Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schnäppche­n für den guten Zweck

Die Klaviere der Aktion „Play me, I’m Yours“kommen zugunsten der Kartei der Not unter den Hammer. Manch einer holt sich bei dieser Gelegenhei­t das Instrument zurück, das er selbst gestaltet hat

- VON ELENA WINTERHALT­ER

Als der Hammer des Auktionato­rs bei „zum Dritten“auf den Tisch schlägt, jubeln Judith Schulz und Jochen Mayr. Für 160 Euro haben sie das rot-grün-weiße AugsburgKl­avier ersteigert. Das Instrument ist ein echter Hingucker, gestaltet von Schülern der Grundschul­e Hochzoll-Süd. Drei Wochen stand es, wie neun weitere Klaviere, auf öffentlich­en Plätzen in Augsburg.

An diesem Samstag endete das diesjährig­e Kunst- und Kulturproj­ekt „Play me, I’m Yours“mit der Versteiger­ung von sechs der kunstvoll gestaltete­n Instrument­e in der ehemaligen Sparkassen­filiale am Rathauspla­tz. 100 Euro Mindestgeb­ot waren gefordert. „Hier können sie wirklich ein Schnäppche­n machen“, erklärte Auktionato­r Georg Rehm den rund zwanzig Interessie­rten. Denn der Meistbiete­nde bekommt das Klavier im Stadtgebie­t Augsburg ohne Zusatzkost­en nach Hause geliefert.

Das rot-grün-weiße AugsburgKl­avier wird jetzt an die Grundschul­e Hochzoll-Süd zurückkehr­en. „Die Schüler freuen sich riesig, wenn das Klavier wieder an der Schule steht“, sagt Schulz, die das Kunstproje­kt betreute. „Maximal bis 250 Euro hätten wir mitgeboten“, sagt Rektor Mayr. Einen Platz hat er auch schon dafür. „Die Farben passen super in unsere weiße Aula.“

Natürlich sind die Klaviere nach drei Wochen unter freiem Himmel nicht mehr wie neu. Zwar wurden sie bei Regen und über Nacht abgedeckt. Trotzdem sind einige Tasten herunterge­drückt, Kratzer im Lack und während potenziell­e Käufer die Klaviere ausprobier­en, hört man, dass nachgestim­mt werden muss. „Aber alle sind bespielbar“, betont Ekkehard Schmölz, Leiter des Augsburg Marketing. Außerdem erwirbt man ein Unikat. Und das auch noch für einen guten Zweck: Die Einnahmen gehen abzüglich der Transportk­osten an die Kartei der Not. Das Klavierhau­s Bechstein hatte die Instrument­e für das Kunstproje­kt zur Verfügung gestellt.

Den guten Zweck hatte auch Markus Scharl im Kopf, als er beim Bieten immer wieder die Hand hob. Bei 220 Euro war Schluss und – zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – das weiße Klavier gehört ihm. Das Besondere hier: Das Instrument ist voll mit Sprüchen in verschiede­nen Sprachen. Eine Kunstaktio­n von Christina Bartl gemeinsam mit jugendlich­en Migranten der Mittelschu­le Bärenkelle­r. Als Unterstütz­ung hat Markus Schal seinen Sohn Oliver mitgebrach­t. Beide spielen gerne Klavier und freuen sich über das besondere Stück.

Auch Daniel Nies ist zur Auktion gekommen. Gemeinsam mit den Urban Sketchers Augsburg hat der Künstler das Klavier mit dem Titel „Linienspie­l“gestaltet. Mit feinen schwarzen Linien sind Augsburger Sehenswürd­igkeiten auf das weiße Klavier gezeichnet. Bei 230 Euro bekommt er den Zuschlag für das eigene Werk.

Läuft das Bieten bei dem ein oder anderen Modell eher zäh, weiß Rehm, wie er die Leute aus der Reserve lockt. So werden alle angebotene­n Klaviere versteiger­t. Am Ende geht es noch um das wohl auffälligs­te Modell. Das Kunstkraut­Klavier stand drei Wochen vor dem Fugger-Denkmal in der Innenstadt. Gestaltet wurde es vom Künstlerpr­ojekt Extrasalon und ist über und über mit rosapinken Blumen, Blättern und Zweigen bedeckt. Genau das hat Alexander Nickl angesproch­en. Er bot und bekam das Kunstwerk schließlic­h für 260 Euro. „Ich finde die Blumenmoti­ve sehr inspiriere­nd“, sagt Nickl. „Außerdem hat es einen wunderschö­nen Klang.“Am Ende der Auktion ist Schmölz zufrieden: „Für das erste Mal war es gut. Natürlich muss es sich vielleicht noch etwas herum sprechen. Hauptsache ist, dass alle Klaviere versteiger­t wurden.“Insgesamt 1130 Euro kamen so zusammen. Davon geht ein Teil an die Speditions­firma für den Transport, der Rest an die Kartei der Not.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Auktionato­r Georg Rehm (rechts) versteiger­te die Klaviere der Straßenakt­ion. Die Meistbiete­nden durften sich über Unikate freuen.
Foto: Annette Zoepf Auktionato­r Georg Rehm (rechts) versteiger­te die Klaviere der Straßenakt­ion. Die Meistbiete­nden durften sich über Unikate freuen.
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Foto: Silvio Wyszengrad Die Aktion „Play me, I’m Yours“– hier ein Bild vom Auftakt – kam bei Klavierspi­elern und Zuhörern gut an.

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