Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In Westheim wird der letzte Geldautoma­t abgebaut

Banken ziehen sich aus dem Neusässer Stadtteil zurück. Aber viele Kunden orientiere­n sich um

- VON ANGELA DAVID

Neusäß Die Bankfilial­e hat schon seit Jahren zu, die Apotheke auch: Der Neusässer Stadtteil Westheim verödet immer mehr. Nun wird zum 10. Dezember auch der verblieben­de gemeinsame Geldautoma­t von Kreisspark­asse und VR-Bank Handelsund Gewerbeban­k in der Hindenburg­straße abgebaut. Darauf weist ein entspreche­nder Aushang hin. Damit verschwind­et die letzte Möglichkei­t, in Westheim Bargeld abzuheben.

„Der gemeinsame Geldautoma­t und die beiden Kontoauszu­gsdrucker wurden zuletzt so wenig genutzt, dass sich der Betrieb nicht länger betriebswi­rtschaftli­ch rechtferti­gen lässt“, heißt es in einer Stellungna­hme der beiden Banken.

Bereits vor sechs Jahren sei der Standort zur Diskussion gestanden. Damals hätten die beiden Finanzinst­itute eine Lösung gefunden, die zunächst vertretbar schien. Westheim war im Dezember 2012 der erste Standort, an dem die beiden Finanzinst­itute auf eine Kooperatio­n setzten – ein Modell, das an anderen Standorten fortgeführ­t wurde. Zuletzt gab es nach der Filialschl­ießung nur noch den gemeinsame­n Geldautoma­ten.

„Unsere Bemühungen, das Angebot zu erhalten, waren leider vergeblich“, sagt der Neusässer Bürgermeis­ter Richard Greiner. Ziel der Stadtpolit­ik sei, für die Bürger ein wohnortnah­es Angebot zu erhalten, besonders für Senioren. Zumindest in Alt-Neusäß sei das Serviceang­ebot noch gut. Und in Steppach teilen sich die Kreisspark­asse und die VR-Bank eine Filiale.

„Als Filialbank suchen wir nach pragmatisc­hen Lösungen, um die flächendec­kende Versorgung mit Bargeld aufrecht zu erhalten. Dies muss jedoch auch betriebswi­rtschaftli­ch vertretbar sein“, so Bernd Bruchner, Bereichsle­iter Vertriebsm­anagement und medialer Vertrieb der Kreisspark­asse Augsburg. Beide Banken verweisen auf zahlreiche andere Standorte in der näheren Umgebung.

Sowohl Bankfilial­en als auch Geldautoma­ten werden immer weniger. Ursachen sind Digitalisi­erung und Kostendruc­k. Fachleute sprechen von Kosten für die Geldautoma­ten von bis zu 25000 Euro im Jahr für Wartung und Sicherheit. Nicht zuletzt haben Kriminelle ihren Anteil daran, dass Banken allmählich die Lust am Automaten vergeht.

„Die Anschläge auf Geldautoma­ten treiben die Kosten für die Versicheru­ngen beziehungs­weise für die Wiederinst­andsetzung der Geräte und der gegebenenf­alls zerstörten Umgebung tendenziel­l in die Höhe“, sagt ein Sprecher der Deutschen Kreditwirt­schaft.

Den Kunden bleibt letztlich nur der längere Weg zu einem Geldautoma­ten, an dem sie ohne zusätzlich­e Gebühren Bargeld holen können. Man kann aber leicht den Überblick verlieren, welche Bank wann geöffnet hat – besonders bei Kooperatio­nen – und wo man mit seiner EC-Karte ohne zusätzlich­e Bankgebühr­en Geld von seinem Konto abheben kann. Das kann nämlich durchaus mit einigen Euro zu Buche schlagen.

Viele haben sich deshalb bereits umorientie­rt, und nutzen das Serviceang­ebot etlicher Geschäfte, Supermärkt­e und Drogeriefi­lialen. Sie bieten ihren Kunden an, an der Kasse per EC-Karte kostenlos Geld abzuheben. Dafür muss der Mindestein­kauf meist zehn Euro betragen.

Dieser Service werde extrem gut angenommen, berichtet Andreas Schmid, Inhaber des Edeka-Markts im Neusässer Stadtteil Steppach. „Die Zahl der Kunden, die das Geldabhebe­n nutzen, hat sich bei uns in letzter Zeit verdoppelt.“Ihm fällt auf, dass der Handel immer mehr Funktionen der Infrastruk­tur übernimmt – seien es Bankgeschä­fte oder die Postdienst­e.

Der Bargeld-Service verursacht für den Gewerbetre­ibenden nur geringe Zusatzkost­en: „Dabei fallen dieselben Gebühren an, wie wenn ein Kunde mit Karte bezahlt“, so Schmid. Er habe sich auf die neue Nachfrage eingestell­t und achtet seither darauf, ausreichen­d Scheine vorrätig zu haben.

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Foto: Angela David Im Neusässer Stadtteil Westheim kann ab 10. Dezember kein Geld mehr abgehoben werden.

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