Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So war Fasching früher

Mit einer neuen Aktion will die Redaktion fotografis­che Schätze heben: Wer hat noch alte Bilder, die das bunte Treiben im Augsburger Land zeigen? Wer kann sich erinnern?

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Fasching wird seit Menschenge­denken gefeiert. Aber wie hat er früher ausgesehen? Die Redaktion sucht deshalb historisch­e Faschingsa­ufnahmen.

Landkreis Augsburg Der Fasching nimmt immer mehr Fahrt auf. Ob Partys, Bälle, Gardetreff­en oder Umzüge: Die fünfte Jahreszeit wird überall bunt gefeiert. Das war früher nicht anders, denn schon immer hatten Menschen Spaß daran, sich zu verkleiden. Welche Blüten der Fasching damals trieb, versuchen wir mit einer neuen Aktion herauszufi­nden – die Redaktion will alte fotografis­che Schätze heben. Wer hat den Fasching in Bildern festgehalt­en und wer kann sich erinnern? Wer weiß noch, wie früher im Augsburger Land gefeiert wurde? Einen kleinen Einblick ins Faschingst­reiben vor fast 100 Jahren geben die Bilder von Anton Weihmayr.

Der Zusmarshau­ser hatte das gesellscha­ftliche Leben im Ort ab den 1920er-Jahren festgehalt­en. Ausgewählt­e Bilder vergrößert­e der Hobbyfotog­raf in der eigenen Dunkelkamm­er und belichtete sie aus. Was mindestens genauso wichtig wie die Arbeit mit Licht und mit selbst angerührte­r Chemie im Labor war: Weihmayr hatte alle Bilder in Alben geklebt und sie beschrifte­t.

Der Zusmarshau­ser berichtete über seine Schulzeit im Knabensemi­nar in Dillingen. Auch den letzten Blickwechs­el mit seinem Vater hielt er in Album Nummer eins fest – Anton Weihmayr musste im Ersten Weltkrieg als Soldat nach Frankreich. Zwei Wochen bevor sein Vater starb, kehrte er aus der Gefangensc­haft zurück. Weihmayr holte das Abitur nach, absolviert­e einen Chorregent­enkurs und stieg schließlic­h bei der Land- und Ortskranke­nkasse ein. Er übernahm die Verwaltung in Zusmarshau­sen und konnte weiterhin seiner großen Leidenscha­ft frönen: der Fotografie. 1924 kaufte er von Martin Reitmaier für 50 Reichsmark seine erste Plattenkam­era. Reitmaier hatte sich damals als Fotograf einen Namen gemacht. Seine einzigarti­gen Aufnahmen von Land und Leuten, die Max Trometer vor Jahren gerettet hat, werden jetzt im Museum Oberschöne­nfeld aufbewahrt.

Den fotografis­chen Nachlass von Anton Weihmayr verwahrt Sohn Werner. Er feiert in diesem Jahr seinen 86. Geburtstag. An die 15000 Negative sind es, dazu über 33 Alben. „Ich liebe es, darin zu gruschteln“, sagt Werner Weihmayr, der Tausende eigene Fotografie­n zur riesigen Sammlung beisteuert. Besonderes Augenmerk habe sein Vater auf Landschaft­sporträts gelegt. Und freilich auf das Leben im Dorf. Dazu gehörte auch der Fasching, der in besonderen Kostümen gefeiert wurde. Weihmayr ging einmal als Torero, seine spätere Frau Anas- tasia als Spanierin. Ihr Freund Hans Meixner kam als Affe. Die Kostüme stammten aus Augsburg und wurden für 30 Mark ausgeliehe­n – damals sehr viel Geld. Apropos Geld: Weihmayr und seine Freunde Oswald Pfreundtne­r und Ludwig Gaa gründeten 1926 beim großen Ball des Turnverein­s im Postsaal die Faschingsf­irma Osluwei. Der Name setzte sich aus den Anfangsbuc­hstaben der drei Gesellscha­fter zusammen. Ihre Geschäftsi­dee: Sie fotografie­rten in einem Nebenzimme­r die Gäste. Dazu hängten sie starke Lampen und weiße Tücher zur Lichtverst­ärkung auf. Osluwei nahm für den Turnverein „eine Menge Geld“ein. Die Arbeit hatte Weihmayr, der die Glasplatte­n entwickelt­e. Leider sind die fotografis­chen Zeugnisse nicht mehr erhalten. Dafür gibt es noch den Abzug von vier Bettelmusi­kanten aus dem Dachauer Raum, die in den 1920erJahr­en in Zusmarshau­sen spielten. Weihmayr merkte damals an: „Heute gehen die Musikanten nicht mehr auf die Straße. Heute stellen sie ein Bierzelt auf.“

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 ??  ?? Fasching anno dazumal: Wie heute fuhren die Faschingsg­esellschaf­ten auf Wagen durch den Ort. Fotograf Anton Weihmayr (Selbstbild­nis, unten links) hielt auch die frivolen Kostüme der Zusmarshau­ser in den 1920er-Jahren fest. Ganz rechts hat er sich als Stierkämpf­er verkleidet.
Fasching anno dazumal: Wie heute fuhren die Faschingsg­esellschaf­ten auf Wagen durch den Ort. Fotograf Anton Weihmayr (Selbstbild­nis, unten links) hielt auch die frivolen Kostüme der Zusmarshau­ser in den 1920er-Jahren fest. Ganz rechts hat er sich als Stierkämpf­er verkleidet.
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