Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bis zu sechs Garne werden zu einem Bobbel
Petra Bürkert macht ihre Leidenschaft für Wolle zum Beruf und stellt Farbverlaufsgarne her. Durch den Wechsel der Garne entsteht eine dynamische Farbgebung
Thierhaupten Im vergangenen Monat hat Petra Bürkert sich ihren Lebenstraum verwirklicht. Bereits seit 30 Jahren träumt sie davon, ihren eigenen Wollladen zu haben. Im Januar hat sie Nägel mit Köpfen gemacht und kümmert sich seither hauptberuflich um ihre Bobbels, die im Fachjargon als gefachtes Farbverlaufsgarn bezeichnet werden und die sie als eine ihrer zwei großen Leidenschaften bezeichnet.
Neben der Wolle sei auch das Blutabnehmen eine ihrer Leidenschaften, der die 53-Jährige die letzten 20 Jahre als gelernte Arzthelferin beim Blutspendedienst nachgegangen ist. Bereits während dieser Zeit fand sie Gefallen an den wolligen Bobbels, die die passionierte Handarbeiterin einst zum Testen selbst aus dem Internet geordert hatte. Und so wurde aus einer nebenberuflichen Tätigkeit ihr Hauptberuf, mit dem die Mutter einer 20-jährigen Tochter nun den Sprung in die hauptberufliche Selbstständigkeit wagt.
Unter dem Namen Bobbel-Solo betreibt sie eine Facebook-Gruppe und einen Onlineshop. Inspiriert von Fotos, die eine ansprechende, farbtechnische Wirkung haben, schreitet sie regelmäßig zur Tat, um ein neues Bobbel-Design zu kreieren.
Das Konstrukt auf ihrem Arbeitstisch in ihrem „Wollladen“, der einst Kinderzimmer war und mittlerweile zum Unternehmenssitz umfunktioniert wurde, stammt von ihrem Mann. Bis zu sechs verschiedene Garne könnte sie dort in die Haltevorrichtung stecken. Dann führt sie die verschiedenen Garne zusammen in Richtung Wickler. Ein
Knopfdruck, und schon spult das Gerät die verschiedenfarbigen Garne von der Spule ab und dreht sie zusammen wieder auf – auf den Bobbel. Durch den Wechsel der Garne erreicht sie eine dynamische Farbgebung und verrät, dass sie es selbst gerne „peppig“mag. Gefällt ihr, was sie aufgerollt hat, bekommt der Bobbel einen Namen wie etwa Meer in Pink, Gletscher, Island, Lebkuchen mit Glitzer, Halloween oder Morgendämmerung.
Hat sie bereits etwas aus diesem
Stoff gefertigt – Petra Bürkert häkelt und strickt nämlich meist abends während des Fernsehens –, gibt’s auch davon ein Bild zu sehen. So können sich ihre Kunden direkt eine Vorstellung davon machen, wie ein fertiges Werk wirken könnte.
Zudem wird genau dokumentiert, mit welchen Farben sie den Bobbel kreiert hat.
Verbunden werden die einzelnen Farbfarne mit dem Frankfurter Knoten, der besonders klein und fest zugleich ist. Da die einzelnen Farbfäden in regelmäßigen Abständen wechseln, entsteht der für Bobbel-Handarbeiten typische Farbverlauf.
Wie groß der Bobbel wird, kann dann durchaus unterschiedlich sein beziehungsweise liegt am Wunsch des Kunden. Als Faustregel gilt: Aus 1000 Laufmetern kann ein Tuch gestrickt oder gehäkelt werden, 5000 Laufmeter braucht es, um beispielsweise eine Decke zu fertigen. Zum Vergleich: Ein regulärer Wollknäuel hat etwa 100 bis 150 Laufmeter, dementsprechend viele Wollknäuel sind also nötig, um ein Tuch, eine Jacke, einen Pullover oder eine Decke zu fertigen.
Um die kreativen Farbzusammensetzungen zu fertigen, kann Petra Bürkert aus über 100 verschiedenen Farben wählen. Zum Einsatz kommen bei Bobbel-Solo TVUund Schaefer-Garne, die aus 50 Prozent Baumwolle und 50 Prozent Polyacryl sind. Der Modal-Mix von Miroglio besteht aus Modal, Polyacryl und Polyamid.
Pro Bobbel braucht Petra Bürkert etwa 15 bis 30 Minuten. Je nach Auftragslage rollen bei ihr in Thierhaupten zehn bis zu 20 Bobbel pro Tag aus der Manufaktur. Gefertigt wird das Farbverlaufsgarn nach Vorauskasse. Viele ihrer Kunden, die hauptsächlich aus Deutschland oder auch aus Österreich stammen, füllen einen Monat lang einen virtuellen Warenkorb und ordern dann quasi als Sammelbestellung bei BobbelSolo.