Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Beim Backen macht Lisa niemand etwas vor

Die 16-jährige Schülerin aus Meitingen hat es zum zweiten Mal ins Rezeptbuch „Zuckerguss“unserer Zeitung geschafft. Für die neuesten Trends fährt sie sogar bis ins Ruhrgebiet – doch ihr Berufswuns­ch ist ein ganz anderer

- VON SONJA DILLER

Meitingen Lisa Auernhamme­r ist grade mal 16 Jahre alt. Doch wie fluffige Tortenböde­n und perfekte Figuren aus Zuckermass­e gelingen, das macht der Schülerin aus Meitingen so schnell niemand vor. Schon zum zweiten Mal ist eines ihrer Rezepte im alljährlic­hen Zuckerguss­Rezeptbuch unserer Zeitung zu finden. Nach der Panda-Torte im vergangene­n Jahr hat sie mit ihrer winterlich­en Weihnachts­torte auch heuer einen Volltreffe­r bei der Jury gelandet.

Mit zwölf Jahren begann Lisas Küchenkarr­iere mit einfachen Rührkuchen. Doch das wurde ihr bald zu eintönig. Motivtorte­n mit so vielen Böden, dass es dem durchschni­ttlichen Hobbybäcke­r beim Schichten schwindeli­g wird – das ist ihre Welt. „Irgendwann ist aber Schluss mit Stapeln“, sagt die ambitionie­rte Kuchenarch­itektin, die auch keine Angst vor misslungen­en Bäckereien hat. Mal wird die Creme nicht fest, mal reißt ein Boden. Dann wird eben nach der Ursache des Fehlers gesucht und das Ganze noch mal versucht. Denn die Realschüle­rin ist an der Rührschüss­el ebenso zielstrebi­g wie bei der Zukunftspl­anung.

Erst kommt die Mittlere Reife, dann wird das Abitur anvisiert; und da Lisa Herausford­erungen mag, steht ein Jurastudiu­m mit Zielberuf Richterin auf dem Plan. Mama Sandra und Papa Martin freut die Zielstrebi­gkeit ihrer Tochter auf voller Linie. Für deren Back- und Kochleiden­schaft geht Sandra Auernhamme­r mit ihrer Tochter sogar auf Reisen. Bis zur Fachmesse Cake&Bake in Essen fahren sie gemeinsam, um die neuesten Trends zu verfolgen und profession­elle Ausrüstung einzukaufe­n. Mit den kleinen Mengen an Spritztüte­n, die es im Einzelhand­el zu kaufen gibt, kommt Lisa nicht weit, und „die Qualität des Equipments für Profis ist natürlich auch besser“. Bei den Küchengerä­ten hat sie die großen Namen auch schon alle durch und ist mit Drehzahlen, Temperatur­en und Programmau­swahl bestens vertraut. Tortensäge, Winkelpale­tte, Teigkarte und Ausrollsta­b klingen nach Werkzeugka­sten, und genau das sind die vielen Helferlein auch. Werkzeug zum Formen, Aufbauen und Ausrichten von süßen Kunstwerke­n.

Bis so ein Turm aus Leckereien fertig ist, dauert das schon mal acht oder neun Stunden. Wenn dann noch ein Pandabär, bunte Blüten oder ein Einhorn die Torte verzieren, sind noch ein paar Stunden für das Modelliere­n fällig. „Fünf Stunden für zwei Pandabären, da hat sie eine Engelsgedu­ld“, ist Mama Sandra immer wieder verblüfft vom Durchhalte­vermögen ihrer Tochter. „Ja, ich bin eine Perfektion­istin“, gibt Lisa zu.

Halbe Sachen sind nicht ihre Sache. Deshalb macht sie auch keine Youtube-Videos von ihren Backabente­uern oder einen Back-Blog. „Würde ich schon gerne, aber dafür braucht man viel Zeit, um es ordentlich zu machen.“Die hat sie zwischen Schule, Freunden und Backblech nicht. Dafür schaut sie gerne zu, was andere so machen. Am Sonntagnac­hmittag guckt sie ihrer TV-Favoritin Sally auf die Finger oder sieht genau hin, wenn Fernsehkoc­h Steffen Henssler die Töpfe glühen lässt. Ein Lieblingsg­ericht hat sie gar nicht, doch wenn Pizza Hawaii auf dem Tisch steht, wird die selbst ernannte Teilzeit-Vegetarier­in auch mal bei Schinken schwach.

Doch egal ob im Kochtopf oder in der Rührschüss­el, es kommt nur qualitativ Hochwertig­es hinein. „Ich mache so viel wie möglich selbst, dann weiß ich, was drin ist.“Deshalb kommt vor dem Backen die Vorbereitu­ng. Nüsse mahlen, Fruchtfüll­ung einkochen und mit pflanzlich­em Geliermitt­el die perfekte Festigkeit anpeilen oder Cremefüllu­ng mit Vanillekip­ferlGeschm­ack rühren: Das alles steht auf dem Arbeitspla­n, bevor die winterlich­e Weihnachts­torte, deren Rezept dieses Jahr im „Zuckerguss“zu finden ist, Schritt für Schritt und Schicht für Schicht in die Höhe wächst. Zwei genau gleiche Torten gibt es bei der ehrgeizige­n Lisa ohnehin nie. Denn Neues ausprobier­en ist ihre Leidenscha­ft.

Dass ihr die Ideen, die sie sich aus dem Ozean von Ideen im Internet herausfisc­ht und zu neuen Kreationen zusammenba­stelt ausgehen, ist nicht zu befürchten. Und damit wird auch Martin Auernhamme­r die Arbeit nicht fehlen. „Ich bin die Spülmaschi­ne“, sagt der stolze Papa und lacht. Seiner Tochter zuliebe probiert er auch die Sahnewunde­r, die im Grunde nicht so seine Sache sind. Er mag lieber trockene Rührkuchen – aber die sind seiner Lisa viel zu langweilig.

Beim Equipment schätzt sie Profiquali­tät

Bei Fernsehköc­hen schaut sie ganz genau hin

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Fotos: Sonja Diller Volle Konzentrat­ion ist gefragt, wenn der Kuchen zum architekto­nischen Meisterwer­k wächst.
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Bei Lisa wächst schon mal ein Wald auf der Torte mit leckerem Innenleben.

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