Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Dieser Fisch ist fast wie ein Mensch

Forscher experiment­ieren häufig mit Zebrabärbl­ingen. Die Zierfische könnten helfen, Leben zu retten

- (cup)

Augsburg Wer korrekt sein will, streicht das Versuchska­ninchen aus seinem Wortschatz. Viel passender wäre: Versuchsma­us oder Versuchsra­tte. Oder aber: Versuchsze­brabärblin­g. Das klingt etwas sperrig, ist aber wahr. Die Fische sind im Labor eines der am häufigsten genutzten Tiere, was daran liegt, dass sie dem Menschen ziemlich ähnlich sind. Viel ähnlicher, als man es vermuten würde, wenn man die fünf Zentimeter langen, glänzend gestreifte­n Zebrafisch­e, wie man sie auch nennt, ansieht. Für einige der Tiere kann das tragisch sein: Sie eignen sich deshalb hervorrage­nd als Versuchsti­ere. Und ein Laborleben bringt grausame Experiment­e mit sich.

70 Prozent der Zebrafisch-Gene kommen in ähnlicher Form auch beim Menschen vor. Zudem haben die Fische einen kurzen Entwicklun­gszyklus, sind pflegeleic­ht, ihre Embryonen entwickeln sich außerhalb der Mutter, sind durchsicht­ig und lassen sich genetisch leicht verändern. Eigenschaf­ten, die Forscher gerne nutzen. Sie injizieren den Fischen in frühen Stadien fremde Gene, manipulier­en sie, um ihre Entwicklun­g verfolgen zu können. Ob das Tier diese Versuche überlebt, ist weniger wichtig, die Forschung hat Priorität. Und die brachte kürzlich ein Medikament hervor, das schwere Lymphleide­n lindern kann.

Dabei kennen viele den Zebrabärbl­ing eigentlich als Haustier. Er ist einer der beliebtest­en Zierfische in Aquarien, gehört zu den Karpfenfis­chen, die Streifen verleihen ihm den

Namen. Zur Art gehören auch Leopardbär­blinge, die dem Menschen genauso ähnlich sind. Vom Zebrafisch unterschei­det sie nur eine Mutation: Anstelle von Streifen haben

Leopardbär­blinge Punkte. Sie alle dürften in den Aquarien bei vielen Menschen zu Hause ein erfülltere­s Leben führen, als in den zahlreiche­n Aquarien der Labore weltweit. Doch können sie dort kaum dazu beitragen, Leben zu retten.

Mithilfe der Fische entdeckten Mediziner aus Philadelph­ia in den USA, dass ein mutiertes Gen zu der seltenen Lymphkrank­heit CCLA führt. Lymphen bilden ein wichtiges Transports­ystem im Körper, wenn sie zu wuchern beginnen, entwickeln sich Flüssigkei­tsansammlu­ngen – die ohne Behandlung tödlich enden können. Also züchteten die Forscher Zebrafisch­e mit dem Gendefekt, um sie anschließe­nd mit einem Krebsmedik­ament zu behandeln, das genau in diesen Mechanismu­s eingreift. Es funktionie­rte. Heilen kann das Medikament CCLA nicht. Doch es bringt die Lymphen unter Kontrolle. Betroffene­n macht dies das Leben deutlich leichter – den Zierfische­n sei Dank.

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Foto: IMP, dpa Zebrabärbl­inge gehören zu Hause wie in Laboren zu den beliebtest­en Tieren der Welt. Die Streifen verleihen ihnen den Namen.

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