Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie wär’s mit einer Deppen-Obergrenze?
Michael Mittermeier holt im Kongress am Park zum kabarettistischen „Lucky Punch“aus
Ein Comedian, der früher eher leger in T-Shirt und Jeans gekleidet auftrat, ist nun in einem erkennbaren Wandlungsprozess. Michael Mittermeier präsentierte am Mittwochabend im ausverkauften Kongress am Park nicht nur sein neues Programm, sondern auch seinen neuen Style – modisch und nach Art des Entertainers. Schwarzer Anzug, schwarzes Hemd und schwarze Schuhe. Man hätte anfangs denken können, er käme direkt von einer Beerdigung in den Saal. Doch dies vorweg, eine Trauerveranstaltung war es sicher nicht. Mittermeier weiß immer noch, wie man das Publikum schnell zum Lachen bringt.
Der oberbayrische Comedy-Star, der über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist und sogar in Amerika und Südafrika auftritt, gibt auf der Bühne offen zu, dass an ihm der Zahn der Zeit nagt. Vielleicht hat er sich auch deshalb seine Haare silbergrau färben lassen. Sein Programm gestaltet er als eine Art Selbsthilfe mit einer ordentlichen Portion Selbstironie. Da ist seine zehnjährige vorpubertäre Tochter, die gerade sein Selbstvertrauen als Berufskomiker mit dem immer wiederkehrenden Satz entkräftet: „Haha, Papa … sehr witzig!“Oder der Tesla fahrende „Benzinveganer“, welcher ihn als Dieselfahrer an der Tankstelle strafend anglotzt.
Politischen Themen gibt Mittermeier ungewohnt viel Platz. Natürlich darf dabei der amerikanische Präsident nicht fehlen, welcher in der Comedy-Zunft als ernst zu nehmender Konkurrent gesehen wird. Der bekennende Grün-Wähler Mittermeier nimmt die Bundes- und Landespolitik das eine oder andere Mal aufs Korn und macht dabei nicht vor seinen eigenen Reihen halt. Er philosophiert genauso über den „Bioschwimmlehrer“wie über eine mögliche „Deppenobergrenze“im Himmel. Und was möglicherweise der TV-Bachelor mit den Laborversuchen im Diesel-Skandal an Menschen zu tun hat, wird vom Comedian auch hinterfragt.
Doch was hat es mit dem Programmtitel „Lucky Punch – die Todes-Wuchtl schlägt zurück“auf sich? Mittermeier erklärt, was eine „Wuchtl“ist. Der österreichische Begriff stehe für einen sehr schlagfertigen Witz, der die Realität erweitern kann. „Augmented reality“ist dann auch ein großes Thema seines Programms. Mittermeier spricht vom hartnäckigen Vignetten-Kleber, der besser für die österreichische Briefwahl hätte genutzt werden sollen, und schlägt dann eine Brücke zu Siri, die man ebenso wenig provozieren könne wie Frau Merkel. Später springt er von Weichei-Superheldenverfilmungen über Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu Chuck Norris. Mit einem Flachwitz endet die zweieinhalbstündige Vorstellung. In der Zugabe gibt er sich publikumsnah und dreht ein kurzes Video für Instagram.
Der Abend war gelungen, das Publikum begeistert. Mittermeier zeigt sich von einer anderen Seite, vergisst aber nicht, warum die Leute zu ihm kommen: um zu lachen. Die ganz großen Brüller bleiben in „Lucky Punch“zwar aus, das kann aber eine neue Qualität von ihm sein. Die Botschaft: Man sollte nicht alles so ernst nehmen und lieber locker bleiben. So wie sein Programm.