Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bouffier rettet sich – und die Kanzlerin?
Wenn in der Bundesregierung der Baum brennt, distanzieren sich Landespolitiker gerne von „denen da in Berlin“. Schließlich gehe es bei einer Landtagswahl doch ums Land. Gestern ging es um Hessen. Und um Volker Bouffier. Der Ministerpräsident hat mit seiner schwarz-grünen Regierung einen ordentlichen Job gemacht und musste trotzdem zittern – wegen denen da in Berlin. Die Wahl wurde zur ultimativen Abstimmung über Angela Merkel und die Zukunft der Großen Koalition überhöht.
Bouffier hat der Versuchung, den eigenen Absturz der Kanzlerin anzulasten, widerstanden. Und sie hat es ihm in einer Art Verzweiflungstat gedankt: „Wenn Sie Wut haben, was in Berlin passiert, schreiben se mir ’nen Brief“, appellierte Merkel an die Hessen, ihren Ärger bloß nicht am armen Parteifreund Bouffier auszulassen. Hat wenig gebracht, die CDU wurde trotzdem brutal abgestraft. Aber der Höhenflug der Grünen könnte – jedenfalls nach den ersten Hochrechnungen – nicht nur die gemeinsame Koalition retten, sondern vorerst auch die Kanzlerin.
Bei einem Machtverlust in Hessen wäre der Aufstand in der CDU gegen die Chefin noch vor dem Parteitag im Dezember ausgebrochen. Nun dürfte die Revolte vertagt sein. Größter Risikofaktor für Merkel wird jetzt die SPD, die wie zuvor in Bayern ein Debakel erlebt hat. Im Gegensatz zur Union ist den Sozialdemokraten jegliche Machtoption abhandengekommen. Eine Panikreaktion und die Flucht aus der GroKo ist unter diesen Umständen keine Utopie mehr.