Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Streit um Öl und Gas
Griechenland will Türkei „Zähne zeigen“
Athen Neuer Streit um die Bodenschätze im Mittelmeer: Die Türkei geht daran, vor den griechischen Inseln in der südlichen Ägäis nach Öl und Erdgas zu suchen. Griechenland gibt sich kämpferisch.
Die staatliche Mineralölgesellschaft TPAO will nach Öl und Gas bohren – in einem Gebiet, das Griechenland als seine Wirtschaftszone ausgewiesen hat. Die türkische Regierung veröffentlichte eine Karte, auf der 24 Regionen für die Suche nach Bodenschätzen ausgewiesen sind. Diese Blocks reichen bis an die Sechsmeilenzone der Inseln Kreta, Karpathos und Rhodos. Der griechische Außenminister Nikos Dendias erklärte, die Türkei versuche, sich „Schritt für Schritt griechische Hoheitsrechte widerrechtlich anzueignen“. Die beanspruchten Gebiete gehören nach Interpretation der Regierung in Athen zur ausschließlichen Wirtschaftszone Griechenlands. Die Türkei hingegen argumentiert, Inseln hätten keine eigene Wirtschaftszone, sondern lediglich Hoheitsgewässer. Die Türkei beruft sich bei ihren Ansprüchen auf eine Vereinbarung, die Staatschef Recep
Tayyip Erdogan Ende 2019 mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch unterzeichnete. Darin teilten sie einen Seekorridor zwischen türkischer und libyscher Küste auf – ohne Rücksicht auf die darin gelegenen griechischen Inseln. Die Europäische Union und die USA betrachten das türkisch-libysche Abkommen als völkerrechtswidrig.
Griechenland findet klare Worte. Außenminister Dendias erklärte, sein Land sei „voll vorbereitet, mit dieser Provokation umzugehen“. Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos unterstrich, man habe der Türkei klar gemacht, „wo die roten Linien verlaufen“. Man werde „nicht zögern, der Türkei die Zähne zu zeigen“. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erklärte, Griechenland werde „allen Herausforderungen konsequent, selbstbewusst und unter Berufung auf das Völkerrecht begegnen“. Er unterrichtete in Briefen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Ratspräsidenten Charles Michel über die Entwicklung. Noch ist es nur ein Nervenkrieg. Der Konflikt könnte sich aber zuspitzen, wenn die Türkei mit Forschungs- und Kriegsschiffen aufkreuzt.