Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Er ist Landwirt aus Leidenschaft
Mit 23-Jahren ist Michael Birle aus Breitenbronn Landwirtschaftsmeister. Von den TV-Klischees über seinen Beruf hält er nichts. Wie steht es um den Nachwuchs in der Branche?
Dinkelscherben-Breitenbronn Er erkennt sie alle am Euter. Wenn Landwirt Michael Birle durch seinen Stall geht, spürt man seine Leidenschaft für die Tiere. Zwar hat nicht jedes einen Namen, doch am Euter erkennt Birle jede der rund 115 Kühe. Vor Kurzem hat der junge Milchbauer seinen Meister als Landwirt gemacht. Und das mit gerade einmal 23 Jahren. Beim Rundgang über den Hof spricht er über seine Liebe zum Beruf und zur Natur. Aber auch über Zukunftsängste und die Milchkrise.
Als sein Vater, Wolfgang Birle, den Hof in zweiter Generation übernahm, habe es hier nicht einmal halb so viele Kühe gegeben. Die Maschinen waren kleiner, der Stall sowieso. Doch um sich wirtschaftlich über Wasser halten zu können, habe man sich vergrößern und investieren müssen, erzählt Michael Birle. Zwar sei der Betrieb deutlich größer geworden, doch der Milchpreis nicht entsprechend gestiegen. Über eine Million Liter Milch werden auf dem Hof in Breitenbronn produziert. Etwa 10000 Liter pro Kuh. „Wir sind am Limit“, sagt Wolfgang Birle. Er klagt über zu hohe Auflagen und zu wenig Druck aus der Politik auf die Industrie. Auf Dauer könne es so nicht weitergehen. Dennoch ist er froh, dass sein Sohn in seine Fußstapfen als Landwirt tritt. Was treibt ihn an?
„Ich kann mir nichts anderes vorstellen“, sagt der 23-Jährige. Schon als Kind sei für ihn klar gewesen, den Hof einmal zu übernehmen. Die Tiere, die Natur, die abwechslungsreiche Arbeit – das entschädige für den stressigen Beruf. Denn während andere in seinem Alter an einem Sonntagvormittag ausschlafen, steht Birle jeden Tag um 6 Uhr morgens im Stall. „Zuerst werden die Kühe gefüttert, dann mache ich Frühstück“, sagt er. Ansonsten aber seien seine Arbeitstage sehr unterschiedlich. Gülle aufs Feld fahren, melken, den Papierkram erledigen oder Landmaschinen reparieren – als Landwirt müsse man ein Allrounder sein. Vieles habe ihm sein Vater oder sein Großvater beigebracht. Sie alle arbeiten auf dem Hof in Breitenbronn.
Das übrige Rüstzeug zum Landwirt lernte der 23-Jährige bei seiner Ausbildung und seiner Meisterprü- fung. Dabei beschäftigte sich Birle in einer wissenschaftlichen Arbeit mit verschiedenen Futtertechniken. Im Kern sei es darum gegangen, alternative Futterformen zu finden, die umweltfreundlicher sind. Während der 23-Jährige in seiner Abschlussarbeit blättert, wird klar, dass der Beruf wenig mit den gängigen Klischees gemein hat. „Als Bauer muss man doch nur Bulldog fahren“, habe einmal ein Bekannter zu ihm gesagt. „So etwas ärgert einen natürlich“, sagt Birle. Auch im Fernsehen sei das Bild vom dümmlichen Bauern, der keine Frau abbekommt, präsent. „Das schaue ich mir erst gar nicht an“, sagt Birle. Für ihn sei der vielseitige Beruf des Landwirts ein Traumjob.
Das sehe nicht nur der 23-Jährige so, meint Gabi Kniess vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sie unterstützt Auszubildende und Ausbildungsbetriebe im Landkreis. Derzeit gebe es pro Jahr rund 30 Azubis in den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg. Ein Wert, der seit Jahren in etwa gleich bleibe. „Wir haben weniger Nachwuchsprobleme als andere Landkreise“, sagt Kniess. Das liege vor allem an der ländlichen Struktur und der vergleichsweise hohen Dichte an Betrieben. Dennoch sei die Tendenz klar. „Vor 40 Jahren gab es natürlich viel mehr Nachwuchs unter den Landwirten“, erklärt Kniess. Rund doppelt so viele. Denn besonders kleine Betriebe mussten schließen. Als Grund nennt auch die Expertin steigendem Druck, hohe Auflagen und Konkurrenz aus dem Ausland für die landwirtschaftlichen Betriebe. Gleichzeitig erleichtere moderne Technik auch die Arbeit.
Wie die wohl in den kommenden Jahren aussehen wird? „Ich bleibe Landwirt“, sagt Birle. Denn bei all den Schwierigkeiten, die es in der Branche gebe, bleibe sein Beruf so vielseitig und spannend wie kein anderer.