Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Autohändler raten: Alten Diesel noch behalten
Mit dem „Diesel-Paket“der Bundesregierung sind nur wenige zufrieden. Doch die Händler der Region warnen vor Kurzschlussreaktionen. Wer seinen Euro 5-Diesel jetzt verkauft, muss mit Einbußen rechnen
Landkreis Augsburg Wer sich ein Diesel-Auto kaufte, weil er viel fahren muss, hat gedacht, er lege sich ein sparsames, umweltfreundliches Auto zu. Stolze 37 Prozent der aktuell zugelassenen Pkw sind das im Landkreis Augsburg. Sie sind durch die Betrügereien von VW und Audi besonders geschädigt. Er kann seinen Selbstzünder mit Verlust verkaufen oder fahren, bis er auseinanderfällt. Spüren das auch die Autohändler in der Region? Was tun sie mit den alten Dieselfahrzeugen, die noch auf ihrem Hof stehen? Was raten sie ihren Kunden jetzt? Wir fragten bei einigen nach.
● Drexl+Ziegler Erst einmal die Ruhe bewahren, rät Florian Ziegler vom Autohaus Drexl+Ziegler in Neusäß. „Hektik ist wenig angebracht“, sagt er und ist optimistisch, dass Dieselfahrzeuge ihre Werthaltigkeit nicht weiter einbüßen. „Für Vielfahrer, die die Unterhaltskosten sowie das Preis-/Leistungsverhältnis im Auge haben, ist ein aktueller Diesel sicherlich weiterhin – auch ökologisch – eine gute Wahl.“Für Wenigfahrer oder Kurzpendler würden allerdings eher Elektro- und Hybridfahrzeuge zunehmend Sinn machen. Aktuell gebe es keinen großen Ansturm enttäuschter Dieselfahrer, die ihr Auto gegen einen Benziner umtauschen wollen. Lediglich „ab und zu“würde ein Kunde aus diesem Grund bei Drexl+Ziegler vorbeischauen. Fahrer mit hoher Laufleistung wie Gewerbekunden bevorzugen jedoch nach wie vor den Diesel. Für Auto mit der Schadstoffklasse Euro 3 und 4 bleibt allerdings nur ein Weg offen: der Weg ins Ausland. „Diese Autos sind überwiegend für den Export vorgesehen“, bestätigt Ziegler. ● Mazda Frey Recht entspannt sieht Joachim Frey vom gleichnamigen Mazda-Autohaus in Gersthofen die derzeitige Lage: „Da unser Hersteller schon vor Jahren reagiert hat und seither Euro 6-Norm anbietet, haben wir mit Neuwagen ohnehin kein Problem.“Daher findet er das derzeitige Einhacken auf die gesamte Autoindustrie etwas ungerecht. Auch dass der Diesel insgesamt in Verruf ist, sei falsch: „Diesel-Fahrzeuge sind mit ihrem Fahr- und Verbrauchseigenschaften einfach nicht wegzudenken.“
Diesel-Fahrer mit älteren Fahrzeugen müssten hingegen schon Federn lassen, räumt Geschäftsführer Frey ein. „Wer ein Fahrzeug mit Euro 5 verkaufen will, sollte beim derzeitigen Preissturz eher abwarten“, rät der Autohändler. Wenn seine Firma Gebrauchtwagen in Zahlung nimmt, werde jetzt schon genau hingeschaut, „und der Preis muss passen“. Die Preise für Euro 3,4 oder 5-Autos seien stark gefallen. Für ältere Fahrzeuge, die auf dem hiesigen Markt keinen Käufer mehr finden, kooperiert das Autohaus Frey mit Partnerfirmen, die die Autos in andere Länder verkaufen. ● Autohaus Katzenbogen Auch Andreas Niedermeier ist vom Ergebnis des Diesel-Gipfels enttäuscht. Der Verkäufer im BMW-Autohaus Katzenbogen in Neukirchen bei Thierhaupten sagt: „Das ist weder Fisch noch Fleisch.“Keiner wisse, was man davon halte. Diese Unsicherheit würde letztlich dazu führen, dass die Preise bei Dieselfahrzeugen mit Euronorm 5 oder darunter an Wert verlieren. Die Nachfrage nach dem Diesel sei aber nach wie vor da. Angesprochen auf Fahrverbote in den Städten erklärt er schmunzelnd: „Wer in den nächsten fünf oder sechs Jahren garantiert in die Stadt fahren will, muss das Fahrrad nehmen.“Man wisse einfach nicht, was für eine Problemlage es dann gebe. Gehe es irgendwann einmal um Kohlendioxid, würde ein Fahrverbot auch Benziner treffen.
Auch die Verbraucher selbst sind über den „Diesel-Kompromiss“erbost: „Die Autobauer müssen zur Verantwortung gezogen werden“, findet Michael Fischer aus Gersthofen. Wie soll sich jemand, der vor drei Jahren ein neues Auto gekauft hat, jetzt schon wieder ein neues leisten können, fragt er sich. Die 5000 Euro, die Autobauer als Rabatt beim Neuwagenkauf anbieten, seien nicht annähernd genug, findet er. Auch die Umrüstung sei in nächster Zeit keine Option, außerdem komme ja vielleicht irgendwann auch ein Fahrverbot für Augsburg. Er sei mit seinem Benziner von einem japanischen Hersteller vollkommen zufrieden und deshalb kaufe er auch kein deutsches Auto mehr. Michael Fischer sagt: „Ich schlage vor, den Nahverkehr auszubauen und die Leistungen der öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver zu machen.“
Hannelore Humbaur meint dagegen: „Das beschlossene Dieselpaket ist ein guter Anfang, jedoch ist die Höhe der finanziellen Unterstützung noch nicht genug.“Im Falle einer Umrüstung sollten ihrer Meinung nach mindestens die Hälfte der Kosten vom Autobauer übernommen werden. „Im Falle eines Neukaufs würde ich trotzdem wieder auf deutsche Autobauer zurückgreifen“.