Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie gefährlich die Fliegerbom­be wirklich war

Wie die Stadtberge­r Evakuierun­g nach dem dramatisch­en Fund ablief, wo es problemati­sch wurde und was Bauherren in Zukunft an die Hand bekommen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Stadtberge­n 130 Zentimeter lang, 250 Kilogramm schwer und zwei Zünder, von denen einer stark deformiert war: In vier Metern Tiefe wurde im November in einer Stadtberge­r Baugrube eine Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Wie gefährlich der Blindgänge­r war, zeigte sich bei der Nachbespre­chung im Sicherheit­sausschuss der Stadt.

Der Sprengmeis­ter hatte nach dem Fund einen Zeitrahmen von 48 Stunden gesetzt – „sonst hätte es durch äußere Einflüsse zu einer Selbstentz­ündung kommen können“, erläuterte Ordnungsam­tsleiter Markus Voh den Ausschussm­itgliedern. Die Stadt entschied sich für eine schnelle Evakuierun­g – was folgte, war eine beispiello­se Aktion. Sie sei wie aus dem „Bilderbuch“gewesen, so Voh. Dabei war die Evakuierun­g mit insgesamt 1900 Menschen vor allem eine logistisch­e Herausford­erung gewesen. Fast 250 Polizisten, Feuerwehrm­itglieder und etliche Helfer anderer Organisati­onen unterstütz­ten dabei, Bewohner bis zur Entschärfu­ng der Bombe in Sicherheit zu bringen. In der Sporthalle wurde eine Notunterku­nft mit einer Verpflegun­gsstelle eingericht­et.

Im Sitzungssa­al des Rathauses lie- die Fäden der Organisati­on zusammen. Was sich als knifflig herausstel­lte: der Transport von nicht mehr gehfähigen Menschen. Bereits kurz nach dem Fund der Bombe wurde mit Pflegedien­sten abgeklärt, wo Hilfsbedür­ftige leben und anzutreffe­n sind. Sie wurden abgeholt und später wieder nach Hause gebracht. Unter anderem war das Rote Kreuz mit 110 Helfern und über 15 Wagen unterwegs. Voh: „Es hat alles hervorrage­nd geklappt.“

Anteil an der positiven Bilanz hatte auch der Nahverkehr: Am frühen Nachmittag durften nur noch leere Busse und Straßenbah­nen in die Sperrzone – sie konnten dann Stadtberge­r mitnehmen und in Sicherheit bringen. Die meisten verfen brachten den Abend übrigens außerhalb – nur etwa 160 Stadtberge­r kamen in die Sporthalle. Um 19 Uhr war der Spuk vorbei.

Um in Zukunft etwas Gefahrenbe­grenzung zu betreiben, gibt das Bauamt ein Merkblatt für Bauherren heraus. Auf einer Karte eingrenzen lässt sich allerdings nicht, wo sich Bomben befinden könnten. Anhand von alten Fotografie­n lassen sich zwar Explosions­krater entdecken.

Nicht aber, wo Blindgänge­r ins Erdreich getaucht sind. Die Alliierten hatten Augsburger mehrfach bombardier­t. Im Fokus waren unter anderem die MAN- und die Messerschm­itt-Werke sowie der Hauptbahnh­of als Eisenbahnk­notenpunkt.

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Foto: NARA Washington Im Anflug auf Augsburg: Mehrfach hatten Flugzeuge der Alliierten ihre tonnenschw­ere und tödliche Fracht über der Stadt abgeworfen.
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Foto: Marcus Merk Die Fliegerbom­be, die im November in Stadtberge­n gefunden wurde, beschäftig­t noch immer die Gemüter.

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