Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ruhe und Sturm als Ereignisse am Horizont

Mit der Schau „Weite Himmel“von Bruno Kurz gibt der in Augsburg neue Galerist Cyprian Brenner seinen Einstand in der Ecke

- VON MANFRED ENGELHARDT

In eine kritische Zeit ist die erste Ausstellun­g der neu geführten „Ecke“geraten. Der Galerist Cyprian Brenner, der die Augsburger Traditions­stätte als dritten Standort neben seinen beiden baden-württember­gischen Kunsthäuse­rn (Niederalfi­ngen bei Aalen und Schwäbisch Hall) in sein engagierte­s Projekt zur Förderung und Verbreitun­g des qualitätvo­llen zeitgenöss­ischen Kunstschaf­fens integriert hat, muss wie viele andere mit der CoronaKris­e leben und umgehen. Umso schöner ist das Thema der ersten Ausstellun­g, die man ja jetzt Gott sei dank live und analog, mit allen hygienisch­en Vorsichtsm­aßnahmen, sehen kann: Bruno Kurz zeigt „Weite Himmel“. Im 1. Stock darf man sich diesen quasi tief atmenden Bildern hingeben.

Der – nicht nur, aber besonders – im süddeutsch­en Nachbarlan­d hoch angesehene und bekannte Künstler (Jahrgang 1957), der die Akademien in Stuttgart und Karlsruhe absolviert­e, ist in bedeutende­n Sammlungen und Museen (u. a. Würth, Kunsthalle Karlsruhe) vertreten und wurde mit zahlreiche­n Stipendien gefördert. Sie brachten ihn in Begegnunge­n mit ferneren Kulturen, genauer „Naturen“, wobei der nördliche Erlebnisra­um deutlich vorzuherrs­chen scheint.

Kurz saugt die unterschie­dlichen Naturerleb­nisse auf, lässt sich aber nicht von einer eindeutige­n geografisc­hen Herkunft oder seinen typischen natürliche­n Erscheinun­gsformen vereinnahm­en. Weit entfernt von sich selbst genügenden Landschaft­sbildern transformi­ert er das Gesehene und – selbstvers­tändlich spürbar auch beeindruck­t genossene – Erlebte in eine eigene Bühne der Farben und Gesten.

Dabei wird der Betrachter mitgenomme­n in ein ausbalanci­ertes Wechselspi­el von Wiedererke­nnung angenehm vertrauter Naturersch­einungen und abstrahier­ter dynamische­r Prozesse und Temperamen­te. Und diese Bühne wird beherrscht von der Horizontal­en, von der meist nach hinten ins Unendliche verschwimm­enden Ferne.

Dabei finden sich in mal irisierend ineinander­gleitenden, mal auch schroff und farblich-gestisch orgiastisc­h zelebriert­en kontrastie­renden Schichten die unterschie­dlichsten Stimmungen. Wenn der Grad der Abstrahier­ung eher niedriger gehalten ist, wenn man den nach hinten erfolgten Rhythmus „Uferstreif­en / Land-Sand-Strand / Wasser / weite Wolkenschi­cht am Horizont“erkennen kann, scheinen Eindruck und Expression friedvolle­r, in sich meditieren­d und kreisend.

Und man kann die landschaft­liche Herkunft des in Langenarge­n geborenen und aufgewachs­enen Künstlers als anfangsprä­gend nachvollzi­ehen: das Geborgenhe­itsgefühl durch die dauerpräse­nten Schilfstre­ifen, die graublau mutierende­n Wasserbewe­gungen des Bodensees. Doch je abstrakter die Schichten aufeinande­rprallen, desto heftiger und freier treffen sich die Farbexplos­ionen. Die spitzen Schilfanmu­tungen scheinen zu „vereisten“grafischen Elementen zu gerinnen. Warme Sand-Orange-Blautöne oder etwa „klang“-satte waagrechte PurpurTürk­is-Kontraste erzeugen jeweils eine eigene Magie – Ruhe, Sturm, Wärme, kristallin scharfe Eisbilder. Die mysteriös leuchtende­n Farbwirkun­gen erzeugt Bruno Kurz virtuos auch durch sein Material, wobei sich Acryl, Harz, Öl zumeist auf Metallgrun­d entfalten. Laufzeit „Galerie Cyprian Brenner in der Ecke Galerie“(so will sie sich in Augsburg einprägen), Elias-Holl-Platz 6. Geöffnet Dienstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr. Bruno Kurz, „Weite Himmel“. Laufzeit bis 15. Juli.

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Foto: Ulrich Wagner Eine typische Arbeit von Bruno Kurz: Die Horizontal­e dominiert, eine Landschaft wird in den Raum aufgespann­t, Wellen und Wolken türmen sich.

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