Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was bedeuten die Geheimzeic­hen im Wald?

Wie sich Förster und Waldarbeit­er ohne Worte verständig­en und was Graffiti auf der Rinde alles verraten

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Schräge rote Striche, abfallende weiße Linien, gelbe Bänder und Punkte: Wer aufmerksam durch den Wald geht, kann die unterschie­dlichsten Zeichen an Bäumen entdecken. Ist das die Geheimspra­che der Förster? „So geheim ist sie gar nicht“, erklärt der Leiter des Zusmarshau­ser Forstbetri­ebs der Bayerische­n Staatsfors­ten, Hubert Droste. Er sagt: „Sie sind für Förster und Waldarbeit­er wichtige Instrument­e im Arbeitsall­tag.“Silke Kettner, Revierleit­erin des Forstrevie­rs Biburg-Nord, erklärt bei einem Rundgang, was die Symbole bedeuten.

Es ist gespenstis­ch ruhig im großen Waldstück zwischen Biburg und Horgau. Nur das Knacken der Äste unter den Füßen ist zu hören. Der Nebel hängt in den Baumkronen und sinkt immer tiefer – wer sich hier nicht auskennt, würde sich jetzt verlaufen. Orientieru­ng geben Spaziergän­gern nur die kleinen Wegweiser, die an Gabelungen aufgestell­t sind. Und die Waldarbeit­er? Sie suchen nach weißen Ringen. Das bedeuten sie:

● Sie markieren die Grenze zwischen Waldabteil­ungen innerhalb eines Forstbetri­ebes. Abteilunge­n tragen Nummern und eigene Namensbeze­ichnungen, wie beispielsw­eise die Abteilung 12 Pfaffenber­g im Forstrevie­r Biburg-Nord.

● Sie stehen für die Staatswald­grenze. Hier endet die Staatswald­fläche, und Privat- oder Kommunalwa­ld beginnt. Übrigens: Der Wald, um den sich der Forstbetri­eb kümmert, erstreckt sich über eine Fläche von 14 000 Hektar in den Landkreise­n Augsburg, Günzburg und Dillingen.

● Diese Bäume markieren die seitliche Begrenzung einer Rückegasse. Auf dieser Spur dürfen Maschinen in den Wald fah- um Bäume zu fällen oder gefälltes Holz einzusamme­ln. Die Fallrichtu­ng des Striches zeigt dabei die kürzeste Entfernung zur nächsten Waldstraße an.

● Während sich die Striche mit der Spraydose noch leicht auf die Baumrinde sprühen lassen, ist bei diesem Symbol etwas Kunstferti­gkeit gefragt: Silke Kettner zeichnet mit geschwunge­ner Linie ein Symbol, das an einen Specht erinnert. Es markiert einen Biotopbaum – er hat eine besondere Bedeutung für den Naturschut­z, beispielsw­eise eine Specht-Höhle. Wichtig: Der Biotopbaum darf nicht gefällt werden und verbleibt im BeDiese stand. Förster ohne künstleris­che Begabung behelfen sich mit einer Wellenlini­e.

Wichtig sind für Förster auch die folgenden Zeichen – sie kommen am häufigsten vor.

● Er zeigt an, dass der Baum gefällt werden kann. ●

Dieser Baum hat eine Zukunft. Er überzeugt durch eine besonders gute Form und Wuchsleist­ung. Er bleibt im Bestand und wird gezielt gefördert, indem einzelne Nachbarbäu­me (roter Schrägstri­ch) gefällt werden.

● Diese gut geformten Bäume – meist Lärchen oder Douren, glasien – sollen wertvoll werden: Sie werden deshalb geastet. Das heißt: Äste werden am unteren Stamm entfernt. Die sogenannte Wertastung ist eine langjährig­e Handarbeit und entspreche­nd aufwendig. ● Ihn sehen Förster gar nicht gern: Er bedeutet, dass Borkenkäfe­r im Baum stecken und er schnellste­ns aus dem Wald muss.

● Er findet sich häufig im Umkreis eines Käferbaums und bedeutet: Der Baum ist noch nicht vom Käfer befallen, muss aber kontrollie­rt werden. Im schlimmste­n Fall wird aus dem Kreis ein roter Punkt.

● „Dgl“, „Bu“, „Ta“stehen für die Baumarten – zeitnah sollen Douglasien, Buchen oder Tannen gepflanzt und somit die nächste Waldgenera­tion begründet werden. Auf dem verkaufsfe­rtig an der Waldstraße gelagerten Holz finden sich verschiede­ne Zahlen, die für die forstbetri­ebsinterne Verbuchung nötig sind. Die Buchstaben­kürzel stehen für den jeweiligen Holzkäufer. An die Stirnseite­n des Holzes sind oft auch Formulare getackert. Diese sogenannte­n Polterzett­el beinhalten den internen Verbuchung­sschlüssel und geben den Zielort der Stämme für den Transportd­ienst an.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Revierleit­erin Silke Kettner sprüht einen Specht auf die Buche, um ihren Kollegen zu zeigen: Dieser Baum hat eine besondere Bedeutung für den Naturschut­z.
Fotos: Marcus Merk Revierleit­erin Silke Kettner sprüht einen Specht auf die Buche, um ihren Kollegen zu zeigen: Dieser Baum hat eine besondere Bedeutung für den Naturschut­z.
 ??  ?? Der rote Strich bedeutet: Der Baum kann gefällt werden.
Der rote Strich bedeutet: Der Baum kann gefällt werden.
 ??  ?? Diese Fichte hat Zukunft und braucht ringsherum Freiraum für ihren Wuchs.
Diese Fichte hat Zukunft und braucht ringsherum Freiraum für ihren Wuchs.
 ??  ?? Der gelbe Punkt verrät: Der Baum muss geastet werden.
Der gelbe Punkt verrät: Der Baum muss geastet werden.

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