Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Digitale Hoffnungsträgerin
Was muss eine bayerische Digitalministerin können? Glasfaserkabel verlegen? Künstliche Intelligenz erforschen? Apps programmieren? Nein, sagt Judith Gerlach und erklärt, worauf es in ihrem neuen Amt wirklich ankommt
Würzburg Dass sie als politische Hoffnungsträgerin gilt, sieht man Judith Gerlach nicht an. Auf den ersten Blick zumindest. Angenehm unaufgeregt, so gar nicht eitel präsentiert sich die neue, die erste bayerische Digitalministerin. Schnell wird klar: Obwohl gerade erst 33 Jahre alt geworden, ist die CSU-Politikerin aus Weibersbrunn (Landkreis Aschaffenburg) kein politisches Leichtgewicht. Judith Gerlach weiß, was sie kann – und was sie will.
Unter den Journalisten, die über Landespolitik berichten, ist die gebürtige Würzburgerin aktuell eine gefragte Gesprächspartnerin – sozusagen die personifizierte Verweiblichung und Verjüngung der Bayerischen Staatsregierung. Wann sie von Markus Söders Plan erfahren hat, sie ins Kabinett zu berufen? Exakt mag in Sachen Digitalisierung wird“, sagt sie ganz im Duktus eines Markus Söder. Aber sie bekennt auch: „Da gibt es noch einiges zu tun.“Ihr Ministerium, das derzeit am Oskar-von-Miller-Ring in München aufgebaut wird, solle eine Art „Think Tank“(Denkfabrik) sein, Leuchtturmprojekte entwickeln – und die Aktivitäten der Staatsregierung bündeln. Für den Breitbandausbau bleibt also der Fizen-Standort nanzminister federführend, bei der Forschung in Sachen künstlicher Intelligenz der Wissenschaftsminister. Was also macht sie konkret? Da bittet Judith Gerlach, doch mal ihre ersten hundert Tage im Amt abzuwarten.
Um die ganz Ungeduldigen zu beruhigen, hat sich die Ministerin derweil zum Facebook- und zum Instagram-Profil dann doch auch noch einen Twitter-Account zugelegt. 1800 Follower hatte sie nach einer Woche. „Vielen Dank für eure Glückwünsche, Anfragen, Angebote und Einladungen, die mich in den letzten zwei Wochen über unterschiedlichste Wege erreicht haben“, zwitschert sie unter dem Hashtag #ministeriuminprogress. Bis sie Kollegin Dorothee Bär einholt, wird’s noch etwas dauern. Der Staatsministerin für Digitales auf Bundesebene folgen bei Twitter mittlerweile über 82 000 Nutzer. Demnächst wollen sich die beiden Frauen zum Fachgespräch treffen.
Die neue Ministerin stammt aus einer politischen Familie. Großvater Paul Gerlach (1929-2009) war von 1969 bis 1987 CSU-Abgeordneter im Bundestag, Vater Thomas Gerlach sitzt – ebenfalls für die CSU – im Stadtrat von Aschaffenburg. Er sei ihr politisches Vorbild, sagt die Ministerin. Als Teenager habe sie ihn gern mal mit CSU-kritischen Anmerkungen zu Büchergeld oder Studiengebühren provoziert und dabei das Argumentieren gelernt.
Der Vater sei es auch gewesen, der ihr das „nötige Gespür auch für die kleinen Sorgen der Menschen“vermittelt habe. Auch die ältere Dame, die sich durch das Flackern einer Straßenlaterne vor ihrem Fenster gestört fühlt, verdiene es, von der Politik ernst genommen zu werden. Mit 16 Jahren trat Judith Gerlach der Jungen Union bei.
Einer, der die Ministerin sehr gefördert hat, ist Winfried Bausback. Der bisherige Justizminister sieht die Entwicklung der 33-Jährigen „mit gewissem persönlichen Stolz“, wie er sagt. Schließlich sei er es gewesen, der sie 2013 für die Landtagskandidatur gewann. Die 33-Jährige sei eine „dynamische, zielstrebige Politikerin“. Sie werde sich schnell einarbeiten und das Ministerium gut führen, ist Bausback überzeugt. Dass Söder ausgerechnet ihn, den allseits anerkannten Justizminister, für Gerlachs Karrieresprung opferte, weil der Regionalproporz nicht zwei Minister vom Untermain verträgt, entbehrt gleichwohl nicht einer gewissen Tragik. Bausback: „Ich verhehle nicht, dass ich ihr und auch mir noch ein paar Jahre Parlamentserfahrung vor ihrem Sprung ins Kabinett gewünscht hätte.“Gerlach sagt, sie werde dem Kollegen weiterhin freundschaftlich verbunden bleiben.
Ins Schwärmen gerät die neue Ministerin, wenn sie von Barbara Stamm spricht. Die ehemalige