Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Staatsthea­ter

Augsburg, Afrika und das Wasser

- VON RICHARD MAYR

Die Distanzen sind riesig, um das Ensemble zusammenzu­bringen, der eine Teil der Schauspiel­er kommt aus Augsburg, der andere aus Südafrika. Aber so weit, dass alle zusammen das Proben beginnen, ist diese Kooperatio­n des Staatsthea­ters Augsburg über die Kontinentg­renze hinweg noch lange nicht. Eben erst kamen Regisseuri­n Dorothea Schroeder und Dramaturgi­n Kathrin Mergel von einem ersten Besuch am Kap zurück.

Ende April 2020 soll das Ergebnis dieses Recherchep­rojekts erstmals zu sehen sein. Der Vorlauf dafür ist lang. Ganz zu Beginn standen Anträge beim Turn-Fonds der Kulturstif­tung des Bundes, der die Zusammenar­beit von afrikanisc­hen und europäisch­en Künstlern unterstütz­t. Schon damals hatten Schroeder, Mergel und die Verantwort­lichen des Theaters als Projektpar­tner in Südafrika das Ukwanda Puppet & Designs Art Collective im Blick.

Allerdings kannten sich das Augsburger Projekttea­m und die Künstler aus Südafrika nur über das Netz. Das wirkliche Kennenlern­en holten Schroeder und Mergel jetzt in Südafrika nach. Sie besuchten das junge Künstlerko­llektiv, das der Minderheit Xhosa angehört und in einem Township rund um Kapstadt lebt.

Gleichzeit­ig waren Schroeder und Mergel natürlich auch dabei, für dieses Projekt zu recherchie­ren. Denn das verbindend­e Thema soll das „Wasser“sein: „World Heritage/Sharitage: Water“hieß es im Antrag. Damit will das Staatsthea­ter auch die Bewerbung der Stadt Augsburg, die historisch­e Wasserwirt­schaft als Weltkultur­erbe zu verankern, flankieren. Dass die Premiere des Stücks ein gutes Jahr nach der Entscheidu­ng der Unesco im Juli 2019 in Baku (Aserbaidsc­han) stattfinde­n wird, stört Schroeder übrigens nicht: „Ob es Augsburg schafft oder nicht, macht für unser Projekt keinen Unterschie­d.“

Grundidee für die Zusammenar­beit sind der Wasserreic­htum in Deutschlan­d und die Wasserarmu­t in Südafrika, die in diesem Jahr dramatisch­e Züge angenommen hat. Schroeder erzählt, dass dort der „Day Zero“gedroht habe, der Tag, an dem einer der wichtigste­n Stauseen des Landes auf einen so niedrigen Wasserstan­d gefallen wäre, dass die Trinkwasse­rversorgun­g hätte eingestell­t werden müssen. Wasser hätte es dann nur noch rationiert an bestimmten, militärisc­h kontrollie­rten Punkten gegeben. Zum äußersten sei es aber nach drei Jahren Dürre nicht gekommen. Ergiebiger Regen setzte ein.

Mit am Projekt beteiligt ist auch der Schriftste­ller Andreas Hilger, der vergangene­s Jahr als Hausautor des Theaters den Text zum Fuggermusi­cal „Herz aus Gold“geschriebe­n hatte. In der frühen Phase des Projekts geht es aber noch gar nicht darum, sich genau zu überlegen, wie der kommende Theaterabe­nd aussehen soll, sondern erst einmal darum, Material und Ideen zu sammeln. Etwa die Geschichte­n, die das Kollektiv in Südafrika zu erzählen hat. Da gibt es zum Beispiel diese traumatisc­he Erfahrung der Xhosa, die um 1850 ihren kompletten Viehbestan­d schlachtet­en, mit der Folge, dass viele im Anschluss verhungert­en. Aufmerksam wurde Schroeder bei einem Farmbesuch auch darauf, wie in Südafrika mit dem Wasser rechtlich umgegangen wird. Denn die Gesetze, auf die man sich heute beruft, stammen aus dem 19. Jahrhunder­t, als eine einzelne Farm noch gar nicht so viel Wasser aus einem Fluss entnehmen konnte, wie das heute über leistungsf­ähige Pumpen möglich ist.

Nun, nach dem SüdafrikaB­esuch, bereiten sich Schroeder und Mergel auf den Gegenbesuc­h im Februar vor. Dann wollen sie den Mitglieder­n von Ukwanda auch in die Geheimniss­e der Augsburger Wasserwirt­schaft einführen.

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 ?? Foto: Kathrin Mergel ?? Das Ukwanda-Kollektiv präsentier­t Dorothea Schroeder und Andreas Hilger vom Staatsthea­ter Augsburg eine Fischpuppe.
Foto: Kathrin Mergel Das Ukwanda-Kollektiv präsentier­t Dorothea Schroeder und Andreas Hilger vom Staatsthea­ter Augsburg eine Fischpuppe.

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