Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nach der Revolution: Bauern und Arbeiter, geht das zusammen?
Die Revolution im Reich und in Bayern scheint erst einmal geglückt, die Rote Fahne weht auch in Augsburg. Doch wie es weitergeht, ist ungewiss. Die Herrschaft wurde in den Städten errungen. Aber wenn sie von der Landbevölkerung nicht anerkannt wird, bleibt sie wohl von kurzer Dauer …
Die von dem Arbeiter- und Soldatenrat Augsburg auf Montag Nachmittag nach Augsburg in den Ludwigsbau einberufene Versammlung war wider Erwarten ziemlich gut besucht, wohl infolge des Umstandes, dass der Protest der schwäbischen Bauern-Organisation gegen diese Zusammenkunft zu spät in der bürgerlichen Presse erschienen war, um von den in Frage kommenden Kreisen noch rechtzeitig zu beachtet werden. Der sozialdemokratische Abgeordnete Renner hielt das Referat. Er versuchte, den Bauern die „Vorteile des Sozialismus“ möglichst mundgerecht zu machen und den Bauern die „Verderbtheit der bürgerlichen Parteien“vorzuführen. An das Referat schloß sich eine längere Aussprache an, nach der folgende Resolution angenommen wurde:
„Es haben sich alsbald Bezirks-Bauernräte in allen schwäbischen Bezirksämtern zu bilden. Wo Bezirks-Bauernräte bereits vorhanden sind, sind Ergänzungs- oder Neuwahlen zu vollziehen. Die Bezirks-Bauernräte wählen aus ihrer Mitte heraus je zwei bis drei Delegierte, deren Namen dem Arbeiter- und Soldatenrat Augsburg mitgeteilt werden sollen. Ist dies geschehen, wird der Arbeiter- und Soldatenrat Augsburg diese Delegierten zu einer Sitzung nach Augsburg einladen, bei welcher die Wahl eines Kreisausschusses der schwäbischen Bauernräte betätigt werden soll, der dann in engster Gemeinschaft mit dem schwäbischen Kreis-Soldatenund Arbeiterrat zusammenarbeitet.“Bemerkenswert ist bei dieser Entschließung, dass den bisherigen landwirtschaftlichen Organisationen Schwabens jeder Einfluß versagt, bzw. abgestritten wird. Ferner wurde noch folgender Beschluss angenommen:
Die jetzige Landesorganisation der Bauernräte in Bayern kann von der heute in Augsburg tagenden Versammlung nicht als eine Landesversammlung der Bauernschaft Bayerns anerkannt werden. Sie ist es erst dann, wenn von jedem Bezirk ein Vertreter nach München gesandt wird und dann aus dieser Körperschaft heraus 50 Mitglieder des Vorparlaments gewählt werden. Der zu bildende Kreisausschuß der schwäbischen Bauernräte wurd beauftragt, im Sinne dieser Resolution zu wirken.“
Gegen die Ausführungen des Hauptredners und der sozialdemokratischen Diskussionsredner, so weit sie Vorwürfe gegen die bürgerlichen Parteien erhoben, die Trennung von Staat und Kirche forderten und Angriffe gegen die Geistlichkeit richteten, wurden aus der Versammlung häufig Widerspruch und Pfuirufe laut, die sich fast zur Hälfte gelichtet hatte, als die beiden Erschließungen angenommen wurden.