Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Er kommt, singt und will helfen
Michael Patrick Kelly, einst Mitglied der Kelly Family, hat sich frei geschwommen. Nun kommt er in die Schwabenhalle. Den Erlös des Konzertes spendet er an ein soziales Projekt
Die Kelly Family ist derzeit oft in Dokumentationen und Auftritten im Fernsehen zu sehen. Sie sind nicht dabei, warum?
Kelly: Der Großteil der Menschen hat mittlerweile verstanden, dass ich ein Ex-Mitglied der Kelly Family bin. Die letzte gemeinsame Tour liegt schon 14 Jahre zurück und seitdem bin ich auf einem eigenen Weg. Mein Album-Titel „iD“steht nicht nur für „Identität“, sondern es sind auch die Initialen für „In Development“(Entwicklung). Auch wenn ich für meine Vergangenheit sehr dankbar bin, ist es mir als Künstler wichtig, nicht dort stehen zu bleiben, sondern mich musikalisch weiter zu entwickeln.
Was Sie bisher erlebt haben, reicht normalerweise für drei Leben. Hätten Sie ihre Jugend lieber etwas ruhiger gehabt?
Kelly: Ich denke gerne an meine außergewöhnliche Kindheit und Jugend zurück, die vielen Reisen im Doppeldeckerbus oder die Zeit, in der ich als Kind auf dem Schiff lebte, das war schon abenteuerlich. Aber klar, kein Leben ist perfekt.
Der letzte Song auf ihrer Live-CD heißt „Hope“. Gibt es in Ihren Augen mehr Hoffnung oder mehr Ängste für die gesamte Welt?
Kelly: Ich glaube, wir Menschen sind von Natur aus hoffnungsvolle Wesen, aber natürlich gibt es Situationen, die einem die Hoffnung rauben können. Da ist es entscheidend, dass man sich an Menschen wenden kann, die sie nicht verloren haben. In Deutschland sagt man „Die Hoffnung stirbt zuletzt“und in der Regel singe ich dieses Lied „Hope“als letztes Stück auf meinen Konzerten.
Sie sind vor Jahren dem ganzen Medienrummel dadurch entgangen, indem Sie für Jahre in ein Kloster in Frankreich gegangen sind. Jetzt ist der ganze Trubel wieder für Sie da. Wie fühlt sich das an?
Kelly: Ich bin nicht in erster Linie wegen dem „Rummel“ins Kloster gegangen. Das war sicher auch ein Grund, aber es war vor allem, um meinen spirituellen Interessen nachgehen zu können. Heute mache ich öfter Ferien, verteilt übers Jahr. Holidays sind Urlaubszeiten und Holydays sind Offline-Tage in Klöstern und in der Natur. Das hilft, um eine gute Balance zu halten. Auftritte in großen Hallen, Treffen mit Journalisten, Fernsehaufnahmen für „The Voice of Germany“. Ist das nicht ein wieder fremdbestimmtes Leben, oder können Sie damit besser umgehen?
Kelly: Ich werde nicht fremdbestimmt. Ich treffe alle großen Entscheidungen selber und bei den meisten Anfragen, die reinkommen, gibt es Absagen. So haben Kochoder Tanz-Shows keine Chance bei mir. Ich mache Musik, das ist mein Element und meine Sprache, da bin ich wie ein Fisch im Wasser. Aber selbst bei den Musikshows sind für mich nicht alle qualitativ überzeugend. Deshalb bin ich bei „The Voice“und nächstes Jahr auch bei „Sing meinen Song“, weil das einfach die besten Musiksendungen im deutschen Fernsehen sind.
Wie wichtig sind für Sie die Umsatzzahlen der CD oder Einschaltquoten? Kelly: Ich glaube, jeder Künstler freut sich, wenn seine Musik viele Menschen anspricht und erreicht, und so geht’s mir auch. Gold- und Platinauszeichnungen oder Einschaltquoten sind Symbole und Messlatten für Quantität. Was mich aber besonders glücklich macht, ist ein Feedback zur Qualität. Wenn Leute mir sagen, dass sie zu einem meiner Songs geheiratet haben, oder Jugendliche ein Referat in der Schule über einen Songtext von mir halten, das ist cool. Ich bekomme auch Feedback von Menschen, die sagen, dass meine Musik ihnen in schweren Zeiten Kraft gibt. Solche Rückmeldungen sind wertvoller als jede Goldene Schallplatte.
Sie waren erst im Juni in Augsburg, und zwar in der Kongresshalle bei der „Schön“-Konferenz des GebetshausLeiters Johannes Hartl. Was hat sie da hingeführt?
Kelly: Ich fand den Ansatz, sich über Schönheit in der Kunst auszutauschen, sehr spannend, weil ein Großteil der modernen Kunst den Sinn für Schönheit komplett verloren hat. Außerdem waren auch echt tolle Gäste wie Wim Wenders und andere beeindruckende internationale Künstler da.
Sie engagieren sich immer wieder für Friedensprojekte, wurden sogar schon verhaftet. Sehen Sie eine friedliche Zukunft für Syrien oder den Jemen? Kelly: Ja. Frieden ist immer möglich, es ist eine Aufgabe. Frieden schließt man ja nicht mit Freunden, sondern mit dem „Feind“, das ist es, was die Sache so schwer macht. Ich habe aber in Bezug auf Syrien und den Jemen zu wenig Expertise, um eine ernsthafte Einschätzung geben zu können.
Gibt es für Sie Vorbilder? Wenn ja, wer?
Kelly: Ich war neun Jahre alt, als ich zum ersten Mal auf ein Konzert von Bruce Springsteen durfte. Ich war von seinem über vierstündigen Auftritt im Frankfurter Waldstadion vor 60 000 Leuten sehr beeindruckt. Ich habe damals zu mir selbst gesagt, „das will ich auch“, und zehn Jahre später durfte ich im gleichen Stadion auch vor 60000 Besuchern auftreten. Er ist nach wie vor ein Vorbild für mich.
Sie spenden den Erlös ihres Augsburger Konzerts dem Projekt Eser 21. Wie sind sie auf dieses Projekt gekommen? Kelly: Ich unterstütze seit Jahren Hilfsprojekte in Afrika, aber es gibt auch hierzulande eine Menge Leute, die durch verschiedenste Lebensbrüche und Krisen dringend Hilfe brauchen, deshalb halte ich immer die Ohren auf. Freunde von mir haben von Eser 21 erzählt und da ich vor über 20 Jahren selber als junger Mann eine schwere Lebenskrise hatte, wollte ich mehr über dieses beeindruckende Projekt erfahren. Im Eser 21 wird jungen Menschen, die mit großen Schwierigkeiten, ausgelöst durch traumatische Erfahrungen, zu kämpfen haben, therapeutische Hilfe angeboten. Viele Mitarbeiter machen einen Großteil ihrer Arbeit ehrenamtlich, weil nicht genügend finanzielle Mittel da sind. Wegen der hohen Nachfrage von jungen Leuten muss das Projekt sich auf zwei weitere Häuser ausweiten. Ich habe mich deshalb dazu entschieden, mit dem Konzert in Augsburg zu helfen.
Wie genau sieht ihre Hilfe aus?
Kelly: Der Erlös des Konzerts in der Fuggerstadt geht an die Einrichtung. Den genauen Betrag kann ich erst nach dem Konzert sagen, da er von den Ticketverkäufen abhängig ist. Ich will, sofern es irgendwie möglich ist, auch persönlich dort vorbeischauen.
ODas Interview führte Lilo Murr
Info Das Konzert von Michael Patrick Kelly findet am Mittwoch, 28. November, 20 Uhr, in der Schwabenhalle statt. Das Konzert ist bestuhlt, Karten gibt es an bekannten Vorverkaufsstellen und an der Abendkasse. Michael Patrick Kelly, geboren 1977 in Dublin, ist das drittjüngste Mitglied der Kelly Family, die Millionen an Tonträgern verkaufte. Er war der Mädchenschwarm der Gruppe. Längst geht er eigene Wege und hat mit „iD“ein Album herausgebracht, das Platin bekam. Wir sprachen mit dem Künstler, der den Erlös des Auftritts an Eser 21 spendet, einer Einrichtung, die psychisch kranken Menschen Hilfe bietet.