Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jugendamt: Panne kostet Stadt drei Millionen
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Vorgänge im städtischen Jugendamt. Deshalb taucht Augsburg nun im Schwarzbuch auf. Das Ausmaß des Desasters ist größer als gehofft
Die Panne im Jugendamt kostet die Stadt nun doch mehr, als sie gehofft hatte: Weil ein Förderantrag um einen Werktag zu spät eingereicht wurde, muss die Stadt knapp drei Millionen Euro zurückzahlen. Dieser Betrag war zuletzt mehrfach genannt worden – als schlechteste Lösung. Jetzt ist bekannt, dass es genau darauf hinauslaufen wird.
Die drohende Rückzahlung der gesamten Förderung in Höhe von 28,5 Millionen Euro war im Sommer schnell vom Tisch. Doch während mit dem Freistaat eine Lösung gefunden wurde, die die Stadt Augsburg spürbar entlastete, gab es mit dem Bund keine Verständigung. Die Stadt hatte darauf hingearbeitet, im Fall einer Einigung hätte sie nur 1,15 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Doch aus diesem Deal wird nun nichts.
Die Bekanntgabe der Summe ist Folge eines für die Stadt nicht erfreulichen Vorgangs, der Augsburg nun auch ins Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler brachte. Darin wird jedes Jahr angeprangert, wo Steuergelder verschwendet wurden. In der Vergangenheit tauchte mehrfach der Augsburger Hauptbahnhof auf, es ging um die Kostenexplosion. In diesem Jahr ist es das Finanzdebakel im städtischen Jugendamt.
Hintergrund war ein verspäteter Zuschussantrag für nicht-städtische Kitas durch das Jugendamt im vergangenen Sommer. Erst eine Gesetzesänderung des bayerischen Landtags hatte Augsburg vor der Rückzahlung des kompletten Zuschusses bewahrt. Der Steuerzahlerbund, dessen bayerischer Präsident der Augsburger CSU-Stadtrat Rolf von Hohenhau ist, sprach am Dienstag von einem „chaotischen Controlling“seitens der Stadt Augsburg.
Der Steuerzahlerbund kritisiert das Agieren der Verwaltung massiv und erinnert an die Folgen des Finanzdesasters. Aus dem Debakel wurden unverzüglich personelle Konsequenzen gezogen: Die Jugendamtsleiterin musste ihren Posten räumen und wurde innerhalb der Stadtverwaltung versetzt. Gegen den unglücklich sachbearbeitenden Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Um künftig folgenschweren Fehlern vorzubeugen, wurden konkrete „Vorgaben zur Fristenkontrolle und Überprüfung von Vorgängen durch die Vorgesetzten“verfügt.
In welcher Höhe die Rückzahlung für die Kommune ausfällt, war zuletzt eine Hängepartie. Sicher war, dass die Stadt für 1,07 Millionen Euro aufkommen muss, die nicht vom Freistaat übernommen werden. Offen blieb die Höhe der Rückzahlungssumme, die mit dem Bund als Fördergeber auszuhandeln war. Zum aktuellen Stand des Verfahrens sagte Sozialreferent Stefan Kiefer, in dessen Zuständigkeit das Jugendamt liegt, am Dienstag auf AZ-Anfrage: „Der Vorgang ist schmerzlich und ärgerlich für die Stadt, weil sie voraussichtlich bis zu drei Millionen Euro weniger zur Verfügung hat.“
Eine Verschwendung von Steuergeldern will Sozialreferent Kiefer jedoch nicht erkennen: „Eine Vergeudung von Steuermitteln hat durch diese Fristversäumnis nicht stattgefunden.“Der Freistaat werde letztlich einen für die Kinderbetreuung gewidmeten Anteil an Steuermitteln in eben dieser Höhe zurückbekommen und für andere Zwecke einsetzen können. Kiefers Lesart der Dinge lautet: Das, was die Stadt aus Steuermitteln zurückbezahlen muss, bekommt der Staat zur Verwendung. Eine öffentliche Mittelverwendung sei immer da: „Insofern geht der Vorwurf der Steuermittelverschwendung an der Sache vorbei.“
Kiefer hatte frühzeitig sein Bedauern über die Vorgänge im Amt ausgedrückt. Allerdings sieht der SPD-Mann das Jugendamt nach der Aufarbeitung des Finanzdesasters gut aufgestellt: „Die Verwaltungsprozesse, in denen der Fehler bei der Antragstellung geschehen ist, wurden fachkundig überprüft und Konsequenzen daraus gezogen.“Neben zusätzlich eingeführten Kontrollmechanismen werde die künftige Amtsleitung in ihrer Führungsund Controlling-Struktur gestärkt werden.
Der Bund der Steuerzahler, dem die endgültige Abrechnung nicht vorgelegen hat, meint: „Auch wenn die Stadt Augsburg gleichsam mit einem blauen Auge davongekommen ist, sind auf alle Fälle in der Stadtverwaltung Kontrollmechanismen sicherzustellen, damit es in Zukunft zu keinen ärgerlichen und folgenschweren ,Verfristungen‘ mehr kommen kann.“