegs und Umgestaltu­ng der Machtverte­ilung im Reich. Plötzlich hat man es eilig mit der Demokratis­ierung des Reichs, die Rede ist von der „Revolution von oben“. Ludendorff sagt am 1. Oktober zu seinen Stabsoffiz­ieren: „Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrock­t haben.“Gemeint sind die Parteien, die seit Jahren dafür streiten, und die nun in die Regierung sollen.

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Foto: Imperial War Museums Am 29. September überqueren die Alliierten bei Riqueval die Hindenburg-Linie.
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