Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Herr der fliegenden Bauten
Thilo Wank baut Kettenflieger und Riesenräder für die ganze Welt. Er verbindet Kunst, Illusion und Hightech
Neusäß Er erzeugt Fantasien und Illusionen. Das macht Thilo Wank auf den ersten Blick etwas geheimnisvoll. Dazu trägt auch seine Branche bei. Der Neusässer Maschinenbaumeister erstellt nämlich „Fliegende Bauten“: Der 57-Jährige stattet Freizeit- und Indoorparks sowie andere Eventveranstaltungen mit Spielgeräten und Fahrgeschäften aus. „Mein Metier sind Riesenräder, Karusselle, Kettenflieger, Jahrmarktsbuden, dreh- und fahrbare Bühnen“, erläutert der 57-Jährige. „Fliegende Bauten“sei einfach der Fachbegriff. Er ist deutschlandweit einer der wenigen Ausstatter in diesem Bereich. Entwickelt, konstruiert und erstellt werden seine Geräte und Bauwerke unter der Firmierung Hartmann Dienstleistungen in einer rund 1000 Quadratmeter großen Produktionshalle in der Neusässer Dieselstraße.
Klein bis megagroß, gebaut werde, was der Kunde wünsche. Aus der Idee entwickelt der Maschinenbaumeister dann das Produkt. Dementsprechend sei auch die Herausforderung, betont er. Ein großer Spiel- und Freizeitpark weise mit seinen fest installierten Fahrgeschäften und auswechselbaren Attraktionen im produktionstechnischen und sicherheitsrelevanten Bereich natürlich eine völlig andere Dimension auf als eine kleinere Spielplatzanlage.
Es müsse aber nicht immer gleich Großes sein, verdeutlicht Wank: „Aus einer gewöhnlichen Berg- und Talbahn kann mit professioneller Bemalung und einem themenbezogenen Design relativ schnell eine attraktive Goldgräbermine entstehen.“
Doch manche Ideen der Auftraggeber stoßen auch an Grenzen. „Konzepte landeten schon in Schubladen, da es an den finanziel- len Mitteln für Umsetzung, Marketing, laufenden Betrieb und Instandhaltung mangelte.“Und mancher Einfall funktioniere technisch nicht. Es gebe gewisse Parameter zu beachten, beispielsweise bei Höhe, Gewicht und vor allem bei der Sicherheit, informiert der Fachmann. Dennoch hat Thilo Wank für ausgefallene Wünsche im Eventbereich immer ein offenes Ohr. Nur so lasse sich Neues verwirklichen, meint er. Selbst bezeichnet er sich als „kreativer Mensch und Technikfreak“. Diese Paarung sei für seine Arbeit unerlässlich.
Seinen jetzigen Betrieb baute er vor rund 20 Jahren auf. Erster Auftrag war ein Nostalgiekarussell mit Geldeinwurf. „Das Gerät bestand aus viel Messing und echtem Holz, wurde handbemalt und vergoldet“, erinnert sich Wank. Eine besondere Herausforderung sei der Bau einer Schiffschaukel gewesen. Sie musste auf einem normalen Anhänger transportierbar und in wenigen Minuten aufgebaut sein. So reihte sich ein Produkt ans andere: Karussellbars für das Münchner Oktoberfest und den Augsburger Plärrer, eine spezielle Bühne für die Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in der Allianz-Arena, Entwicklung und Bau von Hubwagen für die Wartung des Airbus A380, Eisenbahnen auf Rädern für Kurverwaltungen sowie für viele große Freizeitparks Riesenräder, Karusselle, Aktionsmobile, Ketten- und Wellenflieger. Dafür nimmt er Ingenieure, Statiker und Designer mit ins Boot. Heute sind seine Bauten in vielen Ländern zu Hause, in ganz Europa, aber auch in Ägypten, Japan und den USA.
Als einer der ersten weltweit entwickelte Thilo Wank Karusselle zum Zusammenklappen, ein „Erfolgsschlager“. Diese Methode sei platz- und zugleich personal- und geldsparend, erklärt er. Sein Slogan sei: „Geht nicht, gibt’s nicht.“Aktuell errichtet der Fachmann für das nordrhein-westfälische Centro Oberhausen eine Kinderspielwelt. „Das beinhaltet auch Planung und Bau eines Karussells mit GondelBlütenkelchen inklusive Bildhauerarbeiten und Formenkonstruktion“, erläutert er.
Zuletzt erstellten er und sein Team für den Weihnachtsmarkt in Winterthur das Märchenland mit sprechenden, singenden und sich bewegenden Wichtelfiguren. Nicht von Pappe sind die Kosten für Fliegende Bauten. Eine OktoberfestKarussellbar für 140 Personen gibt es bei Thilo Wank beispielsweise ab 180 000 Euro, fahrbare Wellenflieger ab 410 000 und ein Bavaria-Riesenrad für 270 000 Euro. Vergleichsweise billig ist da die Eisenbahn Circus Pippolino, Spur 500, mit Lokomotive und drei Anhängern für rund 36 Kindern für 20 000 Euro. Wanks bisher größter Auftrag belief sich auf 1,5 Millionen Euro. „Das war ein Kettenflieger für einen Freizeitpark.“
Gibt es etwas, was er nicht baut? „Achterbahnen“, kommt es spontan. Das sei eine andere Liga. Hier würde er mit seiner Halle an Kapazitätsgrenzen stoßen. Und noch etwas lehnt er ab: fliegende Bauten, die mit Waffen und Gewalt zu tun haben. „Ich bin kategorischer Kriegsgegner“, betont er.