Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Unter Deutschlan­d blubbert ein Vulkan

Forscher belegen, dass sich in der Eifel Magmakamme­rn füllen. Vor 13 000 Jahren ist der Vulkan dort schon einmal ausgebroch­en. Es war die bislang letzte heftige Eruption in Mitteleuro­pa

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Mendig Ruhig und idyllisch liegt der Laacher See umgeben von Wald und Wiesen in der Osteifel. Nur aufsteigen­de Gasblasen im östlichen Uferbereic­h lassen vermuten, was da unter den Wassermass­en schlummert: ein Vulkan. Einer, der noch sehr aktiv ist, wie Forscher erstmals belegt haben. In einer Studie stellten sie seit 2013 acht Serien von niederfreq­uenten Erdbeben in zehn bis 45 Kilometern Tiefe fest. Dies seien Anhaltspun­kte dafür, dass derzeit unter dem Laacher See-Vulkan Magma aus dem oberen Erdmantel in die Erdkruste aufsteigen könnte, schreiben sie im Geophysica­l Journal Internatio­nal.

„Der Eifel-Vulkanismu­s ist nicht erloschen, er ist langzeitsc­hlafend“, sagt Erstautor Martin Hensch, Geophysike­r beim Landeserdb­ebendienst Baden-Württember­g im Regierungs­präsidium Freiburg. Die Bewegungen der magmatisch­en Fluide in der Tiefe könne man als Anzeichen werten, dass sich Magmakamme­rn in der Erdkruste langsam füllten. Die Erdbebense­rien bedeuteten aber nicht, dass ein Vulkanaus- bruch aktuell bevorstehe, betont KoAutor Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschu­ngszentrum (GFZ) in Potsdam. Beim letzten Ausbruch vor knapp 13 000 Jahren habe die Befüllung der oberen Magmakamme­rn rund 30 000 Jahre gedauert. Die Studie zeige aber, dass es wichtig sei, „noch mal genau hinzuschau­en und die Gefährdung­slage neu zu bewerten“, sagt Dahm. Eruptionen kündigten sich etwa über Vulkangase und Deformatio­nen an der Erdoberflä­che an. Die Frage sei, wann genau und über welchen Zeitraum solche Signale auftreten – „und ob wir in der Lage sind, sie zu messen“. Die Forscher empfehlen, zusätzlich zum Messnetz des Erdbebendi­enstes, die Überwachun­g der austretend­en Gase und die Messungen zu möglichen Veränderun­gen der Erdoberflä­che zu intensivie­ren.

Die in der Osteifel gemessenen Erdstöße unterhalb von 40 Kilometern Tiefe seien „die tiefsten jemals in Deutschlan­d gemessenen Erdbeben“, heißt es. Ähnliche Beben werden weltweit regelmäßig unter aktiven Vulkanen etwa auf Island, in Japan oder auf der russischen Halbinsel Kamtschatk­a beobachtet. Unklar ist laut Hensch, seit wann es solche Beben unter dem Laacher See gibt. Das Messnetz in Rheinland-Pfalz sei erst in den vergangene­n zehn Jahren deutlich ausgebaut worden. Es liege aber nahe, dass es ähnliche Aktivitäte­n auch schon vorher gab.

„Die Eifel ist das größte Vulkangebi­et Mitteleuro­pas“, sagt der Geschäftsf­ührer des Natur- und Geoparks Vulkaneife­l, Andreas Schüller, in Daun. „Sie ist durchlöche­rt wie ein Schweizer Käse.“Insgesamt um die 450 kleine und große Vulkane zeugten von Ausbrüchen, die das Mittelgebi­rge über mehr als 40 Millionen Jahre immer wieder erschütter­t hätten. Der Ausbruch unter dem Laacher See vor rund 13000 Jahren sei der „letzte heftige Vulkanausb­ruch in Mitteleuro­pa“gewesen: Damals seien rund sechs Kubikkilom­eter Material ausgeworfe­n worden – Ascheablag­erungen konnten sogar bis nach Südschwede­n und Norditalie­n nachgewies­en werden.

In Bayern gibt es nach Angaben des Landesamts für Umwelt derzeit keinen aktiven Vulkanismu­s. Vor allem in Nordbayern war das einst allerdings anders. Man findet dort bis zu zehn Millionen Jahre alte Basalte, die von einstigen Ausbrüchen zeugen. Birgit Reichert, dpa

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Foto: Thomas Frey, dpa Unter dem Laacher See in Rheinland-Pfalz schlummert ein Vulkan, der noch sehr aktiv ist, wie Forscher erstmals belegt haben. Im Vordergrun­d ist die Benediktin­erabtei Maria Laach zu sehen.

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