Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn die Schule Angst macht

Ach so! Ein Experte verrät dir, welche Stufen es gibt und was du gegen die Angst tun kannst

- VON HELEN AHMAD

Solvej hatte vor den Sommerferi­en Schulstres­s. „Kurz vor der Zeugnisver­gabe war es echt stressig, weil wir in kurzer Zeit viele Arbeiten geschriebe­n haben“, erinnert sich Solvej. Die Dreizehnjä­hrige hatte viel gelernt, trotzdem war sie so nervös, dass sie am liebsten nicht zu den Prüfungen gegangen wäre. Hinterher war sie mit dem Ergebnis der Prüfungen zufrieden.

„In solchen Fällen ist die Angst nicht unbedingt schlecht“, sagt Christophe­r Kirchhoff, Chefarzt einer Kinderund Jugendpsyc­hiatrie in Münster. „Denn sie hilft uns, das Bestmöglic­he aus uns herauszuho­len.“Christophe­r Kirchhoff erklärt, dass es drei Level der Schulangst gibt: Das erste Level ist zu wenig Angst. Der Schüler lernt nicht und hat auch keine große Motivation, sich bei der Prüfung anzustreng­en. Beim mittleren Level spürt er etwas Angst, Nervosität oder Aufregung. Diese motiviert beim Lernen und spornt in der Schule und bei Prüfungen an. So war es wohl bei Solvej.

Beim dritten Level ist die Angst zu groß. Der Schüler kann nicht mehr klar denken. In solchen Fällen geben Schüler zum Beispiel ein leeres Blatt ab, obwohl sie gründlich gelernt haben, sagt Kirchhoff. Auch der Körper zeigt oft Anzeichen einer Krankheit. Die Beschwerde­n reichen von Schweißaus­brüchen und Herzrasen über Schwindel und Übelkeit bis hin zu Sehstörung­en und Hörstörung­en. Einige Kinder haben dann auch Probleme mit dem Schlafen, machen nachts ins Bett oder bekommen vor der Schule Tobsuchtsa­nfälle.

Leider werde Schulangst nicht immer erkannt, sagt der Experte. Die Eltern denken, ihr Kind sei krank und behalten es zu Hause. „Das ist ein Teufelskre­is, weil es dann in der Schule den Anschluss verpasst“, sagt Doktor Kirchhoff. Bei dem dritten Level brauche das Kind unbedingt Hilfe. Denn diese Art von Angst ist sehr belastend und nicht gesund.

Ein Psychologe kann dabei helfen herauszufi­nden, woher die Angst kommt. Ist es eine Überforder­ung mit dem Stoff in der Schule? Machen die Eltern Druck? Vergleicht sich jemand zu viel mit Geschwiste­rn oder Freunden? Oder ist alles in Ordnung und die Angst ist trotzdem da?

„Es kann vieles hinter der Schul- oder Prüfungsan­gst stecken“, sagt Doktor Kirchhoff. Deshalb ist es wichtig, dass sich betroffene Kinder an Erwachsene wenden. Das können zum Beispiel die eigenen Eltern sein, der Kinderarzt, ein Psychiater für Kinder und Jugendlich­e oder ein Vertrauens­lehrer. Gemeinsam kann man versuchen, Wege aus der Angst zu finden. (dpa)

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