Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Lieber Rebell als Komplize“
Mit Blödelei und Biss: Die EAV wurde in den 80ern Kult. Jetzt hören die Österreicher auf – und Sänger Klaus Eberhartinger rechnet ab
Ihr habt verkündet, dass „Alles ist erlaubt“euer letztes Album sein wird. Warum das?
Wir sind nicht mehr so arg jung. Nächstes Jahr spielen wir unsere Abschiedstournee, und dann werden wir mal eine Pause machen. 40 Jahre EAV ist ein guter Zeitpunkt. Wir hören gerade oft die Frage „Warum jetzt schon?“Dabei müsste die eigentlich lauten „Warum erst jetzt?“(lacht).
Und warum also jetzt?
Wir wollen nicht in die Situation kommen, in der sich andere Bands und Musiker befinden, die bis zur Urne mit den alten Hits tingeln und irgendwann in Bierzelten, Altersheimen und auf Feuerwehrfesten spielen. Also wenn du es finanziell nicht musst, dann ist es schlau, sich auch mal um seine anderen Interessen zu kümmern. Und sich ein bisschen mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass man für das eine oder andere Projekt wieder zusammenkommt.
Eine Abschiedstournee zu verkünden, das ist auch so eine Sache. Viele Bands halten sich nicht daran und spielen nach der letzten Tour noch die allerletzte und so weiter.
Naaa. Es gibt natürlich den Zusatz „die erste“Abschiedstour. Aber eine zweite ist nicht geplant.
Und auch nicht ausgeschlossen?
Und auch nicht ganz ausgeschlossen … Aber ich will jetzt nicht selbst schon die Spekulationen anheizen. Wir setzen jetzt erst mal einen Schlusspunkt, und ich bin überzeugt, drei Jahre Pause werden es mindestens sein.
Sie leben seit mehr als zwanzig Jahren nicht nur in Wien, sondern auch in Kenia. Bandkollege Thomas Spitzer ebenfalls. Teilt ihr eigentlich ein Haus?
Nein, nein. Der Thomas und ich, wir sind zwar wie ein altes Ehepaar, aber wir bestehen auf getrennten Betten. Unsere Häuser liegen ein paar Kilometer auseinander.
Wie kam es dazu, dass Sie nach Kenia ausgewandert sind?
Also, ausgewandert bin ich nicht, ich lebe ungefähr drei Monate pro Jahr in Kenia. Das Land ist meine zweite Heimat geworden. Ja, wie kam es dazu? Ich bin als Student, ich habe ja mal angefangen, Medizin zu studieren, mit 20, 21 zusammen mit einem Kumpel in einem Land Rover durch Afrika gefahren, von Norden nach Süden. Wir wollten den Kilimandscharo besteigen, was wir auch geschafft haben. Damals bin ich mit der Afrika-Liebe infiziert worden.
Was begeistert Sie konkret?
Der Rhythmus des Kontinents gefällt mir sehr. Die Menschen sind toll, Afrika als solches sehr vielfältig, und speziell in Kenia lässt es sich wirklich gut leben. Das war einfach von Anfang an meins, ich fühle mich sauwohl dort. Und ich brauche den Strand. Ich lebe am Diani Beach bei Mombasa, der gilt als einer der zwanzig schönsten Strände der Welt.
Der Titelsong eures Albums, ist eine Abrechnung mit der Politik hierzulande. Was wurmt euch konkret?
In Europa hat man nach siebzig Jahren scheinbar vergessen, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist. Man kehrt wieder zum Nationalstaat zurück, dabei haben die sich in der Vergangenheit nicht unbedingt immer bestens verstanden. Die Entwicklung, dass die Rechten immer mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken, ist gefährlich. Ich vermisse in Europa weiterreichende und integrierende Schritte. Wir haben eine Währungsunion, und das war es auch schon.
Sie singen „In Brüssel steht ein Doofbräuhaus“.
Ja, ja, wir sind schon auch EU-kritisch. Ich glaube, dass da sehr viel Geld verbrannt und zu viel Lobbyismus betrieben wird. Trotzdem sollte man die EU stärken und ausbauen, nicht zurückentwickeln. Denn die Alternative ist keine angenehme. Jetzt hängt sich seit drei Jahren alles an dieser Flüchtlingsfrage auf, als ob die Menschen plötzlich und über Nacht gekommen wären wie ein Unwetter. Dabei haben alle seit Jahren gewusst, dass das geschehen würde. Jetzt stehen wir hier. Den Riegel vorschieben geht nicht, alle reinlassen auch nicht, dazu sind die Leute ängstlich und fühlen sich bedroht wegen der weltweiten Umverteilung von Arm zu Reich. Working Poor, Jugendarbeitslosigkeit,
Der Banküberfall als Verbrechen ist total aus der Mode gekommen …
Kein Wunder, die Banken haben ja während und seit der Finanzkrise die Bürger überfallen, das ist viel einträglicher. Unglaublich, diese „Bad Banks“, was da immer wieder zutage tritt. Oder diese Lebensmittelspekulanten. Es werden keinerlei Werte geschaffen, aber durch skrupellose Profiteure den Menschen in der Dritten Welt richtig übel mitgespielt.
Ist Ihnen der Bankräuber sympathischer als der Lebensmittelspekulant?
Ja. Gefährliche Frage, aber doch, schon. Solange keine Menschen zu Schaden kommen, ist der Bankraub eine Robin-HoodAktion, eine Form der Umverteilung. Interview: Steffen Rüth