Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Am Garten wird nicht gespart

Bau- und Gartenmärk­te haben die Krise gut überstande­n. Und seit sie auch in Bayern wieder offen sind, strömen die Kunden wie noch nie. Dennoch ist einiges anders

- VON BRIGITTE MELLERT

Augsburg In der Corona-Krise haben Menschen durch Ausgangsbe­schränkung­en und im Homeoffice unverhofft viel Zeit in ihrem Zuhause verbracht. Viel Zeit, um aufgeschob­ene Arbeiten anzugehen, den Garten auf Vordermann zu bringen – oder zumindest neue Ideen zu entwickeln. Besonders in den Gartenund Baumärkten spiegelt sich der Tatendrang der Menschen wider: Pflanzen, Bäume und Gartenuten­silien sind gefragt wie lange nicht.

Das Phänomen ist nicht neu, wie der Zentralver­band Gartenbau (ZVG) auf Nachfrage sagt. Besonders in Krisenzeit­en rücke der eigene Garten in den Fokus der Menschen, sagt eine Verbandssp­recherin. Hinzu komme, dass die Frühlingsm­onate für die Gartenbran­che ohnehin zu den wichtigste­n zählen. In Zahlen ausgedrück­t heißt es laut ZVG: „Von März bis Mai werden insgesamt 38 Prozent der Ausgaben des Gesamtmark­tes für Blumen und Pflanzen getätigt, das entspricht normalerwe­ise etwa 3,4 Milliarden Euro.“Inwieweit neben dem Wetter auch der Lockdown ein Rolle spiele, sei aber erst Ende des Jahres zu beurteilen.

Die Garten- und Baumärkte in Bayern mussten vom 23. März bis 20. April schließen und standen nur Geschäftsk­unden zur Verfügung. Thoma Haag, Betriebsle­iter vom Gartenspez­ialisten Wörner in Neusäß und Königsbrun­n, stellt daher

hoher Nachfrage der Kunden zunächst klar: „Wir konnten die Umsatzeinb­ußen der vergangene­n Wochen durch die Schließung nicht ausgleiche­n.“

Dennoch ist er zufrieden, wie sich die Zahl der Kunden seither entwickelt hat. „Das Kaufverhal­ten ist sogar angestiege­n“, sagt er. Das belegen auch die Zahlen des Marktforsc­hungsunter­nehmens GfK. Im Jahr 2019 gaben private Haushalte im Schnitt 378 Euro jährlich für Gartenprod­ukte aus. Ein Trend, der sich dieses Jahr fortgesetz­t hat, wie die GfK aufzeigt: Die Ausgaben für Produkte, die dazu dienen, das Zuhause schön einzuricht­en, lägen zum Teil „weit über jenen der vergleichb­aren Vorjahresp­eriode“. Die Gartenbran­che gelte daher eher als „Krisengewi­nner“. Grund sei auch die Schließung anderer Branchen wie des Möbelhande­ls.

Bei Wörner hat sich der Wunsch der Kunden, ihr Zuhause schön einzuricht­en, in den vergangene­n Wochen gezeigt. Durch den Lockdown, so Haag, sei die Kundenfreq­uenz vor der Schließung und nach der Wiedereröf­fnung sprunghaft angestiege­n. Als die Bayerische Staatsregi­erung bekannt gab, auch Bau- und Gartenmärk­te zu schließen, habe Wörner in den drei Tagen zuvor „einen immensen Anstieg“erlebt, sagt der Betriebsle­iter. Von einer Steigerung von 50 Prozent spricht er. Ein ähnliches Phänomen hatte er in den zwei Wochen nach der Wiedereröf­fnung beobachtet. Was, so schränkt Haag ein, auch an den für Gartenfreu­nde so beliebten Frühlingsm­onaten liegen kann. Trotzdem: Solch einen sprunghaft­en Anstieg wie rund um den Lockdown war auch für den Betriebsle­iter eine neue Erfahrung. „Zuletzt hatten wir 2012 erlebt, dass die Kundenzahl so gestiegen ist.“Auslöser sei vor acht Jahren ein kalter Winter gewesen, der viele Pflanzen im Garten erfrieren und die Kunden im kommenden Frühjahr in die Gartencent­er strömen ließ.

In den vergangene­n Wochen hatten viele Kunden wohl ähnliche Wünsche: Obstbäume, Gemüse,

Sträucher, Kräuter und vor allem Erde seien plötzlich sehr gefragt gewesen, schildert Haag. Und: Kunden würden weniger saisonal anpflanzen und eher langfristi­ge Begrünung wählen. Neu sei dieser Trend zwar nicht. Was sich seither aber geändert hat, so Haag weiter, sei die Menge, die im Warenkorb landet: ein Plus von rund 25 Prozent seit der Wiedereröf­fnung im April.

Genauso würden, sagt Haag, viele Menschen seither Gartenarbe­iten selber erledigen und weniger Experten dafür beauftrage­n. Diese Entwicklun­g beobachtet er erst seit der Corona-Krise. Er erklärt sich das Verhalten unter anderem auch dadurch, dass Mitarbeite­r den Sertrotz vice am Kunden aus Hygienevor­schriften reduzierte­n. In anderen Bundesländ­ern wie Baden-Württember­g blieben die Garten- und Baumärkte auch für Privatkund­en über den Lockdown hinweg offen. Die Kette Bauhaus, die bundesweit mit Filialen vertreten ist, berichtet daher von einem regelrecht­en „Baumarkt-Tourismus“in Grenzstädt­en wie Ulm oder Hanau in Hessen. „Wir mussten zwischenze­itlich die Parkplätze verkleiner­n“, sagt ein Sprecher. Aber nicht nur bayerische Kunden fuhren nach Baden-Württember­g, auch in anderen Bundesländ­ern war das der Fall. Filialen in Grenzstädt­en seien daher „Profiteure des Lockdown“, erklärt der Bauhaus-Sprecher.

Grundsätzl­ich, so Bauhaus, aber handle es sich derzeit nur um eine „saisonal erhöhte Nachfrage“, die zudem konzentrie­rt verlaufen sei. Eine Erklärung dafür habe das Unternehme­n aufgrund der Dynamik behördlich­er Vorgaben bisher nicht. Allerdings habe sich seit dem Lockdown auch bei ihren Kunden das Kaufverhal­ten verändert. „Sie kaufen nun bewusster ein“, so der Bauhaus-Sprecher. Hamsterkäu­fe wie beim Toilettenp­apier habe es zwar nicht gegeben. Dennoch würden Kunden nun wegen der Hygienebes­timmungen nicht mehr nur Kleinigkei­ten einkaufen, sondern größere Mengen. Besonders hochwertig­e Produkte wie Sitzgruppe­n, Gartenzube­hör und Pools seien sehr gefragt, fasst der Sprecher zusammen.

kommen. Die Unternehme­n müssen dafür nachweisen, dass ihr Umsatz im April und Mai verglichen mit dem Vorjahresz­eitraum um mindestens 60 Prozent eingebroch­en ist. Außerdem dürfen sie Ende 2019 nicht in wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten gewesen sein.

Der Bund übernimmt dann für die Monate Juni bis August einen Teil der betrieblic­hen Fixkosten. Der Zuschuss steigt je nach Umsatzeinb­ruch auf bis zu 80 Prozent – maximal kann ein Unternehme­n für drei Monate 150000 Euro bekommen. Die Bundesregi­erung nimmt dafür insgesamt 25 Milliarden Euro in die Hand. Das Geld soll spätestens Anfang Juli ausgezahlt werden. Übernommen werden etwa Teile der Miete oder Pacht, Zinszahlun­gen und Leasingrat­en, Ausgaben für Wartung und Instandhal­tung, Strom, Wasser, Heizung, Versicheru­ngskosten und Kosten für Auszubilde­nde oder Steuerbera­ter.

Die Kunden kaufen jetzt mehr ein als zuvor

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Foto: Sven Hoppe, dpa Schlange stehen an der Kasse: Bau- und Gartenmärk­te sind trotz der teilweisen Schließung gut durch die Krise gekommen.
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