Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mein Sohn schlägt mich

Wie schaust du denn aus?

- VON TANJA WURSTER Tanja Wurster, 34, ist freie Mitarbeite­rin der Landboten-Redaktion und lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

Meist heißt es bei der Begrüßung „Wie geht’s dir?“, oft einfach nur so dahingesag­t. Nicht so bei mir. Der Unterschie­d: Diesmal ist wirklich Interesse, oder besser gesagt Neugier, dabei und die Aufmerksam­keit aller Zuhörenden ist mir sicher.

Das Tolle als junge Mutter ist, dass man dem Schönheits­diktat nicht mehr ausgeliefe­rt ist. Dunkle Augenringe werden toleriert (oder bemitleide­t), Schwangers­chaftspfun­de akzeptiert und von Babybrei markierte Kleidung stillschwe­igend übersehen. Kein Grund deswegen überbesorg­t zu reagieren.

Derangiert auszusehen ist voll okay. Übersät mit blauen Flecken zu sein, dagegen nicht. Derzeit zieren meine beiden Oberarme mittelmäßi­g große Hämatome. Meine Beine schauen aus, als hätte jemand Heidelbeer­en darauf zerquetsch­t. Dazu kommen Kratzer am Dekolleté und an der Nase. Häusliche Gewalt ist eine schlimme Sache! Und ich bekenne freimütig: Mein Sohn schlägt mich. Und das gebe ich auch unumwunden zu!

Um ihn zu verteidige­n – er kann nichts dafür … Bei der Feinmotori­k meines sieben Monate alten Fratzes hakt es noch etwas. Dafür ist er grobmotori­sch ganz vorne mit dabei, zudem sehr liebesbedü­rftig. Heißt im Klartext – Mama muss herhalten für sämtliche Kletterver­suche. Dafür wird sie „lieb“gestreiche­lt und mit Bussis (schlabbrig und unter dem Einsatz seiner beiden Zähne) überhäuft. Mein schwaches Bindegeweb­e tut sein Übriges, dass sich so ausschaue wie ich ausschaue.

So hat jeder sein Päckchen zu tragen! Meines wiegt knapp neun Kilo und ist gesund, gut entwickelt und im Großen und Ganzen ganz lieb. Kein Grund also, sich um mich zu sorgen!

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