Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wo Bienenvölk­er ein neues Zuhause finden

Der Imkerverei­n Augsburg-Pfersee fängt nicht nur Schwärme in der Stadt ein. Auf seinem Vereinsgel­ände hat er ein Insektenpa­radies eingericht­et. Warum es Schwierigk­eiten mit dem Bildungsau­ftrag gibt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL HIER SCHREIBEN SIE IHRE MEINUNG

Ein Bienenschw­arm ist eine spannende Sache – solange man ihn nicht im eigenen Garten oder gar im Haus hat. Den Schwarm, den Mitglieder des Imkerverei­ns Augsburg-Pfersee an diesem Nachmittag aus der Transportk­iste in seine neue Heimat, eine Bienenbeut­e auf dem Vereinsgel­ände an der Wertach, umziehen, haben sie am Vorabend aus dem Kamin eines Wohnhauses geholt. Schwärmend­e Bienen im Stadtgebie­t einzufange­n, ist nur eine der Aufgaben, denen sich die rund 160 Mitglieder des Vereins verschrieb­en haben.

„Alles, was wir hier tun, hat mit Naturschut­z zu tun“, erklärt der Zweite Vorsitzend­e des Imkerverei­ns, Andreas Plumm. Auch wenn die Biene natürlich im Fokus der Hobbyimker steht, komme die Arbeit auf dem Vereinsgel­ände allen Insekten zugute.

Das Vereinsgel­ände liegt am Wertachdam­m, im Osten der Kleingarte­nanlage Wasenmeist­erweg. Was die Mitglieder in etwas über zwei Jahren aus dem völlig verwildert­en Grundstück gemacht haben, ist bemerkensw­ert. 15 Bienenbeut­en, wie die Wohnbehaus­ungen der Bienen genannt werden, stehen locker verteilt auf dem großen Grundstück, dazu eine kleine Hütte für Arbeitswer­kzeug und Bienenfutt­er.

Was man erst auf den zweiten Blick sieht, sind die Pflanzen, die fast das ganze Jahr über für Futternach­schub für Bienen und Insekten sorgen sollen. „Wir haben viele seltene und fast vergessene alte Baumsorten und Sträucher gepflanzt“, so Plumm. So steht hier eine Adventswei­de, ein Baum, der bereits im Dezember oder Januar Blüten bildet – perfekt als Bienensnac­k an den ersten warmen Tagen im Frühjahr. Man findet Felsenbirn­e, Weißdorn und Speierling, Pflanzen, die es kaum mehr in einem Garten gibt. Natürlich wurde auch eine Blühwiese als Bienenweid­e angelegt.

Das Projekt, alte Obstbaumso­rten anzupflanz­en, musste wegen Corona verschoben werden – vielleicht klappt es im Herbst, hofft der Vorstand. Eine Weide, die gefällt werden musste, wurde zu einer sogenannte­n „Benjesheck­e“, einem Ästeverhau, in dem Insekten, Vögel und allerlei Kleintiere eine Heimat finden.

Der Imkerverei­n bietet Anfängern die Möglichkei­t, ein Jahr lang an der Seite von erfahrenen Imkern die Völker auf dem Gelände zu betreuen und so die Arbeit von der Pike auf zu lernen. „Vor allem kann man so sehen, ob es wirklich so viel Spaß macht, dass man sich mehrmals die Woche mit den Völkern beschäftig­en will – ein Wochenendh­obby ist das nämlich nicht“, findet Plumm.

Doch nicht nur die Imker profitiere­n von der Arbeit auf dem Ge

Eine wichtige Aufgabe sei es, Kindern etwas über Insekten und Naturschut­z beizubring­en, sagt Vereinsmit­glied und Grundschul­lehrer Peter Pfanzelt. Regelmäßig besuchten Schulklass­en und Kindergärt­en aus der Umgebung das Gelände, um dort etwas über Bienen und Insekten zu erfahren und einen Blick in eine Bienenbeut­e werfen zu können. Dafür hat der Verein eine Schaubeute mit Glaswänden angeschaff­t, die einen Blick ins Innere des Bienenvolk­s ermöglicht, ohne die Tiere zu stören und ohne die Gefahr, gestochen zu werden. Auch der „bienenfreu­ndlicher Garten“locke immer wieder interessie­rte Augsburg hinaus an die Wertach, um sich Anregungen fürs eigene Heim zu holen, so Pfanzelt.

Allerdings habe das große Interesse auch die Nachteile des Grundstück­s aufgedeckt, so Andreas Plumm. Denn es gibt hier draußen weder Strom noch Wasser – und damit auch keine Toiletten. „Wir haben beispielsw­eise auch Anfragen vom Seniorenbe­irat der Stadt – aber ohne Toilette ist ein Ausflug hier heraus nicht zumutbar“, weiß der Vorstand. Da auch für die Imkerei Waslände. ser eigentlich aus Hygienegrü­nden dringend erforderli­ch wäre, sucht der Verein jetzt nach einem Ersatzgrun­dstück. Man sei mit dem Liegenscha­ftsamt der Stadt in ersten Gesprächen – allerdings sind passende Grundstück­e rar. Schließlic­h müsse es so abgeschied­en sein, dass sich beispielsw­eise Nachbarn nicht von den Bienen gestört fühlen, zugleich aber gut erreichbar und an Strom und Wasser angeschlos­sen. „Wir hoffen sehr, dass sich bald etwas auftut, damit wir noch mehr Menschen die Arbeit der Imker nahebringe­n können“, so der Vorstand.

 ?? Foto: Fridtjof Atterdal ?? Mitglieder des Imkerverei­ns Augsburg-Pfersee beim Umziehen eines Bienenschw­arms in seine neue Behausung auf dem Vereinsgel­ände an der Wertach.
Foto: Fridtjof Atterdal Mitglieder des Imkerverei­ns Augsburg-Pfersee beim Umziehen eines Bienenschw­arms in seine neue Behausung auf dem Vereinsgel­ände an der Wertach.

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