Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Augsburg, deine Plätze
Zu laut, zu schmutzig, zu unsicher, zu viel los: In den vergangenen Monaten wurde heftig diskutiert, wie lebenswert die Plätze unserer Stadt sind. Wir haben uns umgesehen
Die Sonne scheint, die Temperaturen liegen um die 20 Grad und auf dem Rathausplatz herrscht jede Menge Trubel. Nicht nur, dass die Cafés am Samstagmittag brechend voll sind, es schieben sich auch jede Menge Touristengruppen über den Platz und lassen sich von den Stadtführern spannende Geschichten erzählen. Von der seit einiger Zeit in Augsburg geführten Diskussion über die Vielzahl der Veranstaltungen auf dem zentralen Platz – heuer sind es 56 –, oder über Konflikte mit Jugendlichen, die sich mit lauter Musik und Alkohol die Zeit vertreiben, ist bei diesen Berichten nichts zu hören. Mancher Tourist würde es an diesem Mittag auch kaum glauben, denn der Rathausplatz zeigt sich von seiner besten Seite: kaum Müll, gut gelaunte Menschen und die einzige Geräuschkulisse besteht aus dem Stimmengewirr der vielen Passanten, die sich hier aufhalten. Es scheint, als hätten die Platzbesucher das „Regelheft“der Stadt gelesen, das im April erschienen ist und erklärt, wie man sich auf öffentlichen Plätzen verhalten soll. Der Ordnungsdienst, der sich seit einiger Zeit verstärkt um den Rathausplatz kümmert, war – zumindest in der Mittagszeit – ohne Arbeit.
„Uns gefällt das. Der Platz ist wunderschön und belebt“, schildern Barbara und Manfred Fischer aus Oberteuringen in der Bodenseeregion ihren Eindruck und schwärmen gleich noch von der Altstadt mit ihren kleinen Gassen und Kanälen – und den schönen Plätzen dort.
Wer sie erleben will, hat es vom Rathausplatz nicht weit. Zu Fuß geht es die Treppe neben dem Rathaus runter, wo man am Ende auf den Elias-Holl-Platz trifft und sofort entschleunigt wird. Kaum Menschen, kaum Lärm, stattdessen Ruhe und Leere. Nur ab und an queren Passanten den Platz, um von der Sterngasse hoch zur wuseligen Innenstadt zu kommen. Die bunten Sitzgelegenheiten, die den Platz – der wegen lärmender Jugendlicher ebenso in die Diskussion geraten war – aufwerten sollen, dienen bei dieser Momentaufnahme mehr der Optik. Ob die Elemente aus Polystyrol-Hartschaum, die für 10 000 Euro von der Stadt angeschafft worden sind, im nächsten Jahr hier wieder stehen, ist noch unklar. Die Erfahrungen werden es zeigen, hieß es bei ihrer Installierung. Grundsätzlich könne man sich aber vorstellen, sie auch anderswo einzusetzen.
Am Holbein-Platz vielleicht? Er liegt nämlich nur wenige Gehminuten entfernt mitten in der Altstadt und gilt als kleines Juwel. Doch hier ist kaum Platz für die Sitzmöbel. Stattdessen halten sich gerne Straßenmusiker auf. An diesem Samstagmittag ist es Mabel Hummig, die ihren Gesang selbst auf einer Autoharp, einer Art Zitter, begleitet. Sie mag den Platz, erzählt sie. Der gu- Akustik wegen und weil das viele Laufpublikum gerne die ein oder andere Münze in ihren Koffer wirft. Unter den Zuhörern sind auch die Kunden des Schokoladenladens Bittersüß. Inga Paula lässt sich wie so oft ihre Trüffelpraline und einen Espresso schmecken. An dem Gesang und dem hinterhalb aufgestellten Werbestand der Aktion „Jugend mit einer Mission“stört sie sich nicht. Im Gegenteil: „Ich fühle mich wohl hier und würde öfter kommen, wenn es die Zeit erlauben würde“, sagt sie. Ähnlich geht es offenbar auch den Touristen, die hier vorbeischlendern. „Schön hier“, hört man aus dem Stimmengewirr.
Folgt man den Gästen auf ihrer Augsburg-Tour spuckt einen die Stadt am Willy-Brandt-Platz aus. Auch dieser Platz vor der City-Galerie ist nicht frei von Diskussionen. Das Winterland zu Weihnachten hat genauso seine Kritiker wie die Jugendlichen, die sich vor allem in der Parkanlage hinterhalb des Platzes oft abends in großer Runde treffen. Doch am Samstag herrscht vor der Einkaufspassage „nur“der übliche Einkaufstrubel. Dazu mischen sich Besucher der Dult und mittendrin hat die Kindernothilfe einen Bücherflohmarkt aufgestellt. Von April bis Oktober ist die Vereinigung mit ihrem Angebot auf verten schiedenen Augsburger Plätzen unterwegs. „Wir brauchen diese Bühne“, wenn wir einen guten Umsatz machen wollen, erzählt Christiana Heinrich. Weiter außerhalb, wie auf dem Oberhauser Bahnhof, habe man so gut wie keinen Erfolg. Am besten liefe der Verkauf für den guten Zweck am Moritzplatz. Sie sei daher dankbar, dass sie von der Stadt die Möglichkeit für diese Aktionen bekommen würden. Die Bürger offensichtlich auch, denn der Andrang am Stand ist groß.
Von all dem nichts mitbekommen hat Rosmarie Salzmann. Die 71-Jährige hat am Samstag wie so oft eine kleine Tour mit dem Rad gemacht und ist am Theodor-HeussPlatz gelandet. Der Park ist vor knapp drei Jahren im Zuge des KöUmbaus für rund eine Million Euro neu angelegt worden. Ein Wasserspiel in der Mitte und eine modern gestaltete Gartenlandschaft mit vielen Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. „Es ist ruhiger wie in der Stadt, sauber und einfach schön anzusehen“, sagt Salzmann. Sie ist auch gerne in der Innenstadt unterwegs. Vor allem rund um den Moritzplatz gefällt es ihr. Der Brunnen
Touristen gefällt das Angebot auf Augsburgs Plätzen
Es gibt schönere Orte als den Königsplatz
und das Leben dort würden sie begeistern.
Und was ist mit dem Königsplatz? Für Rosmarie Salzmann keine Option für einen Zwischenstopp und auch andere Augsburger sehen den Platz kritisch. „Seit dem Umbau fühle ich mich in der Anlage wohler“, sagt zwar eine Frau, die Ella heißt und nur ihren Vornamen in der Zeitung lesen will. Aber schön sei es hier nicht. Das Geld, ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag, den die Umgestaltung des Platzes gekostet hat, sei verschwendet. Ein Mann, der ebenfalls anonym bleiben möchte, sagt: „Dauernd kommt wegen irgendwelcher Probleme die Polizei. Ich verurteile die betroffenen Menschen nicht, sondern setze mich woanders hin. Aber es gibt sicher schönere Plätze in Augsburg.“
Den Annahof zum Beispiel oder den Prinzregentenplatz, sagt eine Sitznachbarin. Oder aber den Rathausplatz, wo auch am späten Nachmittag – nach Ende unserer Rundtour – noch immer viele Menschen friedlich in den Cafés und auf den Pflastersteinen sitzen.