Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr Klimaschutz mit Tram und „Swaxi“?
Bei der Augsburger Klimakonferenz war der Autoverkehr ein zentrales Thema. Dort entstehen viele Treibhausgase. Es gibt Visionen für mehr öffentlichen Nahverkehr und die Forderung nach „Zuckerbrot und Peitsche“
Viele Augsburger fahren viel mit dem Auto. Studien ergeben, dass rund 40 Prozent aller Wege in der Stadt mit dem Pkw zurückgelegt werden. Dabei könnte man die Mobilität in Augsburg wesentlich klimaschonender organisieren. Das wurde bei der städtischen Klimakonferenz am Mittwoch im Augustanasaal deutlich. Die Stadtwerke stellten Visionen vor, wie man das mit neuen Angeboten im öffentlichen Personennahverkehr bis zum Jahr 2050 hinbekommen könnte – etwa mit dem „Swaxi“.
Deutschlandweit entstehen durch den motorisierten Individualverkehr besonders viele klimaschädlichen Treibhausgase. In Augsburg verursacht er rund zwei Drittel der CO2-Emissionen. Parallel steigt die Zahl der zugelassenen Autos in Augsburg an. Die Bevölkerung in der Stadt wird in den kommenden Jahren laut Prognosen weiter zunehmen.
Bianca Mayr vom städtischen Wirtschaftsreferat betonte, Mobilität sei unverzichtbar. „Sie ist die Voraussetzung für unser Wirtschaftssystem und dafür, wie wir leben“– angefangen bei den rund 100000 Pendlern von und nach Augsburg, über den Lieferverkehr oder Rettungsdienst-Fahrzeuge bis hin zu Freizeitausflügen. Mayr sagte aber auch, um mehr Klimaschutz hinzubekommen, müssten die Grenzen zwischen Individualverkehr und öffentlichem Nahverkehr fließender werden.
In Augsburg gibt es dafür den Masterplan zur emissionsfreien und nachhaltigen Mobilität mit rund 30 Maßnahmen. Viele Projekte seien bereits in der Umsetzung, sagte Mayr, etwa die kostenlose Cityzone im öffentlichen Nahverkehr, das kombinierte Mobilitäts-Abo der Stadtwerke für Bus, Straßenbahn, Leihräder und Carsharing, oder die Auslieferung von Einkäufen in der Innenstadt per Lastenrad zu Kunden nach Hause. „Wir haben schon sehr viele Angebote, sie müssen aber auch genutzt werden“, so die Expertin.
Bei den Augsburger Stadtwerken hat man Visionen, wie sich der öffentliche Nahverkehr klimaschonend bis zum Jahr 2050 entwickeln soll. Robert Underberg nannte nicht nur den weiteren Ausbau der Straßenbahnlinien, des Rad- und Carund der ElektroMobilität. Denkbar sei auch, mehr Bushaltestellen einzurichten, damit Fahrgäste kürzere Wege haben. Wie Underberg weiter ankündigte, bereiten die Stadtwerke ein neues Angebot unter dem Motto „Ride-Sharing“vor.
Fahrgäste in Bus und Tram sollen über eine App eine Art Taxi – ein sogenanntes „Swaxi“– bestellen können, das sie an der Haltestelle aufnimmt und weiter fährt. Dieses Swaxi soll auf der Strecke auch noch weitere Passagiere aufnehmen, damit es gut ausgelastet ist. Eine weitere Vision der Stadtwerke bis in 30 Jahren ist ein automatisierter Busverkehr in Augsburg. Einige Busse würden dann von einer Zentrale ferngesteuert in der Stadt unterwegs sein.
Nach Einschätzung des Stadtwerke-Experten werden aber nicht nur attraktive Angebote im öffentlichen Nahverkehr nötig sein, damit mehr Augsburger ihr Auto stehen lassen. Er sprach sich auch dafür aus, dass Autofahren in Augsburg weniger attraktiv gemacht werden müsse. Underberg: „Wir müssen nicht nur Zuckerbrot anbieten, sondern auch die Peitsche schwingen, damit der ÖPNV angenommen wird.“Viele Besucher der Augsburger Klimakonferenz wollen nicht so lange warten, bis Visionen Wirklichkeit werden. Warum sind automatisierte Busse in anderen Kommunen schon unterwegs, in Augsburg aber nicht? So lautete eine Frage. Underberg zufolge sind fahrerlose Busse, wie sie etwa im bayerischen Kurort Bad Birnbach im Einsatz sind, noch sehr langsam und störungsanfällig.
Andere Teilnehmer der Konferenz kritisierten, die Stadtwerke würden bei neuen Angeboten sehr stark darauf setzen, dass Kunden Smartphones haben. Chip-Karten seien eine gute Alternative und würden auch in anderen Städten im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt. Vermisst wurde ein Familientarif der Stadtwerke beim Carsharing für Eltern mit erwachsenen Kindern.
Ein Besucher regte an, den öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif anzubieten, um mehr Menschen zum Umsteigen zu bewegen. Underberg verwies darauf, dass die ansharing-Angebotes fallenden Kosten finanziert werden müssten, von wem auch immer. Eine sehr häufige Forderung war, in der Stadt mehr Raum für den Radverkehr zu schaffen. Im Zentrum gebe es außerdem viel zu wenige Rad-Stellplätze.
Mit Blick auf die rasant fortschreitende globale Erderwärmung forderte die Augsburger Schülerin Janika Pondorf von der Bewegung Fridays for Future mehr Engagement auf allen Ebenen: „Man muss überall ansetzen, im Kleinen und im Großen.“
Die Kommunen könnten nicht viel bewirken, wenn es an den großen politischen Rahmenbedingungen und an Fördermitteln fehle. Umgekehrt müssten Vorgaben auf nationaler Ebene in den Kommunen konsequent umgesetzt werden.
Laut Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) laufen in Augsburg Maßnahmen zum Klimaschutz auf vielen Ebenen, die noch weiter intensiviert werden sollen. Er freute sich vor allem auch über das große Interesse an der Augsburger Klimakonferenz im voll besetzten Augustanasaal. Die Konferenz finde jedes Jahr statt, aber noch nie seien so viele Besucher gekommen.
Die Fridays-Bewegung meldet sich zu Wort