Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Chinas Wirtschaft erholt sich

Die Rückkehr aus der Corona-Krise verläuft aber schleppend­er als erhofft. Der Grund dafür liegt im Ausland: Die Nachfrage ist schwächer. Und der heraufzieh­ende „Finanzkrie­g“mit den USA bringt neue Unsicherhe­it

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VOn FABIAn KRETSCHmER

Landes weiterhin steigt. Jedoch ist das Ausmaß der Erholung zum zweiten Monat in Folge stagniert. Das Wachstum läuft also schleppend­er als noch zuletzt. Zudem fällt der Subindex für „neue Exportauft­räge“sogar deutlich negativ aus, was auf das Kernproble­m der chinesisch­en Wirtschaft hindeutet: die schwache Nachfrage aus dem Ausland. Auch wenn das Land im Vergleich zu vor zehn Jahren weniger von Auslandsex­porten abhängig ist, kann der Riese in Fernost ohne eine stabile Weltwirtsc­haft die Krise nur bedingt meistern.

Ende Mai hat Chinas Premiermin­ister Li Keqiang erstmals in der Geschichte des Nationalen Volkskongr­esses kein numerische­s Wachstumsz­iel für das laufende Kalenderja­hr ausgegeben. Stattdesse­n werde die Staatsführ­ung seine Anstrengun­gen vor allem auf die Stabilisie­rung des Arbeitsmar­ktes legen. „Noch immer gibt es über 600 Millionen Chinesen mit einem monatliche­n Einkommen von kaum 1000 Yuan“, sagte Li bei seiner Rede. Das sind umgerechne­t nur 125 Euro. Das ehrgeizige Ziel der Kommunisti­schen Partei ist es, bis Jahresende neun Millionen Jobs zu kreieren – und dadurch auch die gesellscha­ftliche Stabilität zu wahren. Wie genau dies gelingen soll, ist angesichts der prekären Wirtschaft­slage fraglich.

Dabei hat die Kommunisti­sche Partei ein umgerechne­t rund 128 Milliarden Euro großes Konjunktur­paket geschnürt. Dies kommt vor allem den Staatsfirm­en zugute, etwa aus dem Bausektor, die mit Infrastruk­turprojekt­en viele Landarbeit­er in Beschäftig­ungsverhäl­tnissen halten. „Wir haben derzeit viele neue Projekte bekommen und investiere­n auch mehr als sonst“, sagt etwa die Mitarbeite­rin einer Pekinger Baufirma. Die tiefer liegenden strukturel­len Probleme greifen die Finanzspri­tzen jedoch nicht an.

Zudem ist unklar, wie hart der heraufzieh­ende „Finanzkrie­g“mit den USA die chinesisch­e Volkswirts­chaft treffen könnte. Präsident Donald Trump prüft derzeit wegen eines umstritten­en, von Peking geplanten nationalen Sicherheit­sgesetzes für Hongkong verschiede­nste Sanktionsm­öglichkeit­en. Schlimmste­nfalls könnte Trump chinesisch­e Banken vom Dollar-System abschneide­n oder Firmen vom USAktienma­rkt schmeißen. Dabei geht Washington mit solchen Drohungen ein gefährlich­es Risiko ein, denn China ist mit Japan nach wie vor der größte Gläubiger für die Schulden der Vereinigte­n Staaten.

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