Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sind Tausende Hausanschlüsse veraltet?
Was ist nötig, damit die Chlorung in Gersthofen beendet werden kann? Die Stadträte finden, das Gesundheitsamt drücke sich vor Antworten. Doch das ist nicht die einzige Frage, in der es ums Geld der Bürger geht
Gersthofen Wie teuer kommt die Wasserversorgung die mehr als 20000 Gersthofer zu stehen? Auf diese Frage soll es in den nächsten Wochen Antworten geben. Im Wesentlichen geht es dabei um zwei Gesichtspunkte.
● Müssen für die Sanierung des Gersthofer Wassernetzes Tausende Hausanschlüsse erneuert werden? Diese Gefahr besteht, wie Bürgermeister Michael Wörle in der jüngsten Stadtratssitzung sagte. Um die derzeit bestehende Chlorung des Trinkwassers beenden zu dürfen, braucht die Stadt die Erlaubnis des Gesundheitsamtes. Grundlage für die Gespräche bilden sogenannte Risikoanalysen, die der Gersthofer Wasserversorgung, in der im vergangenen Sommer Kolikeime auftauchten, 30 größere Mängel bescheinigen. An der Beseitigung arbeitet die Stadt bereits.
Laut Wörle steht zudem im Raum, dass die Hausanschlüsse auf den Stand der Technik gebracht werden müssen. „Das ist das große Thema.“Davon gibt es in Gersthofen mit seinem 130 Kilometer langen Leitungsnetz allein 5000. Klarheit sollen Gespräche mit dem Gesundheitsamt bringen, die aufgrund der Corona-Krise bislang aber nicht stattfanden, weil die Mitarbeiter der Behörde anderweitig gebunden waren.
Das löste bei Gersthofer Stadträten angesichts der niedrigen Infektionszahlen deutliche Kritik aus. „Man hat den Eindruck, das Gesundheitsamt drückt sich“, sagte Frank Arloth, Fraktionschef der CSU. Albert Kaps (Pro Gersthofen) sah den Ball ebenfalls bei der am Landratsamt angesiedelten Behörde: „Warum kann man nicht zwei Gutachten durchlesen und beurteilen? Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“Peter Schönfelder (SPD/Grüne) bekannte, dass ihm die in den Gutachten genannte „Zahl der Mängel Sorgen macht“.
Doch die Bedingungen, unter denen die Desinfektion des Trinkwassers mit Chlor beendet werden kann, sind nicht der einzige Punkt, für den die Gersthofer zur Kasse gebeten werden können. Daneben geht es um:
● Die Modernisierung der gesamten Wasserversorgung. Anfang Juli will die Verwaltung dem Stadtrat Zahlen über Dauer und auch genauere Kosten des Millionenvorhabens vorlegen. Dann sollen auch konkrete Beschlüsse
fallen. Finanziert werden muss das Projekt von den Kunden über die Wassergebühren. Wie Stadtwerkechef Bernhard Schinzel den Stadträten erläuterte, läuft es wohl auf den Bau eines neuen Wasserwerkes und eines dritten Brunnens westlich der Bahnlinie hinaus.
Das Gersthofen seine Wasserversorgung weiter selbst betreiben und auf einen ebenfalls möglichen Anschluss an Augsburg verzichten will, hatte noch der alte Stadtrat in seiner letzten Sitzung beschlossen. Hauptargumente waren damals die Eigenständigkeit Gersthofens sowie die größere Sicherheit, die eine eigene Wasserversorgung mit sich bringe.
Die Umstände des Beschlusses auf dem bisherigen Höhepunkt der Corona-Pandemie hatten damals für Kritik gesorgt. Diese Kontroverse wirkt noch nach. So nannte Markus Brem (Bewegung Zukunft) „diese Grundsatzentscheidung zu CoronaBedingungen bedauerlich“. Nie sei vor der Entscheidung diskutiert worden, welche Kosten dadurch auf die Bürger zukämen.
Brems Forderung nach einem Arbeitskreis zum Thema Wasser wies Rathauschef Wörle zurück. Dafür gebe es den Werkausschuss. Im übrigen sei die Entscheidung gegen den Anschluss an Augsburg demokratisch zustande gekommen und stehe nun. Man solle nun „nicht mehr nachtarocken“, sekundierte Kaps dem Bürgermeister. CSUMann Arloth tat’s trotzdem: „Eine demokratisch gefasste Entscheidung kann trotzdem mal falsch sein.“Er forderte eine „Darstellung, was für Kosten auf die Bürger zukommen“.