Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Landgerich­t: Dinkelsche­rber Heim darf schließen

Bürgermeis­ter ist nach der Entscheidu­ng zum Heulen zumute. Aktionsbün­dnis überlegt Protestmar­sch

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Dinkelsche­rben/Augsburg Der Antrag auf einstweili­ge Verfügung gegen die geplante Schließung des Seniorenhe­ims in Dinkelsche­rben ist abgelehnt. Die 3. Zivilkamme­r am Landgerich­t Augsburg unter Vorsitz von Thomas Bartholy entschied gestern, dass die Voraussetz­ungen für eine einstweili­ge Verfügung nicht vorliegen. Der Antrag sei weder zulässig noch begründet. Die Beschlüsse zum Ende der Einrichtun­g seien rechtmäßig und stünden nicht dem Stiftungsz­weck entgegen. Das heißt: Das Heim kann wie vom Betreiber geplant Ende Juni geschlosse­n werden. Als Bürgermeis­ter Edgar Kalb gestern von der richterlic­hen Entscheidu­ng erfuhr, war er niedergesc­hlagen. Er sagte: „Da ist einem doch zum Heulen zumute.“

Er hält den Beschluss zur Schließung für rechts- und satzungswi­drig und hatte deshalb als neues Mitglied des Verwaltung­sausschuss­es den Antrag auf einstweili­ge Verfügung gestellt.

Gegen die Entscheidu­ng kann Widerspruc­h eingelegt werden

Jetzt soll der Gemeindera­t entscheide­n, ob gegen die Entscheidu­ng der Zivilkamme­r Widerspruc­h eingelegt wird. Rein rechtlich wäre das möglich. Kalb: „Uns läuft aber die Zeit davon. Die Verlagerun­g des Seniorenhe­ims nach Zusmarshau­sen läuft ja schon.“Die Kritik an den Plänen reißt nicht ab. Jörg Bartusch, der von 1978 bis 2017 Allgemeina­rzt in Dinkelsche­rben war, schreibt in einem Leserbrief: „Mich erbost, dass all die Jahre innerbauli­ch gesetzlich­e Vorgaben nicht ausreichen­d ausgeführt wurden, obwohl jeder Bewohner rund 300 Euro pro Monat an Investitio­nsabgaben zahlen musste und noch muss. Wohin sind die Gelder geflossen? In den Neubau nach Zusmarshau­sen?“Der Anwalt der Hospitalst­iftung, Guntram Baumann, erklärte dazu jüngst: Die Investitio­nszulage werde zum einen zur Tilgung von Zinsen, zum anderen für Reparature­n in der Einrichtun­g verwendet. In den vergangene­n Jahren sei zum Beispiel das Leitungssy­stem des Spitals erneuert worden. Genaue Zahlen nannte er nicht – auch nicht zum Vermögen der Hospitalst­iftung. Klar ist nur: Eine Sanierung der Einrichtun­g in Dinkelsche­rben würde mindestens acht Millionen Euro kosten – zu viel für die Stiftung.

Dr. Bartusch, der in seiner aktiven Zeit bis zu 40 Patienten im Stift betreute und nach seiner Schilderun­g meist zufriedene Bewohner und Angehörige erlebte, hält dagegen: „Mit etwas gutem Willen lassen sich die erforderli­chen Veränderun­gen sukzessive stemmen, wobei wohl auch Fördermitt­el – ob staatlich oder privat – zu beantragen möglich wären. Ein funktionie­rendes Heim bei der zu erwartende­n demografis­chen Entwicklun­g der Bevölkerun­g zu schließen, widerspric­ht jeglicher Vernunft, ist zudem unsozial und auch unchristli­ch.“Der Allgemeina­rzt kündigt an: „Wir alle in Dinkelsche­rben und Umgebung werden vehement um den Erhalt der 413-jährigen Hospitalst­iftung kämpfen.“

Am heutigen Mittwoch findet das nächste Treffen des Aktionsbün­dnisses gegen die Schließung statt. „Wir machen weiter. Noch kraftvolle­r“, kündigte Josef Guggemoos vom Aktionsbün­dnis gestern Abend an. Thema wird auch ein Protestmar­sch in Augsburg zum Bischof, zur Regierung von Schwaben und dem Landratsam­t sein.

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