Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das brutale Ende eines „Ur-Baarers“
Frühgeschichte Ein Fund liefert spannende Erkenntnisse: Was das Grab eines jungen Mannes aus der Merowingerzeit erzählt
Aichach-Friedberg Heimatgeschichte aus dem Wittelsbacher Land steht in der Buchreihe „Altbayern in Schwaben“im Mittelpunkt. Im reich bebilderten 16. Band beschäftigt sich Fabian Gall mit dem Thema: „Oberbaar im Frühmittelalter: Ein archäologischer Beitrag aufgrund neuer Grabfunde“.
Mit seinem Aufsatz liefert Fabian Gall spannende neue Erkenntnisse zur Frühgeschichte des Wittelsbacher Landes. In der Merowingerzeit bleibt die Frequenz der Überlieferung immer noch spärlich, sodass viele Entwicklungen, insbesondere in kleineren geografischen Räumen, im Dunkeln liegen. In Oberbaar (Gemeinde Baar) war es durch ar- chäologische Grabungen bei der Erschließung eines neuen Baugebietes möglich, Forschungslücken zu schließen.
Gefunden wurde ein Grab, in dem ein „etwa 20-jähriges, männliches Individuum mit einer Körperhöhe zwischen 1,75 Meter und 1,84 Meter“beerdigt war. Bestimmte, auffällig ausgebildete Muskelmarken weisen darauf hin, dass der Mann Rechtshänder gewesen ist und den rechten Arm schon in seinen jungen Jahren sehr häufig in der Weise bewegte, wie es ein Speerwerfer oder Schwertkämpfer macht.
Sehr auffällig sind vier nicht verheilte Hiebverletzungen am Schädel. Die ersten beiden Hiebverletzungen überlagern sich und befinden sich auf dem Schädeldach. Der erste Hieb hat den Schädel gespalten, der zweite, etwas kürzere, dann einen Teil des Schädeldachs regelrecht herausgesprengt.
Der mutmaßliche Gegner dürfte vor dem jungen Mann gestanden und mit der rechten Hand die Schläge mit voller Kraft ausgeführt haben. Als Hiebwaffe kommt ein Sax in Frage; wahrscheinlicher ist ein Schwertkampf. Die ersten beiden Hiebe waren möglicherweise nicht sofort tödlich. Der Gegner schlug jedoch nochmals zu. Die beiden letzten, mit Sicherheit tödlichen Hiebe trafen den jungen Mann am linken Hinterkopf und führten schließlich dazu, dass das gesamte linke Schläfenbein und ein Abschnitt des Schädels abgetrennt wurden.
Dieses brutale Ende eines jungen „Ur-Baarers“dürfte insgesamt auf gewalttätige Auseinandersetzungen hindeuten, die nicht in der Ferne, sondern in der unmittelbaren Region stattfanden. Die historiografische Überlieferung berichtet einerseits vom damals allgegenwärtigen Phänomen der Fehde, auch Rache oder Blutrache, aber auch von Bruderkriegen und insbesondere im ausgehenden 7. und im 8. Jahrhundert von rivalisierenden Adelsgruppen, die um die Macht im Merowingerreich kämpften.