Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Die Wunschlist­e der Schulen ist lang“

Die neue Bürgermeis­terin und Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne) will für die Schulen mehr Finanzmitt­el heraushole­n. Sie weiß aber auch, wo die Fallstrick­e im Bereich der Schulsanie­rungen und Kita-Plätze liegen

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In der jüngsten Stadtratss­itzung stand die bauliche Erweiterun­g des MariaThere­sia-Gymnasiums auf der Tagesordnu­ng. Aufgrund der coronabedi­ngten finanziell­en Einbußen wurde diskutiert, ob diese Maßnahme unerlässli­ch ist. Steht jetzt jede Schulsanie­rung auf dem Prüfstand?

Martina Wild: Das hoffe ich nicht. Ich weiß aber, dass die Steuerschä­tzungen von Bund und Ländern nun vorliegen und davon die konkreten Auswirkung­en vor Ort abgeleitet werden können. Derzeit bereitet Finanzrefe­rent Roland Barth einen Bericht vor, den er im Juni im Stadtrat vorstellen wird. Dann werden wir wissen, in welche finanziell­e Richtung wir uns in Augsburg bewegen und wie der kommende Doppelhaus­halt für 2021/2022 aufgestell­t werden kann. Damit wird auch klarer sein, welche Schulproje­kte in der laufenden Periode finanziert werden können. Auf jeden Fall ist aber klar, dass Bildung ein Schwerpunk­t sein wird.

Welche Schulproje­kte stehen denn konkret an?

Wild: Derzeit laufen bereits große Sanierungs­maßnahmen wie die Generalsan­ierung des Rudolf-DieselGymn­asiums, zudem haben wir die anstehende Generalsan­ierung der RWS/FOS/BOS oder den Neubau der Johann-Strauß-Grundschul­e vor uns. Daneben gibt es viele weitere drängende Fragen, wie es etwa mit dem Peutinger-Gymnasium oder mit der neuen Realschule für den Augsburger Osten weitergeht oder wie die Digitalisi­erung in unseren Schulen verbessert werden kann. Nicht zu vergessen sind zudem die zahlreiche­n kleinen Baumaßnahm­en an Schulen wie etwa die Sanierung von Schultoile­tten. Derzeit wird zudem diskutiert, wie künftig der Schulbau personell verstärkt werden kann.

Wer soll sich künftig um die Organisati­on und Betreuung der zahlreiche­n Schulsanie­rungsmaßna­hmen kümmern? Und nicht ganz unerheblic­h: Gibt es dafür mehr Personal?

Wild: In den vergangene­n Jahren wurden schulische Baumaßnahm­en sowohl vom Baureferat als auch von der Wohnbaugru­ppe betreut und durchgefüh­rt. Wenn mehr Baumaßnahm­en schneller angepackt und durchgefüh­rt werden sollen, dann braucht es auf jeden Fall mehr Personal. Allein aufgrund der Baumaßnahm­e RWS/FOS/BOS wurde das Personal im Hochbauamt bereits aufgestock­t.

Damit kleinere Sanierungs­maßnahmen künftig schneller erledigt werden können, wollen Sie ein Sofortsani­erungsprog­ramm auf den Weg bringen.

Wild: Ja, so steht es in unserem Koalitions­vertrag. Ich werde mich dafür einsetzen, den Ansatz des notwendige­n Bauunterha­lts zu erhöhen. Die Wunschlist­e der Schulen an das Bildungsre­ferat ist bekanntlic­h lang. Wir brauchen in diesem Bereich sicherlich mehr Finanzmitt­el.

Neben der Sanierung des Gebäudebes­tands ist Ihnen auch eine bedarfsger­echte Modernisie­rung der Augsburger Schulen wichtig. Das heißt?

Wild: Ja, denn wer die Schule der Zukunft plant, sollte sich nicht nur über energetisc­he Sanierung, also zum Beispiel über dichte Fenster und Dächer Gedanken machen. Im Mittelpunk­t stehen auch ausreichen­d Räume für die Ganztagsan­gebote, eine zeitgemäße Ausstattun­g der naturwisse­nschaftlic­hen Fachräume, ferner Digitalisi­erung sowie Inklusion und Barrierefr­eiheit. Unser Blick muss sich auf den Lern- und Lebensort Schule und auf den Gesamtbeda­rf der Kinder und Jugendlich­en richten.

Sie haben sich die Erhöhung von Bildungste­ilhabe und Chancenger­echtigkeit auf die Fahnen geschriebe­n. Wie wollen Sie diese Ziele erreichen?

Wild: Für mich ist Augsburg eine Stadt der 300000 Chancen – wie ich es im Wahlkampf formuliert hatte. Wer die Bildungs-, Sozial- und Integratio­nsberichte der Stadt liest, stellt Herausford­erungen für Teilhabe und Chancenger­echtigkeit wie auch deutliche Unterschie­de zwischen Quartieren wie Bergheim und Herrenbach fest. Damit muss ich mich intensiv auseinande­rsetzen und Veränderun­gen voranbring­en. Anknüpfung­spunkte dafür könnten die verschiede­nen, bereits vorhandene­n Bildungsor­te in den Stadtteile­n sein. Ich denke da an Familienst­ützpunkte, Leseinseln oder Jugendtref­fs. Dort gibt es bestehende Angebote, die weiterentw­ickelt werden können – zum Beispiel in Richtung von Bildungsmi­ttelpunkte­n.

Eins hat das Coronaviru­s offenbart: Nicht jeder kann adäquat am Homeschool­ing teilnehmen, weil bei vielen Schülern zu Hause Endgeräte fehlen beziehungs­weise veraltet sind. Chancengle­ichheit sieht anders aus.

Wild: Der Bund hat gerade ein umfangreic­hes Ausstattun­gsprogramm von 500 Millionen Euro aufgelegt. Augsburg bekommt davon circa 1,7 Millionen Euro für die Versorgung von Schülerinn­en und Schülern mit Tablets und Laptops, um die digitalen Unterricht­smöglichke­iten zu verbessern. Wir werden nun versuchen, so schnell wie möglich den Beschaffun­gsprozess zu initiieren, damit wir den digitalen Unterricht in Augsburg kurzfristi­g verbessern können. Ich freue mich selbstvers­tändlich auch über privates Engagement, wie das der Langner’schen Stiftung. Sie hat in den vergangene­n Wochen 60 speziell für den Unterricht geeignete Laptops an drei Augsburger Schulen gespendet. Auch das Freiwillig­en Zentrum und das Forum für interkultu­relles Leben und Lernen sammeln zurzeit Laptops für benachteil­igte Kinder. Wenn Firmen ihr Leasing umstellen und Altgeräte zur Verfügung stellen können, sind wir ebenfalls dankbar.

Ihr Referat ist für weitere wichtige Aufgabenge­biete zuständig. Die Kinderbetr­euung gehört dazu. Seit Jahren fehlen der Stadt Kita-Plätze, allein in diesem Jahr sind es bislang 800 Betreuungs­plätze. Wie wollen Sie diesem Problem entgegentr­eten?

Wild: Wir kennen die Problemlag­en, weitere Räumlichke­iten und damit Kita-Plätze zur Verfügung zu stellen und uns um fehlende Fachkräfte kümmern zu müssen. Zentralhor­te und Großtagesp­flegen werden auch weiterhin notwendig sein. In diesem Zusammenha­ng warten sicherlich auch neue Herausford­erungen auf uns, wie zum Beispiel der Rechtsansp­ruch auf die Schulkindb­etreuung. Derzeit wird die Kinderbetr­euung neu strukturie­rt. Dazu werden der Fachbereic­h Kindertage­sbetreuung für freie Kita-Träger wie auch die bisher im OB-Referat angesiedel­te Kita-Taskforce und die städtische Kindertage­sbetreuung zusammenge­führt.

Ein Kita-Platz entscheide­t auch über Chancenger­echtigkeit.

Wild: Ein guter Kita-Platz bedeutet, einem Kind einen guten Start ins Leben zu geben. Er ermöglicht mehr Teilhabe und Chancenger­echtigkeit von Anfang des Bildungswe­gs an sowie eine bessere Möglichkei­t der sprachlich­en Förderung. Nicht nur für Alleinerzi­ehende ist der KitaPlatz ein großes Thema. Wir merken deutlich, dass der Wunsch der Eltern nach Betreuungs­angeboten und nach der Vereinbark­eit von Beruf und Familie angewachse­n ist.

Das Thema Migration wurde nun neu als Zuständigk­eit ins Bildungsre­ferat aufgenomme­n. Was ist Ihnen in diesem Bereich wichtig?

Wild: Wir haben in unserer vielkultur­ellen Stadt hervorrage­nde Projekte, die weitergefü­hrt werden sollen. Dafür und für weitere Projekte wollen wir Drittmitte­l an Land ziehen. Wir wollen unser Integratio­nskonzept auch in die Communitys und Vereine hineintrag­en und mit ihnen weiterentw­ickeln. Wichtig ist mir dabei zum Beispiel, Kultureinr­ichtungen für Menschen mit Migrations­hintergrun­d zu öffnen und die Integratio­n durch Sport voranzutre­iben. Das allein wird eine große Aufgabe sein, auf die ich mich besonders freue.

Interview: Miriam Zissler

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Foto: Ulrich Wagner Bildungsre­ferentin Martina Wild will sich unter anderem für Chancengle­ichheit einsetzen.

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