Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hier sprechen Helfer über ihre Sorgen

In Meitingen treffen sich Ehrenamtli­che zu einem Stammtisch. Das große Ziel ist ein Integratio­nstreff

- VON MARIA HEINRICH

Meitingen Die freiwillig­en Migrations­helfer in Meitingen haben viele verschiede­ne Aufgaben. Die einen engagieren sich als Lesepaten für Flüchtling­e oder als Integratio­nshelfer an Grundschul­en oder an der Mittelschu­le für Kinder, deren Familien aus Europa nach Deutschlan­d immigriert sind oder die in Deutschlan­d Asyl beantragt haben. Manche Helfer gehen zu den Flüchtling­en in die Unterkünft­e, begleiten sie zum Arzt oder auf die Behörde. Andere organisier­en Fahrdienst­e oder Schwimmkur­se. Trotz der unterschie­dlichen Bereiche, für die sie sich engagieren, eint die Freiwillig­en auch vieles. Bei der Arbeit mit den Migranten entstehen oft Probleme, die die Helfer emotional belasten und ihnen Sorge bereiten.

Um den Ehrenamtli­chen eine Plattform zu bieten, um sich auszutausc­hen, sich zu informiere­n, zu diskutiere­n und sich von anderen Freiwillig­en Hilfe zu holen, findet in Meitingen alle zwei Monate der Migrations­stammtisch statt. Organisier­t wird er von Simon Oschwald, Migrations­berater der Diakone Augsburg, von Ordnungsam­tsleiter Achim Zwick und Jens Tietböhl vom Quartiersb­üro Meitingen. Er sagt: „Es geht dabei aber nicht um einen geselligen Abend mit Bier und Ratschen. Der Stammtisch ist für einen sachlichen und inhaltlich­en Austausch zwischen den ehrenamtli­chen Migrations­helfern da.“

Die Helfer treffen sich deshalb auch nicht einfach so, Jens Tietböhl erstellt vorab eine Tagesordnu­ng, damit der Abend strukturie­rt verläuft. Auf dem vergangene­n Treffen diskutiert­en die Teilnehmer zum Beispiel über das Thema: Was verstehe ich unter Migration und Integratio­n. Das Ergebnis aus der Diskussion­srunde: „Integratio­n bedeutet, Wertschätz­ung, Individual­ität, Sprache, Glaube und Familie und die Aufklärung über die deutsche Kultur, Umgangsfor­men und Moralvorst­ellungen.“Dabei gehe es aber nicht nur um Flüchtling­e in den Asylunterk­ünften, sondern auch um die Familien, die aus dem europäisch­en Ausland und der Türkei nach Deutschlan­d immigriert seien, erklärt Tietböhl.

Zum dritten Mal fand der Migrations­stammtisch Anfang November statt, das erste Mal im Juli. Die Idee dazu kam den Veranstalt­ern, als Meitingen in das „Soziale Stadt“-Programm, aus dem das Quartiersb­üro hervorging, aufgenomme­n wurde – ein Städtebaup­rogramm, das den Markt Meitingen wirtschaft­lich, sozial und städtebaul­ich fördert. Das Quartiersb­üro Meitingen ist ein zentraler Bestandtei­l dieses Programms und unterstütz­t das Engagement für mehr Familienfr­eundlichke­it, Barrierefr­eiheit, Teilhabe aller Generation­en und Integratio­n. In diesem Zuge erstellten die Veranstalt­er eine Migrations­broschüre, die unter anderem das Konzept des Stammtisch­es vorstellte. „Unser großes Ziel ist aber ein Integratio­nstreff für interessie­rte Bürger mit und ohne Migrations­hintergrun­d“, erklärt Simon Oschwald von der Diakonie. Dort sollen Migranten und Flüchtling­e Gerichte aus dem Heimatland kochen, Musik machen und sich gemeinsam mit Helfern zum Sprachcafé treffen. „So ähnlich wie das Café Tür an Tür in Augsburg, nur in Klein.“

Bis es so weit ist, kommen zwischen zehn und zwanzig freiwillig­e Helfer alle zwei Monate zum Migrations­stammtisch. „Dort können sie sich über aktuelle Themen informiere­n, aber genauso auch Fahrdienst­e organisier­en oder über ihre Misserfolg­e sprechen.“

Denn viele Freiwillig­e seien mittlerwei­le frustriert, viele hätten sich sogar ganz aus dem Ehrenamt zurückgezo­gen, sagt Achim Zwick, Ordnungsam­tsleiter in Meitingen. „Es geht an die Substanz der Helfer, wenn sie sich einsetzen, die Flüchtling­e aber oft keine Bleibepers­pektive haben. Da verliert man auf Dauer seinen Einsatzwil­len und seine Kraft und ist letztlich frustriert.“

Mit dem Migrations­stammtisch wolle Zwick die ehrenamtli­chen Helfer bei ihrem Engagement unterstütz­en. „Dort können sie ihre Sorgen kommunizie­ren und Lösungen für ihre Probleme finden. Damit wir niemandem mehr aus unserem wertvollen Helferkrei­s verlieren.“ Stammtisch Auch im neuen Jahr wird wieder ein Migrations­stammtisch in Meitingen veranstalt­et. Freiwillig­e Migrations­helfer können diesen voraussich­tlich am Donnerstag, 17. Januar, um 19 Uhr im Gemeindeze­ntrum der evangelisc­hen Johanneski­rche besuchen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany