Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Staatstheater
Augsburg, Afrika und das Wasser
Die Distanzen sind riesig, um das Ensemble zusammenzubringen, der eine Teil der Schauspieler kommt aus Augsburg, der andere aus Südafrika. Aber so weit, dass alle zusammen das Proben beginnen, ist diese Kooperation des Staatstheaters Augsburg über die Kontinentgrenze hinweg noch lange nicht. Eben erst kamen Regisseurin Dorothea Schroeder und Dramaturgin Kathrin Mergel von einem ersten Besuch am Kap zurück.
Ende April 2020 soll das Ergebnis dieses Rechercheprojekts erstmals zu sehen sein. Der Vorlauf dafür ist lang. Ganz zu Beginn standen Anträge beim Turn-Fonds der Kulturstiftung des Bundes, der die Zusammenarbeit von afrikanischen und europäischen Künstlern unterstützt. Schon damals hatten Schroeder, Mergel und die Verantwortlichen des Theaters als Projektpartner in Südafrika das Ukwanda Puppet & Designs Art Collective im Blick.
Allerdings kannten sich das Augsburger Projektteam und die Künstler aus Südafrika nur über das Netz. Das wirkliche Kennenlernen holten Schroeder und Mergel jetzt in Südafrika nach. Sie besuchten das junge Künstlerkollektiv, das der Minderheit Xhosa angehört und in einem Township rund um Kapstadt lebt.
Gleichzeitig waren Schroeder und Mergel natürlich auch dabei, für dieses Projekt zu recherchieren. Denn das verbindende Thema soll das „Wasser“sein: „World Heritage/Sharitage: Water“hieß es im Antrag. Damit will das Staatstheater auch die Bewerbung der Stadt Augsburg, die historische Wasserwirtschaft als Weltkulturerbe zu verankern, flankieren. Dass die Premiere des Stücks ein gutes Jahr nach der Entscheidung der Unesco im Juli 2019 in Baku (Aserbaidschan) stattfinden wird, stört Schroeder übrigens nicht: „Ob es Augsburg schafft oder nicht, macht für unser Projekt keinen Unterschied.“
Grundidee für die Zusammenarbeit sind der Wasserreichtum in Deutschland und die Wasserarmut in Südafrika, die in diesem Jahr dramatische Züge angenommen hat. Schroeder erzählt, dass dort der „Day Zero“gedroht habe, der Tag, an dem einer der wichtigsten Stauseen des Landes auf einen so niedrigen Wasserstand gefallen wäre, dass die Trinkwasserversorgung hätte eingestellt werden müssen. Wasser hätte es dann nur noch rationiert an bestimmten, militärisch kontrollierten Punkten gegeben. Zum äußersten sei es aber nach drei Jahren Dürre nicht gekommen. Ergiebiger Regen setzte ein.
Mit am Projekt beteiligt ist auch der Schriftsteller Andreas Hilger, der vergangenes Jahr als Hausautor des Theaters den Text zum Fuggermusical „Herz aus Gold“geschrieben hatte. In der frühen Phase des Projekts geht es aber noch gar nicht darum, sich genau zu überlegen, wie der kommende Theaterabend aussehen soll, sondern erst einmal darum, Material und Ideen zu sammeln. Etwa die Geschichten, die das Kollektiv in Südafrika zu erzählen hat. Da gibt es zum Beispiel diese traumatische Erfahrung der Xhosa, die um 1850 ihren kompletten Viehbestand schlachteten, mit der Folge, dass viele im Anschluss verhungerten. Aufmerksam wurde Schroeder bei einem Farmbesuch auch darauf, wie in Südafrika mit dem Wasser rechtlich umgegangen wird. Denn die Gesetze, auf die man sich heute beruft, stammen aus dem 19. Jahrhundert, als eine einzelne Farm noch gar nicht so viel Wasser aus einem Fluss entnehmen konnte, wie das heute über leistungsfähige Pumpen möglich ist.
Nun, nach dem SüdafrikaBesuch, bereiten sich Schroeder und Mergel auf den Gegenbesuch im Februar vor. Dann wollen sie den Mitgliedern von Ukwanda auch in die Geheimnisse der Augsburger Wasserwirtschaft einführen.