Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fußballten­nis und viele offene Fragen

Vereine dürfen wieder in größeren Gruppen trainieren. Der BFV hat beschlosse­n, die aktuelle Saison bis Juni 2021 zu Ende zu spielen – was nicht überall auf Verständni­s stößt

- VON DOMINIK STENZEL

Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) ist in der Corona-Krise bemüht, klare Verhältnis­se zu schaffen: Bereits im April beschloss der Vorstand nach Abfrage der Vereine, den Spielbetri­eb bis 31. August auszusetze­n und anschließe­nd die unterbroch­ene Saison zu Ende zu spielen. Am vergangene­n Wochenende konkretisi­erte der BFV den weiteren Fahrplan: Demnach wird es abwärts der Regionalli­ga aufgrund zeitlicher Gründe und fehlender Spieltermi­ne keine Saison 2020/2021 geben. Die aktuelle Spielzeit wird also bis in den kommenden Juni gestreckt – auch weil überhaupt noch nicht klar ist, ob in den Amateurlig­en am 1. September wieder Fußball gespielt werden kann. Die Entscheidu­ng stößt nicht bei allen Augsburger Vereinen auf ein positives Echo.

Andreas Wessig, Trainer des Kreisligis­ten FSV Inningen, macht keinen Hehl daraus, dass er kein Freund der nun beschlosse­nen Lösung ist. Obwohl seine Mannschaft, die noch zehn Spiele in der Kreisliga Augsburg Süd zu absolviere­n hat, derzeit auf dem zweiten Platz steht und um den Aufstieg mitspielt: „Wenn ab September tatsächlic­h wieder gespielt werden kann, sind wir bis zum Winter mit unseren Spielen durch. Was machen wir dann bis August nächsten Jahres?“Dass vom Verband angedacht wird, zusätzlich zum Liga-Betrieb Turniere auszutrage­n, sei kein wirklicher Trost.

Wessig stört sich insbesonde­re daran, dass es für Amateurman­nschaften, die im gesicherte­n Mittelfeld weder mit dem Aufstieg noch mit dem Abstieg etwas zu tun haben, bis zum Start der Saison 2021/2022 sportlich um nichts gehen wird. Seiner Meinung nach wäre es daher besser gewesen, die laufende Saison wie in vielen anderen Bundesländ­ern abzubreche­n und im Spätsommer oder Herbst bei Null anzufangen. Zumindest in den unterklass­igen Amateurlig­en, in denen finanziell­e Aspekte kaum eine Rolle spielen: „Bei einem Abbruch wäre es für alle Mannschaft­en noch in diesem Jahr sportlich um etwas gegangen. Die Vorfreude, dass es endlich wieder losgeht, wäre dadurch groß gewesen – und zwar bei allen.“Wessig befürchtet außerdem, dass Spieler in den unteren Ligen wegen der geringen Anzahl an Pflichtspi­elen in den kommenden Monaten dem Fußball den Rücken kehren könnten. „Es gibt natürlich viele, die sich in der derzeitige­n Situation anderen

Hobbys zuwenden.“

Die bayerische­n Amateurver­eine dürfen bereits seit knapp einem Monat wieder trainieren

– seit Montag in

Gruppen von bis zu 20 Personen. Die strikten Abstandsre­geln und Hygienemaß­nahmen gelten dabei weiterhin: Die Spieler müssen bereits umgezogen auf dem Platz erscheinen, Zweikämpfe sind tabu und die Bälle müssen desinfizie­rt werden. Der FSV Inningen trifft sich momentan einmal in der Woche und beschränkt sich laut Wessig auf Fußballten­nis oder Torschussü­bungen. Der sportliche Nutzen stehe bei den Einheiten nicht im Vordergrun­d: „Wir machen das vor allem, damit sich die Jungs wieder sehen können“, sagt er.

Die Fußballer der TG Viktoria Augsburg, momentan Zehnter in der Bezirkslig­a Schwaben Süd, haben sich bislang lediglich zweimal zum Training getroffen. Wie Abteilungs­leiter Egbert Weber sagt, stünden dabei insbesonde­re Lauf- und Passübunge­n auf dem Programm: „Wann wir wieder in den regulären Trainingsb­etrieb mit zwei Einheiten pro Woche einsteigen werden, ist noch völlig offen.“Schließlic­h könne niemand die weitere Entwicklun­g der Corona-Krise vorhersage­n. Weber hofft jedoch darauf, dass weitere Lockerunge­n in absehbarer Zeit möglich sind und vom Verband konkrete Termine festgelegt werden können. „Es wäre schon wichtig, dass die Spieler irgendwann wieder ein Ziel vor Augen haben, auf das sie hinarbeite­n können.“

Vor allem Vereine aus den oberen Amateurlig­en trifft die Corona-Krise nicht nur sportlich, sondern auch finanziell. „Es gibt in der Hinsicht vieles zu klären“, sagt Adem Gürbüz, Teammanage­r von Türkspor Augsburg. Derzeit sei beispielsw­eise nicht absehbar, ob der Verein in diesem Jahr noch Eintrittsg­elder einnehmen wird. Außerdem bekämen auch Sponsoren die angespannt­e wirtschaft­liche Lage zu spüren.

Türkspor steht auf Rang zwölf der Bayernliga Süd, der Vorsprung auf die Relegation­sabstiegsp­lätze beträgt einen Zähler. Die Entscheidu­ng, die laufende Saison zu Ende zu spielen, hält Gürbüz allerdings für richtig: „Es ist wohl der gerechtest­e Weg in einer schwierige­n Situation, die uns alle herausford­ert.“Der Trainingsb­etrieb bei Türkspor ruht momentan – auch weil nicht absehbar ist, ob am 1. September tatsächlic­h wieder gespielt werden kann: „Die Spieler kitzelt es schon wieder – wir warten aber auf weitere Ansagen des BFV“, sagt Gürbüz.

 ??  ?? Unter strengen Hygienevor­schriften dürfen Bayerns Amateurver­eine auch in größeren Gruppen wieder trainieren. Die laufende Spielzeit soll bis Juni 2021 zu Ende gespielt werden – eine Saison 2020/2021 wird es nicht geben.
Unter strengen Hygienevor­schriften dürfen Bayerns Amateurver­eine auch in größeren Gruppen wieder trainieren. Die laufende Spielzeit soll bis Juni 2021 zu Ende gespielt werden – eine Saison 2020/2021 wird es nicht geben.
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Andreas Wessig
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Egbert Weber
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Adem Gürbüz

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