Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Indianer des Ostens
Gojko Mitic war in der DDR das, was Pierre Brice für den Westen war: Die ideale Verkörperung eines Häuptlings. Warum ihn diese Rolle nicht losließ
Der Mann hat in seinem Leben schon so einiges auf die Beine gestellt: Als Regisseur, Stuntman, Autor, Moderator, ja sogar als Kameramann hat sich Gojko Mitic erprobt. Aber in Erinnerung geblieben ist er Millionen von ehemaligen DDR-Bürgern wohl als Häuptling der Indianer.
Dieses Festgelegtsein auf mehr oder weniger eine Rolle war dem drahtigen Schauspieler, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, gar nicht so recht. Immer wieder versuchte er aus dem Schatten dieses übergroßen Images zu treten, was ihm aber nie so richtig gelang.
Irgendwann fand er sich einfach damit ab: „Einmal Indianer, immer Indianer. Das stimmt. Bis heute ist das so, dass man mich gerne erst mal so sehen möchte. Natürlich, ich habe versucht, immer aus dieser Schublade rauszuspringen, auch die anderen Rollen gemacht und getan und mache immer noch. Aber Indianer bleiben, das ist auch okay. Ist nicht die schlechteste Schublade“, sagte Mitic vor Jahren.
Er war in der DDR das, was Pierre Brice im Westen war: die ideale Verkörperung eines Häuptlings. Während der gebürtige Franzose Brice mit seinem bronzenen Teint und den fein geschnittenen hohen Wangenknochen den sanften Typ der Fantasiefigur Winnetou idealisierte, war Gojko Mitic eher der athletische Indianer.
Kein Wunder, denn als Letzterer mit 20 Jahren sein heimatliches Dorf in Richtung Belgrad verließ, hatte er eigentlich im Sinn, Sportlehrer zu werden.
Dann verdingte er sich als Stuntman – und über diesem Umweg brachte er es bis zum Häuptling Tokei-itoh in „Die Söhne der Großen Bärin“und anderen ähnlichen Filmen. Im Gegensatz zu den bundesdeutschen Unterhaltungswestern steckte hinter den sozialistischen Indianerprojekten übrigens auch eine ideologische Komponente. Eine Filmkritikerin schrieb einmal: Die Filme waren eine „Synthese aus Karl Marx und Karl May“. Die Helden der Ost-Streifen waren die unterdrückten Indianer. Diese spiegelten den guten Arbeiter- und Bauernstaat wider, der ja auch mehr oder weniger umzingelt von den Profitgeiern des Westens war. Der DDR erging es letztlich wie den amerikanischen Ureinwohnern: Sie zog in der Weltgeschichte auch ohne große Schlachten den Kürzeren. Und während den Indianern wenigstens ihre Reservate blieben, blieb von den Sozialisten politisch nur die heutige Linke übrig. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus wurde es zunächst auch um den „Winnetou des Ostens“ziemlich ruhig. Dabei ist dieser Titel eigentlich falsch, denn Mitic hat den Apachenhäuptling nie im Film gespielt.
Am Ende landete er aber doch in der Rolle, die ihm wie Pierre Brice auf den Leib geschrieben war. Von 1992 bis 2006 schlüpfte Mitic bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg endlich in die Haut des Apachenhäuptlings – und konnte damit – Achtung, Happy End! – an die großen Filmerfolge aus seinen frühen Jahren anknüpfen. Darauf ein dreifaches „Hugh“.