Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mein Sohn schlägt mich
Wie schaust du denn aus?
Meist heißt es bei der Begrüßung „Wie geht’s dir?“, oft einfach nur so dahingesagt. Nicht so bei mir. Der Unterschied: Diesmal ist wirklich Interesse, oder besser gesagt Neugier, dabei und die Aufmerksamkeit aller Zuhörenden ist mir sicher.
Das Tolle als junge Mutter ist, dass man dem Schönheitsdiktat nicht mehr ausgeliefert ist. Dunkle Augenringe werden toleriert (oder bemitleidet), Schwangerschaftspfunde akzeptiert und von Babybrei markierte Kleidung stillschweigend übersehen. Kein Grund deswegen überbesorgt zu reagieren.
Derangiert auszusehen ist voll okay. Übersät mit blauen Flecken zu sein, dagegen nicht. Derzeit zieren meine beiden Oberarme mittelmäßig große Hämatome. Meine Beine schauen aus, als hätte jemand Heidelbeeren darauf zerquetscht. Dazu kommen Kratzer am Dekolleté und an der Nase. Häusliche Gewalt ist eine schlimme Sache! Und ich bekenne freimütig: Mein Sohn schlägt mich. Und das gebe ich auch unumwunden zu!
Um ihn zu verteidigen – er kann nichts dafür … Bei der Feinmotorik meines sieben Monate alten Fratzes hakt es noch etwas. Dafür ist er grobmotorisch ganz vorne mit dabei, zudem sehr liebesbedürftig. Heißt im Klartext – Mama muss herhalten für sämtliche Kletterversuche. Dafür wird sie „lieb“gestreichelt und mit Bussis (schlabbrig und unter dem Einsatz seiner beiden Zähne) überhäuft. Mein schwaches Bindegewebe tut sein Übriges, dass sich so ausschaue wie ich ausschaue.
So hat jeder sein Päckchen zu tragen! Meines wiegt knapp neun Kilo und ist gesund, gut entwickelt und im Großen und Ganzen ganz lieb. Kein Grund also, sich um mich zu sorgen!