Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Krankheit mit den tausend Gesichtern
Die Beratungsstelle der MS-Gesellschaft hilft Betroffenen, wieder unbeschwerter zu leben
Region Man nennt sie die „Krankheit der 1000 Gesichter“: Multiple Sklerose (MS), eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems. In Bayern sind etwa 20000 Menschen von MS betroffen. Unterstützung und Beratung finden Betroffene bei der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (dmsg). Die Beratungsstelle Schwaben, die in der MaxGutmann-Straße in Augsburg angesiedelt ist, feierte jetzt ihr 40-jähriges Bestehen.
Melanie (28) hat vor fünf Jahren wahrgenommen, „dass etwas mit meinen Augen nicht stimmte“. Sie sah immer schlechter, hatte Kopfschmerzen. Dann kam hinzu, dass sie plötzlich mit ihrer Hand nichts fühlen, nichts greifen konnte. Und dann noch diese Müdigkeit. „Fatigue“genannt, erleben sie viele an MS Erkrankte. MS beginnt meist im frühen Erwachsenenalter, zwischen 20 und 40 Jahren.
Christine hat sie schon seit über 20 Jahren. Mit 28 wurde bei ihr MS diagnostiziert. „Sie kam über Nacht“, erinnert sich Christine. Sie konnte nicht mehr richtig sehen, nicht mehr richtig reden. Und hinzu kam auch bei ihr diese Fatigue. In all diesen Jahren hat Christine einige Krankheitsschübe erlebt. „Seit eineinhalb Jahren“, sagt sie, „geht es mir richtig gut.“Sie könne wieder am Leben teilnehmen.
Wesentlich dazu beigetragen habe die Unterstützung durch die dmgs-Beratungsstelle Schwaben. Die dort angestellten Sozialpädagoginnen bieten feste Sprechzeiten an, in deren Rahmen alle Fragen rund um MS behandelt werden, von medizinischen bis hin zu sozialrechtlichen Themen. Auch beraten sie am Telefon und unternehmen Hausbesuche. „Unsere Hauptaufgabe ist Beraten und Begleiten“, erläutert Jutta Forster, eine der Beraterinnen. „Wir versuchen, gemeinsam einen Weg zu finden, um mit der Krankheit umzugehen.“
Der Einzugsbereich der Beratungsstelle umfasst Schwaben und Teile Oberbayerns. Darüber hinaus bringt die Beratungsstelle von MS Betroffene zusammen, sei es durch Gruppenangebote, sei es durch Selbsthilfegruppen. „Dabei dreht sich nicht alles nur um unsere Krankheit“, berichtet Melanie, die so eine Selbsthilfegruppe mit jüngeren Menschen leitet, „wir reden auch mal über was anderes. Das, was uns von unserer Krankheit ablenkt.“
In solchen Gruppen können sich MS-Erkrankte gegenseitig bestärken. Sie wissen, was es heißt, mit Vorurteilen in der Gesellschaft umzugehen. „MS – ach ja, das ist Muskelschwund!“, hat wohl jeder Betroffene schon gehört. Und dass das zwangsläufig zu einem Leben im Rollstuhl führe. „MS ist nicht ansteckend, nicht tödlich, nicht erblich, kein Muskelschwund und keine psychische Erkrankung“, weist die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft hin. Folgen der Entzündung des Nervensystems können etwa Kribbeln oder Taubheitsgefühl in Armen und Beinen sein, ein vermehrtes Stolpern oder Schwierigkeiten beim Sehen. Jeder Verlauf aber sei anders.
Und damit gilt es auch individuell anders umzugehen. Wo immer man etwa Holger antrifft, auch ein MSBetroffener, kann sein spezielles Liege-Dreirad nicht weit sein. Holger tut sich schwer beim Gehen. Deshalb fährt er Rad. Er hat die Fahrradgruppe „Plattfuß“für Menschen mit und ohne Behinderung gegründet, die gemeinsam Touren und Freizeiten unternehmen.
Nicht tödlich, nicht erblich, nicht psychisch bedingt
OInfo Informationen zur Krankheit, möglichen Therapien und dem Angebot der Beratungsstelle gibt es unter www.dmsg-bayern.de