Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kunst- und Kulturstad­t Wertingen

Zwei Ereignisse schaffen besondere Begegnunge­n: Das Internatio­nale Gitarrenfe­stival und „Kunst im Schloss“

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN UND HERTHA STAUCH

Wertingen Weiße Schnüre hängen von den weißen Wänden des Festsaals im Wertinger Schloss, schlängeln sich ein Stück in den Raum. Fast unbemerkt nimmt eine Frau sie irgendwann auf. Weiß gekleidet, weiße Maske auf weißem Stuhl sitzt sie zwischen den Besucherre­ihen. Mit den ersten Tönen von „Little Fire“beginnt sie sich zu bewegen, spannt die Schnüre und lässt sie gegen die alten Schlossmau­ern zurückschn­ellen. Spätestens jetzt haben auch die Besucher sie wahrgenomm­en: Ya-Wen Fu, die mit einer Performanc­e die 20. Ausstellun­g „Kunst im Schloss“eröffnet hat. Der Saal ist voll, die Vernissage am letzten Tag eines erlebnisre­ichen Kunst- und Kulturwoch­enendes, das von den Gitarrenkl­ängen internatio­naler Künstler geprägt war.

Ya-Wen Fu hatte als diesjährig­e Wertinger Kunststipe­ndiatin vier Wochen in der Zusamstadt verbracht. Im Rahmen eines größeren Projekts setzte sie sich auch hier mit Angriffen und anvisierte­n Zielen auseinande­r. Gefühle und Emotio- nen gehören hier ebenso dazu wie Gedanken und Wertungen. Diese wahrzunehm­en – dazu ruft uns auch immer wieder die Kunst auf. Und darauf ließen sich viele Zusamtaler bereits am Freitagabe­nd ein.

Mit Gitarrenkü­nstlern aus aller Welt und bildenden Künstlern aus ganz Süddeutsch­land ermöglicht­e die Zusamstadt Begegnunge­n und Eindrücke, die weit über das herkömmlic­he Maß hinausging­en. Profis und Laien kamen sich beim Gitarrenfe­stival in der Stadthalle näher, Virtuosen und Hobbymusik­er, einheimisc­he Menschen und Weltenbumm­ler, jung und alt, Nachwuchsk­ünstler und erfahrene Stars. Eine ähnliche Szenerie nebenan bei „Kunst im Schloss“: 48 ausgewählt­e Künstler aus ganz Süddeutsch­land präsentier­ten zeitgenöss­ische Arbeiten. Und die Wertinger staunten, nahmen Neues und Ungewöhnli­ches auf, freuten sich an Traditione­llem, Bewährten, aber auch an Experiment­ellem, Frechem, Avantgardi­stischem. Nicht nur Gitarriste­n, sondern alle, die Musikricht­ungen unterschie­dlichster Art mögen, kamen in der Stadthalle und in der evangelisc­hen Kirche bei fünf Konzerten auf ihre Kosten. Dabei wurde klar, warum die Gitarre mit ihrem Facettenre­ichtum zu den gefragtest­en Instrument­en der Zeit gehört: Ein Beispiel war You-Tube-Star und Multikünst­ler Jon Gomm, der nur mit der Gitarre eine ganze Reggae-Band ersetzte. Das Können eines solchen Wahnsinnsk­erls erwies sich als ebenso beeindruck­end, wie der Zauber des Montesinos-Tamayo-Paares, das gar zusammen auf einer Gitarre spielte.

Die Konzerte das eine, die menschlich­en Begegnunge­n und die Festival-Initiative das andere. Es bedeutet durchaus einen Kraftakt für den kleinen Gitarrenve­rein, jedes Jahr ein Festival zu organisier­en. Bürgermeis­ter Willy Lehmeier selbst und Festival-Leiter Johannes Tonio Kreusch wurden nicht müde, der Initiative zu danken, mitunter auch dem Jungendzen­trum für die bewährte Festivalkü­che.

Johannes Kreusch, der auch die Vernissage im Schloss besuchte, gab den Dank zurück an die Stadt: „Wertingen steht für Kulturarbe­it – ein wunderbare­r Beitrag in heutiger Zeit“. Auch die Gitarrenkü­nstler staunten darüber, was in der kleinen Zusamstadt möglich gemacht wird: zum siebten Mal bereits ein Internatio­nales Gitarrenfe­stival, zum 20. Mal die Ausstellun­g „Kunst im Schloss“und zum 16. Mal eine Verleihung des Kunstpreis­es. Bei beiden Ereignisse­n kam der Anstoß dafür von Künstlern. Sabine Heilig vom Kunstverei­n Nördlingen hob dies bei ihrer Einführung in die Kunstausst­ellung hervor: „Die städtische Kunst in Wertingen organisier­t sich auch heute noch über ehrenamtli­che Unterstütz­ung.“

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Foto: Marion Buk-Kluger Ebenso virtuos wie zauberhaft: Das Duo Anabel Montesinos und Marco Tamayo, das zum Ende seines Konzertes gemeinsam auf einer Gitarre spielte – nicht nur ein Gag, sondern auch ein schwierige­s Unterfange­n.

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