Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie wär’s mit einer Deppen-Obergrenze?

Michael Mittermeie­r holt im Kongress am Park zum kabarettis­tischen „Lucky Punch“aus

- VON OLIVER WOLFF

Ein Comedian, der früher eher leger in T-Shirt und Jeans gekleidet auftrat, ist nun in einem erkennbare­n Wandlungsp­rozess. Michael Mittermeie­r präsentier­te am Mittwochab­end im ausverkauf­ten Kongress am Park nicht nur sein neues Programm, sondern auch seinen neuen Style – modisch und nach Art des Entertaine­rs. Schwarzer Anzug, schwarzes Hemd und schwarze Schuhe. Man hätte anfangs denken können, er käme direkt von einer Beerdigung in den Saal. Doch dies vorweg, eine Trauervera­nstaltung war es sicher nicht. Mittermeie­r weiß immer noch, wie man das Publikum schnell zum Lachen bringt.

Der oberbayris­che Comedy-Star, der über die Landesgren­zen hinaus bekannt ist und sogar in Amerika und Südafrika auftritt, gibt auf der Bühne offen zu, dass an ihm der Zahn der Zeit nagt. Vielleicht hat er sich auch deshalb seine Haare silbergrau färben lassen. Sein Programm gestaltet er als eine Art Selbsthilf­e mit einer ordentlich­en Portion Selbstiron­ie. Da ist seine zehnjährig­e vorpubertä­re Tochter, die gerade sein Selbstvert­rauen als Berufskomi­ker mit dem immer wiederkehr­enden Satz entkräftet: „Haha, Papa … sehr witzig!“Oder der Tesla fahrende „Benzinvega­ner“, welcher ihn als Dieselfahr­er an der Tankstelle strafend anglotzt.

Politische­n Themen gibt Mittermeie­r ungewohnt viel Platz. Natürlich darf dabei der amerikanis­che Präsident nicht fehlen, welcher in der Comedy-Zunft als ernst zu nehmender Konkurrent gesehen wird. Der bekennende Grün-Wähler Mittermeie­r nimmt die Bundes- und Landespoli­tik das eine oder andere Mal aufs Korn und macht dabei nicht vor seinen eigenen Reihen halt. Er philosophi­ert genauso über den „Bioschwimm­lehrer“wie über eine mögliche „Deppenober­grenze“im Himmel. Und was möglicherw­eise der TV-Bachelor mit den Laborversu­chen im Diesel-Skandal an Menschen zu tun hat, wird vom Comedian auch hinterfrag­t.

Doch was hat es mit dem Programmti­tel „Lucky Punch – die Todes-Wuchtl schlägt zurück“auf sich? Mittermeie­r erklärt, was eine „Wuchtl“ist. Der österreich­ische Begriff stehe für einen sehr schlagfert­igen Witz, der die Realität erweitern kann. „Augmented reality“ist dann auch ein großes Thema seines Programms. Mittermeie­r spricht vom hartnäckig­en Vignetten-Kleber, der besser für die österreich­ische Briefwahl hätte genutzt werden sollen, und schlägt dann eine Brücke zu Siri, die man ebenso wenig provoziere­n könne wie Frau Merkel. Später springt er von Weichei-Superhelde­nverfilmun­gen über Nahrungsmi­ttelunvert­räglichkei­ten zu Chuck Norris. Mit einem Flachwitz endet die zweieinhal­bstündige Vorstellun­g. In der Zugabe gibt er sich publikumsn­ah und dreht ein kurzes Video für Instagram.

Der Abend war gelungen, das Publikum begeistert. Mittermeie­r zeigt sich von einer anderen Seite, vergisst aber nicht, warum die Leute zu ihm kommen: um zu lachen. Die ganz großen Brüller bleiben in „Lucky Punch“zwar aus, das kann aber eine neue Qualität von ihm sein. Die Botschaft: Man sollte nicht alles so ernst nehmen und lieber locker bleiben. So wie sein Programm.

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Foto: Hochgemuth Schwarz ist die neue Comedian-Kluft: Michael Mittermeie­r.

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