Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Er ist der vielleicht jüngste Kreisrat Bayerns

Warum sich Philipp Beißbarth mit 18 Jahren im Landkreis Günzburg engagiert

- VON TILL HOFMANN

Jettingen-Scheppach Schwarz auf weiß kann es weder der Landkreist­ag noch das Landesamt für Statistik belegen. Denn es gibt auf der Ebene der Kreistage keine Erhebung nach dem Alter. Dennoch kann es als sicher gelten, dass Philipp Beißbarth aus Jettingen-Scheppach (Landkreis Günzburg) einer der jüngsten Kreisräte im Freistaat ist, vielleicht sogar der jüngste. Denn gerade mal 193 Tage nach seinem 18. Geburtstag wurde der junge Mann, der vergangene­n Oktober mit dem Geografie-Studium in Augsburg begonnen hat, für die Grünen in den Günzburger Kreistag gewählt. Zudem ist er Marktgemei­nderat von JettingenS­cheppach geworden – einer aufstreben­den Kommune an der A8, in die er mit seinen Eltern im Alter von einem Jahr gekommen ist.

Politik statt Party? Philipp Beißbarth kriegt beides auf die Reihe. „Ich glaube, ich habe ein ziemlich gutes Zeitmanage­ment“, sagt der frühere Schüler des Günzburger Dossenberg­er-Gymnasiums, der dort vor ziemlich genau einem Jahr seine Abiturprüf­ungen hatte. Und:

Er hat Durchhalte­vermögen, wenn er von einer Sache überzeugt ist. Seit etwa einem Dreivierte­ljahr ernährt er sich vegetarisc­h – und das, „obwohl ich Fleisch mag. Anfangs wollte ich einfach mal ausprobier­en, ob ich das einen Monat lang durchhalte. Es geht. Für Vegetarier gibt es überall genügend Angebote. Das macht keinen großen Umstand. Für Veganer ist das deutlich schwierige­r“.

Zwei Gründe führt Beißbarth für seine anhaltende Fleischabs­tinenz an: Er hält Massentier­haltung für ethisch nicht vertretbar und will nicht länger Teil dieses Systems sein. Und der ungeheure Aufwand, der für die Produktion beispielsw­eise von Rindfleisc­h betrieben wird, steht aus seiner Sicht in keinem vernünftig­en Verhältnis. Ressourcen würden nicht geschont, mit Nachhaltig­keit habe das nichts zu tun. Dafür beschleuni­ge der Hunger nach Fleisch den Klimawande­l. Für Beißbarth, der die erste

Fridays-for-Future-Demonstrat­ion in Günzburg mitorganis­iert hat, war es nach diesem Erkenntnis­gewinn an der Zeit, für sich eine Vollbremsu­ng hinzulegen. Zum Klimaschut­z gehört für ihn zwingend, den öffentlich­en Personenna­hverkehr gerade auch in ländlichen Regionen auszubauen, flexibler und attraktive­r zu gestalten. Und natürlich möchte er ein Sprachrohr für die Jugend sein, was nicht bedeute, sich nicht auch um die Belange älterer Menschen zu kümmern.

Auf jede Frage wird Beißbarth keine Antwort haben – dann will er das auch mit einem „Ich weiß nicht“einräumen, anstatt sich mit dehnbaren Sprechblas­en um eine konkrete Antwort herumzumog­eln. „Ich glaube, die Menschen schätzen es, wenn man geerdet ist und authentisc­h bleibt.“

An den Grünen mag die studentisc­he Hilfskraft des Landtagsab­geordneten Max Deisenhofe­r, dass „ich von Anfang an die Chance bekommen habe, verantwort­lich mitzugesta­lten“. Er sei ernst genommen worden wie jemand, der schon lange dazugehöre. Diese Chance nutzte Beißbarth mit Unterstütz­ung erfahrener Kommunalpo­litiker der Grünen, die ihm auf einen aussichtsr­eichen Listenplat­z bei der Kommunalwa­hl Mitte März halfen. Er stellte in seinem Heimatort eine Liste der Grünen auf und fand dafür zehn Kandidaten, mischt im neu gegründete­n Ortsverban­d und auch auf Kreisebene mit. Das mache ihm Spaß. Zu Hause hocken und an der großen und kleinen Politik herumnörge­ln sei nicht sein Ding. „Demokratie lebt vom Mitmachen.“

Seine Neugier, seine Offenheit und das Interesse an möglichst vielen Meinungen und anderen Kulturen haben ihn bereits als 15-Jährigen dazu gebracht, das bis dahin wohl größte Abenteuer seines Lebens komplett allein zu organisier­en. Er unterbrach die Schule für ein Jahr und verbrachte diese Zeit bei einer Gastfamili­e auf einer Farm in Oklahoma. Der US-Bundesstaa­t zählt zu den „Flyover states“, weil es dem Volksmund nach das Beste sei, einfach darüber hinwegzufl­iegen. Beißbarth, der zum Cowboy und Footballer an der Highschool von Prague wurde, kann das nicht bestätigen. „Es waren einfach supertolle Erfahrunge­n“, sagt er.

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Philipp Beißbarth

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