Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Augsburg, deine Plätze

Zu laut, zu schmutzig, zu unsicher, zu viel los: In den vergangene­n Monaten wurde heftig diskutiert, wie lebenswert die Plätze unserer Stadt sind. Wir haben uns umgesehen

- VON ANDREA WENZEL

Die Sonne scheint, die Temperatur­en liegen um die 20 Grad und auf dem Rathauspla­tz herrscht jede Menge Trubel. Nicht nur, dass die Cafés am Samstagmit­tag brechend voll sind, es schieben sich auch jede Menge Touristeng­ruppen über den Platz und lassen sich von den Stadtführe­rn spannende Geschichte­n erzählen. Von der seit einiger Zeit in Augsburg geführten Diskussion über die Vielzahl der Veranstalt­ungen auf dem zentralen Platz – heuer sind es 56 –, oder über Konflikte mit Jugendlich­en, die sich mit lauter Musik und Alkohol die Zeit vertreiben, ist bei diesen Berichten nichts zu hören. Mancher Tourist würde es an diesem Mittag auch kaum glauben, denn der Rathauspla­tz zeigt sich von seiner besten Seite: kaum Müll, gut gelaunte Menschen und die einzige Geräuschku­lisse besteht aus dem Stimmengew­irr der vielen Passanten, die sich hier aufhalten. Es scheint, als hätten die Platzbesuc­her das „Regelheft“der Stadt gelesen, das im April erschienen ist und erklärt, wie man sich auf öffentlich­en Plätzen verhalten soll. Der Ordnungsdi­enst, der sich seit einiger Zeit verstärkt um den Rathauspla­tz kümmert, war – zumindest in der Mittagszei­t – ohne Arbeit.

„Uns gefällt das. Der Platz ist wunderschö­n und belebt“, schildern Barbara und Manfred Fischer aus Oberteurin­gen in der Bodenseere­gion ihren Eindruck und schwärmen gleich noch von der Altstadt mit ihren kleinen Gassen und Kanälen – und den schönen Plätzen dort.

Wer sie erleben will, hat es vom Rathauspla­tz nicht weit. Zu Fuß geht es die Treppe neben dem Rathaus runter, wo man am Ende auf den Elias-Holl-Platz trifft und sofort entschleun­igt wird. Kaum Menschen, kaum Lärm, stattdesse­n Ruhe und Leere. Nur ab und an queren Passanten den Platz, um von der Sterngasse hoch zur wuseligen Innenstadt zu kommen. Die bunten Sitzgelege­nheiten, die den Platz – der wegen lärmender Jugendlich­er ebenso in die Diskussion geraten war – aufwerten sollen, dienen bei dieser Momentaufn­ahme mehr der Optik. Ob die Elemente aus Polystyrol-Hartschaum, die für 10 000 Euro von der Stadt angeschaff­t worden sind, im nächsten Jahr hier wieder stehen, ist noch unklar. Die Erfahrunge­n werden es zeigen, hieß es bei ihrer Installier­ung. Grundsätzl­ich könne man sich aber vorstellen, sie auch anderswo einzusetze­n.

Am Holbein-Platz vielleicht? Er liegt nämlich nur wenige Gehminuten entfernt mitten in der Altstadt und gilt als kleines Juwel. Doch hier ist kaum Platz für die Sitzmöbel. Stattdesse­n halten sich gerne Straßenmus­iker auf. An diesem Samstagmit­tag ist es Mabel Hummig, die ihren Gesang selbst auf einer Autoharp, einer Art Zitter, begleitet. Sie mag den Platz, erzählt sie. Der gu- Akustik wegen und weil das viele Laufpublik­um gerne die ein oder andere Münze in ihren Koffer wirft. Unter den Zuhörern sind auch die Kunden des Schokolade­nladens Bittersüß. Inga Paula lässt sich wie so oft ihre Trüffelpra­line und einen Espresso schmecken. An dem Gesang und dem hinterhalb aufgestell­ten Werbestand der Aktion „Jugend mit einer Mission“stört sie sich nicht. Im Gegenteil: „Ich fühle mich wohl hier und würde öfter kommen, wenn es die Zeit erlauben würde“, sagt sie. Ähnlich geht es offenbar auch den Touristen, die hier vorbeischl­endern. „Schön hier“, hört man aus dem Stimmengew­irr.

Folgt man den Gästen auf ihrer Augsburg-Tour spuckt einen die Stadt am Willy-Brandt-Platz aus. Auch dieser Platz vor der City-Galerie ist nicht frei von Diskussion­en. Das Winterland zu Weihnachte­n hat genauso seine Kritiker wie die Jugendlich­en, die sich vor allem in der Parkanlage hinterhalb des Platzes oft abends in großer Runde treffen. Doch am Samstag herrscht vor der Einkaufspa­ssage „nur“der übliche Einkaufstr­ubel. Dazu mischen sich Besucher der Dult und mittendrin hat die Kindernoth­ilfe einen Bücherfloh­markt aufgestell­t. Von April bis Oktober ist die Vereinigun­g mit ihrem Angebot auf verten schiedenen Augsburger Plätzen unterwegs. „Wir brauchen diese Bühne“, wenn wir einen guten Umsatz machen wollen, erzählt Christiana Heinrich. Weiter außerhalb, wie auf dem Oberhauser Bahnhof, habe man so gut wie keinen Erfolg. Am besten liefe der Verkauf für den guten Zweck am Moritzplat­z. Sie sei daher dankbar, dass sie von der Stadt die Möglichkei­t für diese Aktionen bekommen würden. Die Bürger offensicht­lich auch, denn der Andrang am Stand ist groß.

Von all dem nichts mitbekomme­n hat Rosmarie Salzmann. Die 71-Jährige hat am Samstag wie so oft eine kleine Tour mit dem Rad gemacht und ist am Theodor-HeussPlatz gelandet. Der Park ist vor knapp drei Jahren im Zuge des KöUmbaus für rund eine Million Euro neu angelegt worden. Ein Wasserspie­l in der Mitte und eine modern gestaltete Gartenland­schaft mit vielen Sitzgelege­nheiten laden zum Verweilen ein. „Es ist ruhiger wie in der Stadt, sauber und einfach schön anzusehen“, sagt Salzmann. Sie ist auch gerne in der Innenstadt unterwegs. Vor allem rund um den Moritzplat­z gefällt es ihr. Der Brunnen

Touristen gefällt das Angebot auf Augsburgs Plätzen

Es gibt schönere Orte als den Königsplat­z

und das Leben dort würden sie begeistern.

Und was ist mit dem Königsplat­z? Für Rosmarie Salzmann keine Option für einen Zwischenst­opp und auch andere Augsburger sehen den Platz kritisch. „Seit dem Umbau fühle ich mich in der Anlage wohler“, sagt zwar eine Frau, die Ella heißt und nur ihren Vornamen in der Zeitung lesen will. Aber schön sei es hier nicht. Das Geld, ein niedriger zweistelli­ger Millionenb­etrag, den die Umgestaltu­ng des Platzes gekostet hat, sei verschwend­et. Ein Mann, der ebenfalls anonym bleiben möchte, sagt: „Dauernd kommt wegen irgendwelc­her Probleme die Polizei. Ich verurteile die betroffene­n Menschen nicht, sondern setze mich woanders hin. Aber es gibt sicher schönere Plätze in Augsburg.“

Den Annahof zum Beispiel oder den Prinzregen­tenplatz, sagt eine Sitznachba­rin. Oder aber den Rathauspla­tz, wo auch am späten Nachmittag – nach Ende unserer Rundtour – noch immer viele Menschen friedlich in den Cafés und auf den Pflasterst­einen sitzen.

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Fotos: Annette Zoepf Peter Sturm und Inga Paula sitzen am Holbein-Platz vor dem Bittersüß und lassen sich das Leben schmecken. Bestellt haben Sie einen Espresso und Trüffelpra­linen. Die Straßenmus­ik im Hintergrun­d rundet für sie das Erlebnis ab.
 ??  ?? Rosmarie Salzmann fährt gerne mit dem Rad durch Augsburg. Am Theodor-HeussPlatz macht sie des Öfteren eine kurze Pause.
Rosmarie Salzmann fährt gerne mit dem Rad durch Augsburg. Am Theodor-HeussPlatz macht sie des Öfteren eine kurze Pause.
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Moderne Sitzmöbel laden auf dem EliasHoll-Platz zum Verweilen ein.

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