Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Er ist Landwirt aus Leidenscha­ft

Mit 23-Jahren ist Michael Birle aus Breitenbro­nn Landwirtsc­haftsmeist­er. Von den TV-Klischees über seinen Beruf hält er nichts. Wie steht es um den Nachwuchs in der Branche?

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben-Breitenbro­nn Er erkennt sie alle am Euter. Wenn Landwirt Michael Birle durch seinen Stall geht, spürt man seine Leidenscha­ft für die Tiere. Zwar hat nicht jedes einen Namen, doch am Euter erkennt Birle jede der rund 115 Kühe. Vor Kurzem hat der junge Milchbauer seinen Meister als Landwirt gemacht. Und das mit gerade einmal 23 Jahren. Beim Rundgang über den Hof spricht er über seine Liebe zum Beruf und zur Natur. Aber auch über Zukunftsän­gste und die Milchkrise.

Als sein Vater, Wolfgang Birle, den Hof in zweiter Generation übernahm, habe es hier nicht einmal halb so viele Kühe gegeben. Die Maschinen waren kleiner, der Stall sowieso. Doch um sich wirtschaft­lich über Wasser halten zu können, habe man sich vergrößern und investiere­n müssen, erzählt Michael Birle. Zwar sei der Betrieb deutlich größer geworden, doch der Milchpreis nicht entspreche­nd gestiegen. Über eine Million Liter Milch werden auf dem Hof in Breitenbro­nn produziert. Etwa 10000 Liter pro Kuh. „Wir sind am Limit“, sagt Wolfgang Birle. Er klagt über zu hohe Auflagen und zu wenig Druck aus der Politik auf die Industrie. Auf Dauer könne es so nicht weitergehe­n. Dennoch ist er froh, dass sein Sohn in seine Fußstapfen als Landwirt tritt. Was treibt ihn an?

„Ich kann mir nichts anderes vorstellen“, sagt der 23-Jährige. Schon als Kind sei für ihn klar gewesen, den Hof einmal zu übernehmen. Die Tiere, die Natur, die abwechslun­gsreiche Arbeit – das entschädig­e für den stressigen Beruf. Denn während andere in seinem Alter an einem Sonntagvor­mittag ausschlafe­n, steht Birle jeden Tag um 6 Uhr morgens im Stall. „Zuerst werden die Kühe gefüttert, dann mache ich Frühstück“, sagt er. Ansonsten aber seien seine Arbeitstag­e sehr unterschie­dlich. Gülle aufs Feld fahren, melken, den Papierkram erledigen oder Landmaschi­nen reparieren – als Landwirt müsse man ein Allrounder sein. Vieles habe ihm sein Vater oder sein Großvater beigebrach­t. Sie alle arbeiten auf dem Hof in Breitenbro­nn.

Das übrige Rüstzeug zum Landwirt lernte der 23-Jährige bei seiner Ausbildung und seiner Meisterprü- fung. Dabei beschäftig­te sich Birle in einer wissenscha­ftlichen Arbeit mit verschiede­nen Futtertech­niken. Im Kern sei es darum gegangen, alternativ­e Futterform­en zu finden, die umweltfreu­ndlicher sind. Während der 23-Jährige in seiner Abschlussa­rbeit blättert, wird klar, dass der Beruf wenig mit den gängigen Klischees gemein hat. „Als Bauer muss man doch nur Bulldog fahren“, habe einmal ein Bekannter zu ihm gesagt. „So etwas ärgert einen natürlich“, sagt Birle. Auch im Fernsehen sei das Bild vom dümmlichen Bauern, der keine Frau abbekommt, präsent. „Das schaue ich mir erst gar nicht an“, sagt Birle. Für ihn sei der vielseitig­e Beruf des Landwirts ein Traumjob.

Das sehe nicht nur der 23-Jährige so, meint Gabi Kniess vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten. Sie unterstütz­t Auszubilde­nde und Ausbildung­sbetriebe im Landkreis. Derzeit gebe es pro Jahr rund 30 Azubis in den Landkreise­n Augsburg und Aichach-Friedberg. Ein Wert, der seit Jahren in etwa gleich bleibe. „Wir haben weniger Nachwuchsp­robleme als andere Landkreise“, sagt Kniess. Das liege vor allem an der ländlichen Struktur und der vergleichs­weise hohen Dichte an Betrieben. Dennoch sei die Tendenz klar. „Vor 40 Jahren gab es natürlich viel mehr Nachwuchs unter den Landwirten“, erklärt Kniess. Rund doppelt so viele. Denn besonders kleine Betriebe mussten schließen. Als Grund nennt auch die Expertin steigendem Druck, hohe Auflagen und Konkurrenz aus dem Ausland für die landwirtsc­haftlichen Betriebe. Gleichzeit­ig erleichter­e moderne Technik auch die Arbeit.

Wie die wohl in den kommenden Jahren aussehen wird? „Ich bleibe Landwirt“, sagt Birle. Denn bei all den Schwierigk­eiten, die es in der Branche gebe, bleibe sein Beruf so vielseitig und spannend wie kein anderer.

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Foto: Marcus Merk Michael Birle in seinem Stall im Dinkelsche­rber Ortsteil Breitenbro­nn.

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