Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kinderbonu­s kommt erst im Herbst

Der Bund zahlt 300 Euro in zwei Raten – auch für Kinder, die erst noch geboren werden. Nicht alle Eltern profitiere­n davon aber gleicherma­ßen

- VON RUDI WAIS

Augsburg/Berlin Der Kinderbonu­s fließt etwas später als erwartet, dafür aber in zwei größeren Tranchen. Im Gegensatz zu den ursprüngli­chen Plänen wird der im Konjunktur­paket vorgesehen­e Zuschlag von 300 Euro pro Kind nicht in drei monatliche­n Raten von jeweils 100 Euro ausbezahlt, sondern in zwei Abschlägen à 150 Euro. Anders als bei der Reduzierun­g der Mehrwertst­euer, die im Juli in Kraft tritt, müssen Eltern auf den Kinderbonu­s jedoch bis zum Herbst warten.

Die erste Rate wird ihnen nach einem Beschluss des Bundeskabi­netts mit dem Kindergeld im September überwiesen, die zweite im Oktober. Selbst Familien, deren Kinder noch gar nicht geboren sind, sollen nach den Worten von Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) den Bonus erhalten: Er werde für alle Kinder gewährt, die in diesem Jahr zur Welt kommen, und sei „als Konjunktur­impuls, der die Kaufkraft stärken soll“, gedacht. „Familien hatten und haben eine besonders schwere Herausford­erung zu bewältigen“, betonte auch Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD). „Wir wollen aus der Krise raus mit voller Kraft.“Es gehe darum, dass Verbrauche­r, Familien und Unternehme­n wieder mehr investiert­en und Anschaffun­gen trotz der unsicheren Zeiten nicht aufschiebe­n würden. Für Alleinerzi­ehende steigt überdies der Steuerfrei­betrag für dieses und das nächste Jahr von 1908 auf 4000 Euro.

Eigens beantragen müssen Eltern den Bonus nach Auskunft des Familienmi­nisteriums nicht, das Geld wird automatisc­h überwiesen. Analog zu der Regelung für Kinder, die in diesem Jahr erst noch geboren werden, zahlt die Familienka­sse den Zuschlag auch rückwirken­d für Kinder bis zum Alter von 25 Jahren, die ihre Ausbildung in diesem Jahr beendet haben – immer vorausgese­tzt, es bestand im Lauf des Jahres noch mindestens einen Monat lang ein Anspruch auf Kindergeld.

Vom Kinderbonu­s werden allerdings nicht alle Eltern gleicherma­ßen etwas haben. Weil der Zuschuss versteuert und mit den Kinderfrei­beträgen verrechnet wird, profitiere­n Eltern mit kleinen und mittleren

Einkommen stärker als Gut- und Besserverd­iener. Nach Berechnung­en des Bundes der Steuerzahl­er für unsere Redaktion kommen die 300 Euro bei Eltern bis zu einem zu versteuern­den Jahresverd­ienst von 68 000 Euro voll an, also quasi brutto für netto. Danach schmilzt der Vorteil durch den Bonus langsam ab.

Für eine Familie mit einem Kind heißt das: Ab einem zu versteuern­den Einkommen von knapp 86000 Euro hätte sie nichts mehr vom Kinderbonu­s. Für eine Familie mit zwei

Kindern liegt dieser Grenzwert bei einem Einkommen von etwa 90000 Euro, bei drei Kindern sind es dann knapp 106 000 Euro. Mit der staatliche­n Grundsiche­rung, dem Wohngeld oder dem Unterhalts­vorschuss für Alleinerzi­ehende wird der Bonus dagegen nicht verrechnet. Insgesamt kostet er den Steuerzahl­er mehr als vier Milliarden Euro.

Die Einbußen durch die reduzierte Mehrwertst­euer liegen bei knapp 20 Milliarden Euro und werden komplett vom Bund getragen. Überstürzt handle der Bund dabei nicht, betonte Scholz. Die Steuersenk­ung müsse so kurzfristi­g sein, sonst würde sie keinen Effekt erzielen, sagte er. Die Geschwindi­gkeit sei ein Teil ihres Erfolgs, ebenso die Befristung auf sechs Monate. Die Menschen sollten einkaufen gehen und wieder Zuversicht haben. Wie berichtet wird der Mehrwertst­euersatz vom 1. Juli bis 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent beziehungs­weise von sieben Prozent auf fünf Prozent herabgeset­zt.

Geschäfte, die ihre Preise deswegen vorübergeh­end senken, müssen dafür nicht alle Preisschil­der ändern. Sie können den Nachlass nach einer entspreche­nden Ausnahmere­gelung des Wirtschaft­sministeri­ums auch pauschal an der Kasse gewähren. Rabatte, die erst dort vom Preis abgezogen werden, kennt man bisher vor allem aus dem Schlussver­kauf. Nur für preisgebun­dene Waren wie Bücher, Zeitschrif­ten und rezeptpfli­chtige Arzneimitt­el gibt es keine Ausnahmen.

»Kommentar, Geld & Leben

Mehrwertst­euer sinkt schon zwei Monate früher

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