Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schwere Schlappe für CDU und SPD
Auch in Hessen erleiden die beiden Parteien herbe Verluste. Ministerpräsident bleibt wohl Volker Bouffier, Grüne erzielen ihr bestes Ergebnis
Augsburg Als um 18 Uhr die ersten Prognosen über die Bildschirme flimmern, wird es still auf den Wahlpartys von CDU und SPD in Hessen. Dramatische Verluste haben die beiden Parteien erlitten, wie schon vor zwei Wochen in Bayern: Jeweils minus zehn Prozentpunkte – das ist ein harter Schlag für die Volksparteien. Die CDU von Ministerpräsident Volker Bouffier bleibt nach der Landtagswahl zwar stärkste Kraft, fährt nach den ersten Prognosen aber ihr schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland seit mehr als 50 Jahren ein. Die SPD von Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel erzielt gar ihr schlechtestes Landesergebnis jemals.
Große Wahlgewinner sind die Grünen mit ihrem bislang besten Abschneiden bei einer Hessen-Wahl – und die AfD. Die Rechtspopulisten ziehen erstmals in den Landtag ein und sind nunmehr in allen 16 Landesparlamenten vertreten. Auch FDP und Linke bleiben im Landtag in Wiesbaden – damit bekommt Hessen erstmals ein Sechs-ParteienParlament. Wie es für die seit 2013 regierende schwarz-grüne Koalition weitergeht, ist am Abend offen. Nach den ARD-Zahlen würde es für Schwarz-Grün knapp zum Weiterregieren reichen, auch Koalitionen aus CDU, Grünen und FDP (Jamai- ka) sowie aus CDU und SPD wären demnach möglich. Dem ZDF zufolge käme lediglich eine Jamaika-Koalition auf eine Mehrheit.
Den Prognosen zufolge ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 33 bis 36, SPD 23 bis 27, Grüne 23 bis 27, AfD 14 bis 18, FDP 9 und die Linke 8 bis 9.
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) räumte ein, dass die CDU ein „schwieriges Ergebnis“eingefahren hat. Wenn man so viel Prozent verliere, dann könne man nicht darum herumreden, sagte Braun, der aus Hessen kommt, nach der ersten Prognose. „Dann muss man Konsequenzen ziehen“, sagte Braun am Abend. Die Sacharbeit müsse in den Mittelpunkt gerückt werden.
„Die SPD steckt in einer tiefen Vertrauenskrise“, bekannte Nancy Faeser, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im hessischen Landtag. „Mit diesem Ergebnis haben wir nicht gerechnet.“Doch aus Berlin habe es nicht nur Gegenwind gegeben, sondern regelrechte Sturmböen.
Jubel brandete bei den Grünen auf. „So grün war Hessen noch nie“, sagte Annalena Baerbock, Vorsitzende der Partei. Sie sieht sich als Gewinner des andauernden Streits der Großen Koalition in Berlin. Es habe den Grünen geholfen, „Antworten zu liefern und nicht nur Probleme herbeizureden“.