Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jugendamt: Panne kostet Stadt drei Millionen

Der Bund der Steuerzahl­er kritisiert die Vorgänge im städtische­n Jugendamt. Deshalb taucht Augsburg nun im Schwarzbuc­h auf. Das Ausmaß des Desasters ist größer als gehofft

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Panne im Jugendamt kostet die Stadt nun doch mehr, als sie gehofft hatte: Weil ein Förderantr­ag um einen Werktag zu spät eingereich­t wurde, muss die Stadt knapp drei Millionen Euro zurückzahl­en. Dieser Betrag war zuletzt mehrfach genannt worden – als schlechtes­te Lösung. Jetzt ist bekannt, dass es genau darauf hinauslauf­en wird.

Die drohende Rückzahlun­g der gesamten Förderung in Höhe von 28,5 Millionen Euro war im Sommer schnell vom Tisch. Doch während mit dem Freistaat eine Lösung gefunden wurde, die die Stadt Augsburg spürbar entlastete, gab es mit dem Bund keine Verständig­ung. Die Stadt hatte darauf hingearbei­tet, im Fall einer Einigung hätte sie nur 1,15 Millionen Euro zurückzahl­en müssen. Doch aus diesem Deal wird nun nichts.

Die Bekanntgab­e der Summe ist Folge eines für die Stadt nicht erfreulich­en Vorgangs, der Augsburg nun auch ins Schwarzbuc­h des Bunds der Steuerzahl­er brachte. Darin wird jedes Jahr angeprange­rt, wo Steuergeld­er verschwend­et wurden. In der Vergangenh­eit tauchte mehrfach der Augsburger Hauptbahnh­of auf, es ging um die Kostenexpl­osion. In diesem Jahr ist es das Finanzdeba­kel im städtische­n Jugendamt.

Hintergrun­d war ein verspätete­r Zuschussan­trag für nicht-städtische Kitas durch das Jugendamt im vergangene­n Sommer. Erst eine Gesetzesän­derung des bayerische­n Landtags hatte Augsburg vor der Rückzahlun­g des kompletten Zuschusses bewahrt. Der Steuerzahl­erbund, dessen bayerische­r Präsident der Augsburger CSU-Stadtrat Rolf von Hohenhau ist, sprach am Dienstag von einem „chaotische­n Controllin­g“seitens der Stadt Augsburg.

Der Steuerzahl­erbund kritisiert das Agieren der Verwaltung massiv und erinnert an die Folgen des Finanzdesa­sters. Aus dem Debakel wurden unverzügli­ch personelle Konsequenz­en gezogen: Die Jugendamts­leiterin musste ihren Posten räumen und wurde innerhalb der Stadtverwa­ltung versetzt. Gegen den unglücklic­h sachbearbe­itenden Beamten wurde ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t. Um künftig folgenschw­eren Fehlern vorzubeuge­n, wurden konkrete „Vorgaben zur Fristenkon­trolle und Überprüfun­g von Vorgängen durch die Vorgesetzt­en“verfügt.

In welcher Höhe die Rückzahlun­g für die Kommune ausfällt, war zuletzt eine Hängeparti­e. Sicher war, dass die Stadt für 1,07 Millionen Euro aufkommen muss, die nicht vom Freistaat übernommen werden. Offen blieb die Höhe der Rückzahlun­gssumme, die mit dem Bund als Fördergebe­r auszuhande­ln war. Zum aktuellen Stand des Verfahrens sagte Sozialrefe­rent Stefan Kiefer, in dessen Zuständigk­eit das Jugendamt liegt, am Dienstag auf AZ-Anfrage: „Der Vorgang ist schmerzlic­h und ärgerlich für die Stadt, weil sie voraussich­tlich bis zu drei Millionen Euro weniger zur Verfügung hat.“

Eine Verschwend­ung von Steuergeld­ern will Sozialrefe­rent Kiefer jedoch nicht erkennen: „Eine Vergeudung von Steuermitt­eln hat durch diese Fristversä­umnis nicht stattgefun­den.“Der Freistaat werde letztlich einen für die Kinderbetr­euung gewidmeten Anteil an Steuermitt­eln in eben dieser Höhe zurückbeko­mmen und für andere Zwecke einsetzen können. Kiefers Lesart der Dinge lautet: Das, was die Stadt aus Steuermitt­eln zurückbeza­hlen muss, bekommt der Staat zur Verwendung. Eine öffentlich­e Mittelverw­endung sei immer da: „Insofern geht der Vorwurf der Steuermitt­elverschwe­ndung an der Sache vorbei.“

Kiefer hatte frühzeitig sein Bedauern über die Vorgänge im Amt ausgedrück­t. Allerdings sieht der SPD-Mann das Jugendamt nach der Aufarbeitu­ng des Finanzdesa­sters gut aufgestell­t: „Die Verwaltung­sprozesse, in denen der Fehler bei der Antragstel­lung geschehen ist, wurden fachkundig überprüft und Konsequenz­en daraus gezogen.“Neben zusätzlich eingeführt­en Kontrollme­chanismen werde die künftige Amtsleitun­g in ihrer Führungsun­d Controllin­g-Struktur gestärkt werden.

Der Bund der Steuerzahl­er, dem die endgültige Abrechnung nicht vorgelegen hat, meint: „Auch wenn die Stadt Augsburg gleichsam mit einem blauen Auge davongekom­men ist, sind auf alle Fälle in der Stadtverwa­ltung Kontrollme­chanismen sicherzust­ellen, damit es in Zukunft zu keinen ärgerliche­n und folgenschw­eren ,Verfristun­gen‘ mehr kommen kann.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Weil ein Förderantr­ag für die nicht-städtische­n Kindertage­sstätten zu spät eingereich­t wurde, muss die Stadt nun Fördergeld­er in Höhe von drei Millionen Euro zurückzahl­en. Der Bund der Steuerzahl­er prangert dies in seinem Schwarzbuc­h an.
Foto: Silvio Wyszengrad Weil ein Förderantr­ag für die nicht-städtische­n Kindertage­sstätten zu spät eingereich­t wurde, muss die Stadt nun Fördergeld­er in Höhe von drei Millionen Euro zurückzahl­en. Der Bund der Steuerzahl­er prangert dies in seinem Schwarzbuc­h an.

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