Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mekka musste sich erst an ihn gewöhnen
HISTORISCHE STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST Die Hauptrolle spielte anfangs Jerusalem, wo die „Religionen des Buches“, also des Alten Testaments, ihre geistliche Heimat hatten. Mohammed wies seine noch nicht so zahlreichen Anhänger an, sich beim Gebet dorthin auszurichten. Dann aber, im Jahr 628, hatte er eine neue Offenbarung, die zu einem geistlichen Ortswechsel führte. Von nun an war Mekka der Ort, an den sich Moslems bei ihren Gebeten zu wenden hatten. Das ist bis heute so geblieben.
Die veränderte Gebetsausrichtung war nicht selbstverständlich.
Das Establishment von Mekka, das sich mehreren traditionellen Gottheiten verpflichtet fühlte, konnte mit den monotheistischen Rebellen nichts anfangen. Es gibt keinen Gott außer Gott? Das war nichts für die Hüter der alten Glaubenssitten. Mohammed musste sogar aus Mekka fliehen. In Medina fand er Asyl und diese Flucht nach Medina gilt den Moslems als der Beginn ihrer Zeitrechnung. Vor
Aber wie kam Mekka dann doch zu der Ehre, der Fokuspunkt moslemischer Gebete zu werden? Nun, Mohammed war nicht nur ein Prophet, sondern auch ein geschickter Politiker und Feldherr. Die Kaaba, das Monument im Herzen Mekkas, seit ewigen Zeiten ein Ort religiöser Verehrung, war dem Propheten als Zentrum seines neuen Glaubens offenbart worden. So verband sich in Mekka das Alte mit dem Neuen, der Ort der Vertreibung wurde zum Ort der Versöhnung.
Dass Mohammed dies gelang, hatte viel mit dem geradezu rasenden Erfolg seiner Prophezeiung zu tun. Der neue Glaube schmiedete die Araber zusammen, die bisher von den persischen und römischen Jahren Großreichen in Abhängigkeit gehalten wurden. Die beiden Großmächte aber waren alt und ausgepumpt – eine Einladung für Mohammeds Araber, die sie mit dem Feuer frischer politischer und religiöser Kraft militärisch nutzten. Ihr Reich war durchaus von dieser Welt und sie eroberten all die Wackelkandidaten, die das alte Rom und das alte Persien nicht mehr kontrollieren konnten. Die Moslems drangen tief nach Asien hinein und entlang der afrikanischen Nordküste bis nach Spanien und ins Frankenreich. Anfangs half den Moslems dabei, dass sie die Juden und Christen ihrer Heimat als gute Nachbarn, ja als Verbündete achteten, weil ihr Glaube wie ihr eigener auf dem Alten Testament, auf Abraham und Moses, wurzelt. Das hat sich dann aber geändert.