Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die First Lady der Skandale
Israel wundert sich über Sara Netanjahu – wieder einmal. Diesmal geht es um Gourmet-Essen auf Kosten der Steuerzahler
Zu Donald Trump soll sie einmal einen bemerkenswerten Satz gesagt haben: „Die Medien hassen uns, aber das Volk liebt uns.“Ob es wirklich Liebe ist, die Sara Netanjahu in Israel erfährt, sei dahingestellt. Doch eines hat die Frau des Ministerpräsidenten allemal: Unterhaltungswert. Denn die frühere Stewardess und Kinderpsychologin weiß sich zu inszenieren.
Netanjahu, Tochter eines polnischstämmigen Autors und Lehrers, ist eigentlich eine Frau, die mitten im Leben steht. Trotz ihrer öffentlichen Rolle arbeitet sie beim psychologischen Dienst der Stadt Jerusalem. Bodenhaftung scheint ihr der Beruf kaum zu geben: Seit gestern steht die Frau mit der blonden Wallemähne wegen Betrugs vor Gericht. Ihr wird vorgeworfen, zwischen 2010 und 2013 mit einem Mitarbeiter in Edelrestaurants auf Staatskosten Essen im Wert von umgerechnet 83 000 Euro bestellt zu haben, obwohl die Familie gleichzeitig eine Köchin beschäftigte. „Zum ersten Mal in der Geschichte wird die Ehefrau eines Regierungschefs wegen Reisnudeln und Essen zum Mitnehmen von vor sechs bis sieben Jahren angeklagt“, teilten ihre Anwälte mit. Doch mit Schonkost hat das Leben der 59-jährigen Politiker-Gattin eher wenig zu tun. Verschwendungssüchtig ist wohl noch das freundlichste Wort, mit dem die Israelis ihre First Lady charakterisieren. Ein Amt hat Sara Netanjahu nicht. Doch wo fängt Politik schließlich an? Im Haushalt. In den kleinen Zellen des Gemeinwesens, bisweilen in der Küche. Ihr Hang zum Extremen hat bisweilen etwas Absurdes: Einmal soll sie mehrere Koffer mit schmutziger Wäsche auf eine Auslandsreise mitgenommen und dort im Hotel in die Wäscherei gegeben haben – weil ihr der Duft der Wäsche so gut gefalle. Angestellte berichten, dass Netanjahu sie mit Wutausbrüchen, Schuhwürfen und überzogenen Wünschen tyrannisiere. Als die Mutter zweier Söhne einmal Flaschenpfand in die eigene (Designer-)Tasche statt in die Staatskasse steckte, wurde sogar eigens ein Schlagwort erfunden: Bottlegate – Flaschenaffäre. Ein Hausmeister berichtete der Presse, dass seine Chefin ihn mal nachts um drei Uhr angerufen habe, weil er Milchtüten in einem falschen Karton eingekauft habe. Menschen aus der Umgebung Sara Netanjahus beschrieben die Premiersgattin als geradezu penetrant reinlichkeitsliebend und selbst ein enger Mitarbeiter des Regierungschefs sprach von Sara Netanjahu einmal als einer Frau mit problematischer Psyche.
Israelische Zeitungen sprechen von einem „Horrorhaus der Netanjahus“, deutsche Medien vom „Dschungelcamp“. Doch einer lässt sich nicht beirren: Benjamin Netanjahu, mit dem Sara seit 1991 verheiratet ist, ist nach Meinung vieler Beobachter geradezu gelenkt von seiner Frau. Nach Ansicht von Benni Ziffer, Kolumnist von Haaretz, gründet die „Sara-Phobie“einzig auf ihrem Sex-Appeal. Er diagnostizierte eine „Angst vor der erotischen Frau“. Margit Hufnagel